TV-Duell zwischen dem demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden und US-Präsident Donald Trump
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Biden vs. Trump

Harte Bandagen, aber gesitteter Umgang

Zwölf Tage vor der US-Präsidentschaftswahl haben einander Amtsinhaber Donald Trump und sein Herausforderer Joe Biden wie erwartet ein hartes letztes TV-Duell geliefert. Während Biden am Donnerstagabend (Ortszeit) in Nashville vernichtende Kritik an Trumps Coronavirus-Politik übte, versuchte der Präsident seinen Kontrahenten als korrupt darzustellen. Die Diskussion verlief gesitteter als die erste Debatte Ende September, die aufgrund ständiger Sticheleien Trumps ins Chaos abgeglitten war.

Nach vernichtender Kritik am chaotischen Rededuell, in dem sich Biden mit Kraftausdrücken gegen einen ihn dauernd unterbrechenden Trump verteidigt hatte, waren die Regeln für das Fernsehduell geändert worden. Um Unterbrechungen zu unterbinden, wurde nur das Mikrofon jenes Kandidaten eingeschaltet, der gerade am Wort war.

Die Regeländerung wirkte offenbar: Die Kandidaten ließen einander ausreden und folgten weitgehend den Fragen der Moderatorin Kristen Welker. Ihre Missbilligung füreinander drückten sie eher mit einem Grinsen oder einem Kopfschütteln aus.

der demokratische US-Präsidentschaftskandidat Joe Biden
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Der demokratische Herausforderer Joe Biden bei dem TV-Duell

Trump-Attacke auf Biden-Familie

Obwohl einander die beiden Kandidaten inhaltlich nichts schenkten, ging es nur zeitweise heiß her. Trump versuchte immer wieder, die Glaubwürdigkeit seines Herausforderers Biden zu untergraben. Er brachte Vorwürfe auf, dass Bidens Sohn Hunter zweifelhafte Geschäfte in der Ukraine gemacht habe – und dass Biden, damals Vizepräsident, angeblich davon profitiert habe. „Ich habe niemals in meinem Leben einen Penny von einer ausländischen Quelle angenommen“, konterte Biden: „Ich mache kein Geld mit China, Sie schon. Ich mache kein Geld mit der Ukraine, Sie schon.“

Biden kritisiert Trumps Pandemiepolitik

Der Demokrat versuchte vor allem mit der Thematisierung der Coronavirus-Krise zu punkten. Er warf dem Amtsinhaber wiederholt vor, für die mehr als 200.000 Pandemietoten in den USA verantwortlich zu sein. „Wer für so viele Tote verantwortlich ist, sollte nicht Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika bleiben“, sagte Biden. Er hielt dabei auch seine Maske in die Höhe und betonte, dass allein durch konsequentes Maskentragen 100.000 Tote hätten vermieden werden können.

US-Präsident Donald Trump
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Der republikanische US-Präsident Donald Trump bei dem TV-Duell

Trump versuchte, Optimismus in der CoV-Krise zu verbreiten, und verwies diesbezüglich auch auf seine eigene Geschichte als Patient. In einem Seitenhieb auf seinen Gegenkandidaten sagte er, dass sich nicht jeder „in einem Keller“ verstecken könne. Man müsse lernen, mit dem Coronavirus zu „leben“, sagte er. Das löste eine scharfe Reaktion des 77-jährigen Biden aus: „Die Leute lernen, damit zu sterben!“

Unterschiedliche Ansichten zur Pandemie

Das Thema Coronavirus war klarerweise ein Debattenpunkt während der zweiten TV-Debatte zwischen Joe Biden und Donald Trump.

Trump: Es ist Chinas Schuld

Die optimistischen Äußerungen Trumps quittierte Biden mit der Aussage, dass sie „vom gleichen Typ kommen, der euch sagte, dass das zu Ostern vorbei sein wird. Der gleiche Typ, der euch sagte, macht euch keine Sorgen, wir werden das bis Sommer beenden. Wir stehen vor einem dunklen Winter, einem dunklen Winter, und er hat keinen Plan“, so Biden. Er äußerte die Befürchtung, dass es bis Jahresende weitere 200.000 CoV-Tote im Land geben könnte.

Auf den Vorwurf, er übernehme keine Verantwortung für die Krise, entgegnete Trump: „Ich übernehme die volle Verantwortung. Es ist nicht meine Schuld, dass es (das Virus, Anm.) hierhergekommen ist. Es ist nicht Joes Schuld. Es ist Chinas Schuld.“

Biden: Trump „rassistischer Präsident“

Der bei Schwarzen populäre Biden bekräftigte, dass es in Amerika in den Institutionen verankerten Rassismus gebe. Trump bezeichnete er als den rassistischsten Präsidenten. „Er gießt in jedes einzelne rassistische Feuer Öl.“ Der Präsident wiederholte seine Behauptung, dass niemand mehr als er für schwarze Amerikaner getan habe – mit Ausnahme von Präsident Abraham Lincoln mit der Abschaffung der Sklaverei. „Ich bin die am wenigsten rassistische Person in diesem Raum“, sagte er – direkt neben der afroamerikanischen Moderatorin Welker.

