VfGH kippt Mindestabstand zwischen Gastrotischen

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat erneut Bestimmungen in der Coronavirus-Verordnung für gesetzwidrig erklärt. Einige der Maßnahmen waren bereits vor der Entscheidung außer Kraft getreten. Der VfGH hob aber auch eine noch in Geltung stehende Bestimmung auf.

Konkret geht es um den Mindestabstand von einem Meter zwischen Tischen in Gaststätten. Laut Lockerungsverordnung (jetzt Maßnahmenverordnung) hat der Betreiber „die Verabreichungsplätze so einzurichten, dass zwischen den Besuchergruppen ein Abstand von mindestens einem Meter besteht“.

Reparaturfrist bis Jahresende

Gemäß VfGH-Entscheidung verstößt die Maßnahme allerdings gegen das Covid-19-Maßnahmengesetz, „weil es der Verordnungsgeber gänzlich unterlassen hat, jene Umstände, die ihn bei der Verordnungserlassung bestimmt haben, so festzuhalten, dass entsprechend nachvollziehbar ist, warum der Verordnungsgeber die mit diesen Regelungen getroffenen Maßnahmen für erforderlich gehalten hat“.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2020 in Kraft. Der Verfassungsgerichtshof hatte bereits im Juli entschieden, dass Grundrechtseingriffe zur Pandemiebekämpfung nur dann zulässig sind, wenn die Regierung eine Interessenabwägung mit anderen Grundrechten vornimmt. Somit muss die Regierung also dokumentieren, inwieweit die Eingriffe zur Bekämpfung der Pandemie geeignet, erforderlich und angemessen sind.

Im Fall der Abstandsregel in Lokalen ist das allerdings nicht erfolgt. In den diesbezüglichen Unterlagen des Gesundheitsministeriums fanden die Höchstrichter nämlich zwar mehrere Verordnungsentwürfe, eine Anwesenheitsliste sowie mehrere E-Mails „von diversen Stellen außerhalb des Ressorts“, aber „keine die Erlassung der Verordnung begründenden Aspekte“. Die von mehreren Gastronomen angefochtene Abstandsregel wurde daher aufgehoben.

Weitere Rechtswidrigkeiten

Weiters stellte der VfGH fest, dass eine Reihe von Covid-19-Maßnahmen gesetzwidrig waren, die im Frühjahr gegolten hatten. Gesetzwidrig waren konkret das Betretungsverbot für Gaststätten und selbstständige (nicht an eine Tankstelle angeschlossene) Waschstraßen, Beschränkungen betreffend den Einlass von Besuchergruppen in Gaststätten (maximal vier Erwachsene, wenn kein gemeinsamer Haushalt), das Verbot von Veranstaltungen mit mehr als zehn Personen (das etwa Diskotheken betraf) und die Maskenpflicht an öffentlichen Orten in geschlossenen Räumen (Amtsräume etc.).

Anschober: Dokumentation seit Juli

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) erklärte, dass die Anti-Coronavirus-Maßnahmen seit dem Sommer gemäß den Vorgaben des VfGH dokumentiert werden. Bei Verordnungen lege man Erwägungen, Studien und Datengrundlagen vollständig dem Akt bei, so Anschober in einer Aussendung. Er betonte, dass das Verfassungsgericht die aufgehobenen Maßnahmen nicht als inhaltlich ungerechtfertigt oder grundrechtswidrig bezeichnet habe.

Der nun wegen mangelnder Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen aufgehobene Mindestabstand sei noch im Mai – also vor dem Juli-Erkenntnis – erlassen worden, so das Sozialministerium auf Nachfrage. Freilich habe man auch davor die Entscheidungen aber evidenzbasiert und in Abwägung der betroffenen Interessen und Grundrechte getroffen.