Bergkarabach: Schwere Angriffe auf Stepanakert

Die Behörden der umkämpften Südkaukasus-Region Bergkarabach haben die heftigsten Angriffe aserbaidschanischer Streitkräfte auf die Regionalhauptstadt Stepanakert seit Beginn der Gefechte vor vier Wochen gemeldet. „Aserbaidschan hat Stepanakert über mehrere Stunden attackiert“, sagte der Ombudsmann für Menschenrechte von Bergkarabach, Artak Beglarjan, gestern.

Zivilisten verletzt

Laut Regionalpräsident Arajik Harutjunjan brachten sich aserbaidschanische Truppen zudem wenige Kilometer vor der strategisch wichtigen Stadt Schuscha in Stellung. Bei den Angriffen in Stepanakert seien auch Zivilisten verletzt worden, sagte Beglarjan. Es habe sich um die „schwersten“ Luftangriffe seit Beginn der Gefechte Ende September gehandelt.

Mann in zerstörter Wohnung in Stepanakert
AP

Regionalpräsident Harutjunjan richtete sich am Abend in einem über Facebook verbreiten Video an die Bevölkerung. Der „Feind“ sei nur noch wenige Kilometer von Schuscha entfernt, „höchstens fünf Kilometer“, sagte er. Ziel Aserbaidschans sei es offenbar, die Stadt „einzunehmen“. Der Regionalpräsident fügte hinzu: „Wer auch immer Schuscha kontrolliert, kontrolliert Arzach.“ Arzach ist die armenische Bezeichnung für Bergkarabach.

„Lasst uns eins werden und gemeinsam kämpfen“

Harutjunjan stimmte die Bevölkerung auf entscheidende Tage in dem Konflikt ein. „In den kommenden Tagen müssen wir die Situation an der Front umkehren und den Feind direkt vor den Toren Schuschas bestrafen. Lasst uns eins werden und gemeinsam kämpfen.“

Die Einnahme von Schuscha wäre ein symbolisch und strategisch bedeutsamer Erfolg für Aserbaidschan. Die Stadt liegt in den Bergen über Stepanakert und entlang einer wichtigen Straße, die Bergkarabach mit Armenien verbindet. Während des Krieges um Bergkarabach in den 1990er Jahren war Schuscha ein zentraler Stützpunkt der aserbaidschanischen Streitkräfte. Im Winter 1992 wurden von dort aus Tausende Raketen auf das von armenischen Kämpfern gehaltene Stepanakert abgefeuert, Tausende Menschen wurden getötet.

Beobachter fürchten, dass sich der jetzige Konflikt zu einem Stellvertreterkrieg zwischen Russland und der Türkei im Kaukasus ausweiten könnte. Die Türkei unterstützt in dem Konflikt Aserbaidschan. Russland unterhält gute Beziehungen zu beiden Seiten, gilt aber als die militärische Schutzmacht Armeniens.