Trump und Biden zum Thema Rassismus

Einer der sechs Diskussionspunkte der zweiten TV-Debatte zwischen Joe Biden und Donald Trump war das Thema Rassismus.

Streit über Gesundheitsversorgung

Biden wehrte sich auch gegen den Vorwurf Trumps, er wolle eine „sozialistische Medizin“ einführen. „Jeder sollte das Recht auf eine bezahlbare Gesundheitsversorgung haben“, sagte er. Dabei solle es die Wahl geben zwischen einer Privatversicherung und der Option auf eine öffentliche Versorgung. Das von ihm geplante System einer „Bidencare“ solle auch erschwingliche Preise für Arzneimittel ermöglichen. Das habe nichts mit Sozialismus zu tun.

Beim Thema Außenpolitik betonte Trump abermals, dass es in seiner Amtszeit entgegen Warnungen seines Vorgängers Barack Obama keinen Krieg mit Nordkorea gegeben habe. Ohne seine Politik des Dialogs wären „Millionen Menschen“ gestorben. Biden entgegnete: „Wir hatten ein gutes Verhältnis zu Hitler, bevor er in Europa einfiel.“ Trump hielt ihm vor, in seinen acht Jahren als Vizepräsident eine zu schwache Außenpolitik betrieben zu haben.

Biden reagierte mehrfach mit ungläubigem Lachen, unter anderem als Trump davon sprach, dass Windräder „alle Vögel töten“. Der Herausforderer betonte: „Der Klimawandel, die Erderwärmung sind die nächste existenzielle Bedrohung für die Menschheit.“ Er werde deshalb dem Klimaabkommnen von Paris wieder beitreten, aus dem die USA unter Trump ausgetreten waren.

Medien: Tiefer in politische Fragen eingetaucht

Zahlreiche US-Medien lobten den ruhigeren Ton des TV-Duells. „Dies war tatsächlich eine echte Debatte“, titelte etwa der Sender CNN. Im Gegensatz zur ersten Debatte hätten US-Wähler diesmal eine Chance gehabt, den Kandidaten zuzuhören und sie zu verlgeichen, „ohne sich von Trumps unerbittlichen Unterbrechungen ablenken zu lassen“, schrieb CNN weiter. Der Präsident schien daran zu arbeiten, nicht die Beherrschung zu verlieren. Dennoch schloss der Sender mit Blick auf Trumps Leistung: „Die entscheidende Wende, die er braucht, um den Verlauf des Rennens dramatisch zu ändern, gelang ihm nicht.“

„Die Debatte war im Großen und Ganzen eine verhaltenere Angelegenheit als die erste Begegnung zwischen den beiden Kandidaten“, schrieb die „New York Times“. „Aber selbst wenn der Tenor der Diskussion am Donnerstag ruhiger gewesen ist, so hätte der Widerspruch mit Blick auf Inhalt und Vision nicht dramatischer sein können.“

Ähnlich sah es das „Wall Street Journal“: „Beide Kandidaten tauchten tiefer in politische Fragen ein als beim ersten Aufeinandertreffen.“ Einige Themen wie etwa Rassismus in den USA entfachten einen „feurigen Meinungsaustausch“. Der Sender Fox News betonte, dass Trump und Biden diesmal davon absahen, einander zu unterbrechen. „Die Stummschalttaste war nicht wirklich nötig.“

CNN-Blitzumfrage sieht Biden als Gewinner

Laut einer Blitzumfrage von CNN konnte Biden auch diese TV-Debatte für sich entscheiden. Wie CNN am späten Donnerstagabend (Ortszeit) berichtete, sahen 53 Prozent der befragten Fernsehzuseher Biden als Sieger und 39 Prozent Trump. Das Verhältnis entsprach somit in etwa den allgemeinen landesweiten Umfragewerten der beiden Kontrahenten. Nach der chaotischen ersten TV-Debatte Ende September hatten mehr als 60 Prozent der damals Befragten Biden als Sieger gesehen. Damit scheint sich zu bestätigen, dass sich Trump mit seiner aggressiven Taktik im ersten Duell keinen guten Dienst erwiesen hat.

Kommentatoren von CNN wiesen jedoch darauf hin, dass das zweite Aufeinandertreffen offenbar keine Bewegung gebracht hat. So gelang es Trump offenkundig nicht, entscheidend gegen Biden zu punkten. Auf die Frage, wer der beiden der „stärkere Führer“ ist, antworteten jeweils 49 Prozent mit Trump und Biden. 55 Prozent gaben an, dass das Auftreten Trumps „Sorgen“ bezüglich seiner Performance als Präsident ausgelöst habe. Lediglich 41 Prozent der Befragten äußerten diese Meinung in Bezug auf Biden.