Sessellift in Cervinia
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Skipisten geschlossen

Bangen um Wintersaison in Italien

Im Rahmen der neuen restriktiven Maßnahmen zur Eindämmung der Coronavirus-Epidemie hat Italien die Schließung seiner Skipisten beschlossen. Lediglich Profiskifahrer werden in den Skigebieten trainieren dürfen. „Abgesehen von nationalen Wettbewerben bleiben Italiens Skianlagen geschlossen. Im November wird man in Italien nicht Ski fahren“, so der italienische Sportminister Vincenzo Spadafora laut Medienangaben.

Der Bergtourismus bangt um die Wintersaison: Schon Wochen vor dem Saisonbeginn suchten Betreiber der Skigebiete nach Möglichkeiten, trotz der CoV-Pandemie ein von Reglements möglichst ungetrübtes Skifahrvergnügen zu bieten. Doch die neue Regierungsverordnung mit zusätzlichen Schutzmaßnahmen machte ihnen einen Strich durch die Rechnung.

„Die Schließung der Skigebiete ist eine dramatische Attacke auf die Bergregionen“, kritisierte Luigi Bertschy, Vizepräsident der Alpenregion Aostatal an der französischen Grenze. Die Betreiber der Skigebiete hoffen jetzt auf Verhandlungen zwischen Regionen und Regierung, um das Kabinett zu bewegen, die Skipisten wieder zu öffnen.

Lange Schlangen lösten Diskussion aus

Erst am Samstag hatte in Norditalien die Skisaison begonnen. Rund 2.000 Personen wurden zum Skifahren in der Bergortschaft Breuil-Cervinia zugelassen. Schon am frühen Samstag bildeten sich Schlangen vor dem Ticketschalter beim Zugang der gut beschneiten Skipisten, was eine Diskussion über mögliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit im Zuge der Pandemie auslöste – ähnlich wie zuletzt auch in Österreich. Ski- und Sessellifte fuhren bei 100 Prozent ihrer Kapazitäten.

Reihe neuer Maßnahmen – Sperrstunde 18.00 Uhr

„Die neuen Einschränkungen, die die Regierung beschlossen hat, sind ein schwerer Schlag für den Tourismus in den Berggebieten. Nach einem Sommer, in dem wir teilweise die Verluste des ersten Lockdowns im Frühjahr eindämmen konnten, müssen wir jetzt wieder schließen“, klagte Filippo Gerard, Präsident des Hotelierverbands im Aostatal.

Italien hat im Kampf gegen die stark steigenden Infektionszahlen beschlossen, das öffentliche Leben weiter einzuschränken. Mit Montag müssen Bars und Restaurants ab 18.00 Uhr schließen. Kinos, Theater, Spielhallen, Clubs, öffentliche Sportstätten und Schwimmbäder werden ganz dichtgemacht. Die Menschen in Italien werden aufgefordert, möglichst nicht auszugehen und zu Hause die Kontakte mit Personen außerhalb der eigenen Familie einzuschränken. Die Maßnahmen gelten vorerst bis zum 24. November.

Skigebiete in Südtirol bleiben offen

In Südtirol werden fast alle Maßnahmen übernommen – mit ein paar Ausnahmen, etwa was Öffnungszeiten von Bars (bis 20.00 Uhr) und Restaurants (bis 22.00 Uhr) betrifft. Kinos und Theater werden nicht geschlossen, und die Skisaison geht weiter – die Skigebiete Sulden und am Schnalstaler Gletscher bleiben bis auf Weiteres auch für Freizeitsportler geöffnet. Es sei lediglich darauf zu achten, „jede Form der Menschenansammlung zu vermeiden“, wie es in der Verordnung heißt.

Prominenter Protest gegen Sperrstunde

Unterdessen regt sich im Rest Italiens zunehmender Widerstand gegen die 18.00-Uhr-Sperrstunde für Restaurants, Pizzerien, Bars und Konditoreien. „Jeden Tag sind Restaurantinhaber gezwungen, ihr Lokal zu schließen. Unzählige Familienbetriebe werden nicht mehr in der Lage sein, weiterzuarbeiten“, sagte dazu der vielfach ausgezeichnete Sternekoch Gianfranco Vissani.

Der 68-Jährige erklärte, er selber habe sein Restaurant in Rom schließen müssen. „Ich konnte nicht mehr weitermachen. Es gibt keine genauen Regeln. Statt uns zu unterstützen, bestraft uns die Regierung“, argumentierte Vissani. Er kritisierte unter anderem den Regierungsbeschluss, maximal vier Personen an einem Tisch sitzen zu lassen.

„Müssen Geduld haben“

„Ab Dezember werden wir alle pleite sein, ganz Mailand wird ausgestorben sein. Bald wird es zu Protesten wie in Rom und Neapel kommen“, sagte Paolo Peroli, Miteigentümer eines der traditionsreichen Nachtlokale in Mailand. Er zählt zu einer Gruppe von Lokalinhabern, die am Donnerstag vor dem Sitz der Region Lombardei gegen die restriktiven Maßnahmen protestiert hatte.

Der Mailänder TV-Starkoch Davide Oldani meinte, Restaurants seien vom Standpunkt der Hygiene sicherer als Privatwohnungen. Restaurants hätten sich bisher strikt an die Vorschriften der Regierung gehalten. „Wir werden es weiterhin tun, wir müssen Geduld haben“, sagte Oldani.

Der Gastronomen-Verband FIR schätzt wegen der neuen strengen Schutzmaßnahmen mit einem zusätzlichen Umsatzrückgang für Lokale von 70 Prozent." 8.000 Arbeitnehmern droht allein in Mailand der Jobverlust. Die Personen gehen nicht mehr außer Haus, sie gehen nicht in Lokale und Restaurants. Der mediale Terror hat die Gastronomie zerstört", so Glauco Marras, Präsident des FIR-Verbands.

Zwei Millionen bangen um Jobs

Zwei Millionen Arbeitnehmer bangten um ihre Jobs, 250.000 Familien seien durch die Maßnahmen gefährdet, warnte der Branchenverband der Gastronomiebetreiber, Fipe Confcommercio. Die Gastronomie in Italien generiert jährlich einen Umsatz von 84 Milliarden Euro. Die Branche habe in diesem Jahr bereits 34 Milliarden Euro verloren, so der Fipe-Verband. Wegen der Krise und der vielen Arbeitnehmer im Homeoffice gäben die Italiener um 40 Prozent weniger für Speisen außer Haus aus als 2019.

Über 17.000 neue Fälle

Die zuständigen Behörden des Landes mit 60,4 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern hatten am Montag einen leichten Rückgang bei den Neuinfektionen, allerdings einen neuerlichen Anstieg bei den mit CoV in Verbindung stehenden Todesfällen gemeldet.

Bei 17.012 Personen wurde den Angaben zufolge in den vergangenen 24 Stunden eine Infektion nachgewiesen. Am Vortag lag dieser Wert noch bei 21.273. Bei den Todesfällen stieg die Zahl nach Angaben aus dem italienischen Gesundheitsministerium in 24 Stunden um 141 neue Fälle. Am Vortag waren es 128.