Abgesperrtes Supermarktregal in Amman
Reuters/Muhammad Hamed
Karikaturenstreit mit Frankreich

Mehrere arabische Länder starten Boykott

Im Streit über Karikaturen des islamischen Propheten Mohammed haben mehrere arabische Länder einen Boykott gegen Frankreich gestartet. Händler in Jordanien, Kuwait und Katar nahmen französische Waren aus ihren Filialen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verteidigte unterdessen seine Position zur Meinungsfreiheit, die hinter dem neu aufgeflammten Karikaturenstreit steht – und reagierte auf den Boykottaufruf mit einer Kampfansage gegen Tyrannei und Fanatismus.

Der französische Präsident stellte sich bereits am Mittwoch bei einer Gedenkfeier zu Ehren des bei einem islamistischen Terrorangriff getöteten Lehrers Samuel Paty auf die Seite derjenigen, die Mohammed-Karikaturen zeigen oder veröffentlichen wollen. Paty war von einem 18-Jährigen mit russisch-tschetschenischen Wurzeln auf offener Straße getötet worden, nachdem er im Unterricht Karikaturen des Propheten Mohammed gezeigt hatte.

Mohammed-Karikaturen hatten schon mehrmals gewaltsame Proteste in der islamischen Welt ausgelöst – Anfang 2006 kamen dabei mehr als 150 Menschen ums Leben. Auslöser waren damals Karikaturen der dänischen Zeitung „Jyllands-Posten“. 2015 starben bei einem Attentat auf das französische Satiremagazin „Charlie Hebdo“, das ebenfalls Karikaturen des Propheten gezeigt hatte, zwölf Menschen.

Verhüllte französische Produkte in einem Supermarkt in Amman
Reuters/Muhammad Hamed
In Supermärkten in mehreren arabischen Ländern werden französische Produkte nicht mehr verkauft

Produkte aus Regalen entfernt

In Kuwait teilten nach Angaben der Zeitung „Al-Kabas“ nun 50 Konsumgenossenschaften mit, alle französischen Waren aus ihren Filialen entfernt zu haben. Auch in Katar erklärten Supermarktketten, französische Waren bis auf Weiteres zu entfernen. In Sozialen Netzwerken waren Videos zu sehen, wie Mitarbeiter eines Supermarkts in Jordaniens Hauptstadt Amman französische Milchprodukte aus dem Kühlregal räumen. Nutzer verbreiteten im Internet die Namen französischer Marken und riefen zum Boykott auf, auch entsprechende Hashtags machten die Runde.

Muslimisch-französische Beziehungen „beschädigt“

Die Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) verurteilte die Veröffentlichung satirischer Karikaturen, die den Propheten zeigen. Solch ein Verhalten „beschädige die muslimisch-französischen Beziehungen“. Eine ähnliche Warnung kommt von der einflussreichen Al-Azhar-Lehranstalt in der ägyptischen Hauptstadt Kairo. Der Großimam von Kairo, Ahmed al-Tadschib, sprach von einer systematischen Kampagne, die den Islam in politische Kämpfe drängen solle. Das jordanische Außenministerium erklärte, dass die Veröffentlichungen die Gefühle von Muslimen verletzten.

Ein Plakat, das Emmanuel Macron beleidigt, in Nablus
Reuters/Mohamad Torokman
Ein gegen Macron gerichtetes Plakat in Nablus

Proteste gegen Macron gab es auch in anderen arabischen Ländern. Im Westjordanland wurde Macron auf einem weithin sichtbaren Plakat auf einem Turm in der Stadt Nablus als bellender Hund bezeichnet. Der neu eskalierte Karikaturenstreit steht auch hinter den jüngsten Verbalattacken des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan.

Erdogan: „Macron braucht psychische Behandlung“

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sorgt mit Verbalattacken gegen seinen Amtskollegen Emmanuel Macron für Aufsehen. Macron hatte nach der Enthauptung eines Lehrers in Frankreich strengere Maßnahmen gegen den radikalen Islamismus angekündigt.

Dieser bezeichnete Macron am Sonntag im ostanatolischen Maltaya als „Krankheitsfall“. Wegen einer ähnlichen Verbalattacke rief Frankreich erst am Samstag seinen Botschafter in Ankara zu Konsultationen zurück. Frankreichs Außenminister Jean-Yves Le Drian warf der Türkei vor, Hass gegen Frankreich zu schüren – und kritisierte scharf, dass es von türkischer Seite keine offizielle Verurteilung der Tötung des Lehrers oder Solidarität für Frankreich gegeben habe.

Sofortiges Ende der Boykottaufrufe gefordert

Am Sonntag forderte das französische Außenministerium nun ein sofortiges Ende der Boykottaufrufe für französische Produkte. Diese würden die von Frankreich verteidigten Positionen zugunsten der Gewissens-, Meinungs- und Religionsfreiheit sowie der Ablehnung jeglichen Aufrufs zum Hass verzerren, hieß es in einer Mitteilung des Ministeriums. Die Aussagen würden von einer radikalen Minderheit instrumentalisiert und politisiert.

Die zuständigen Minister und das gesamte diplomatische Netzwerk seien mobilisiert, um die Position Frankreichs, vor allem in Hinblick auf die Grundfreiheiten, nochmals zu erläutern, hieß es in der Mitteilung des Außenministeriums. Es forderte die Behörden in den betroffenen Ländern auf, sich gegen den „Hass“ gegen Frankreich zu stellen und die Sicherheit der Franzosen in den Ländern zu gewähren.

Macron bekräftigte am Sonntag indes erneut seine Position zur Meinungsfreiheit. Hassrede werde nicht akzeptiert und die vernünftige Debatte verteidigt, schrieb Macron auf Twitter. „Wir werden immer auf der Seite der Menschenwürde und der Grundwerte stehen.“ Macron verbreitete die Botschaft auch auf Arabisch und Englisch. „Unsere Geschichte ist die des Kampfes gegen Tyrannei und Fanatismus. Wir werden weitermachen“, schrieb er dazu noch auf Französisch. Er beendete die Tweets mit „We Are One – Nous sommes unis“ (auf Deutsch etwa: „Wir sind vereint“).