Der Ballhausplatz mit dem Bundekanzleramt
ORF.at/Roland Winkler
Bis Samstag

Gesprächsreigen vor neuen CoV-Maßnahmen

Am Samstag will die Bundesregierung bekanntgeben, welche neuen Schritte zur Eindämmung des Coronarivus gemacht werden. Bis dahin steht noch eine Reihe an Gesprächen auf dem Programm. Der Gesprächsreigen startete Freitagnachmittag mit den Sozialpartnern. Tags darauf folgen die Klubobleute der Opposition, die Landeshauptleute und der Bundespräsident.

Wirklich fix ist bisher nur eines: Am Samstagnachmittag werden die Menschen in Österreich erfahren, welche weiteren Einschränkungen in den kommenden Tagen und Wochen auf sie zukommen werden. Wie die Maßnahmen im Detail aussehen und ab wann sie gelten, ist zurzeit Gegenstand von Spekulationen.

In einem am Freitag bereits zirkulierenden Verordnungsentwurf ist die De-facto-Schließung von Lokalen und Hotels bis Ende November vorgesehen. Geregelt wird das – wie schon im Frühjahr – über Betretungsverbote, für die es nur wenige Ausnahmen geben soll. Außerdem ist eine auf zehn Tage befristete Ausgangsbeschränkung zwischen 20.00 und 6.00 Uhr angedacht.

Das Verlassen der Wohnung soll in dieser Zeit nur unter den fünf im Covid-19-Maßnahmengesetz festgelegten Ausnahmen erlaubt sein, darunter Notfälle, Arbeit, Einkauf und Erholung im Freien. Betretungsverbote sind in dem Entwurf mit Stand Donnerstagabend auch für viele Freizeiteinrichtungen sowie für Sportanlagen enthalten, wenn es dabei zu Körperkontakt kommt.

Vonseiten der Regierung hieß es bis jetzt freilich: keine Details. Die wolle man erst bekanntgeben, wenn auch die entsprechenden rechtlichen Texte stehen. Manche Verschärfungen benötigen auch die Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrats. Außerdem will die Regierung bis Samstag noch eine ganze Reihe an Gesprächen führen. Den Anfang machen am Freitagnachmittag die Sozialpartner – ein Reihe an Forderungen inklusive.

Forderungen der Sozialpartner

Die Sozialpartner forderten nach ihrer Besprechung mit der Regierung Begleitmaßnahmen für den bevorstehenden zweiten Lockdown. Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl (SPÖ) erklärte nach dem gut einstündigen Gespräch ihre Bereitschaft, die Maßnahmen mitzutragen. Gleichzeitig pochte sie darauf, dass die Schulen offen halten und Arbeitnehmer Sonderbetreuungszeit erhalten. Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer (ÖVP) fordert diesmal raschere Entschädigung für Unternehmer.

Weitere Maßnahmen für Samstag angekündigt

Im Bundeskanzleramt wird am Freitag mit den Sozialpartnern über neue Maßnahmen gesprochen. Die Gespräche sollten recht einseitig verlaufen sein.

ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian (SPÖ) sagte nach dem Treffen, dass man von der Regierung noch keinen konkreten Maßnahmenkatalog vorgelegt bekommen habe. Den zu diesem Zeitpunkt bereits zirkulierenden Verordnungs-Entwurf habe er noch nicht gesehen, sagte Katzian. Er deponierte aber, wie auch Anderl, die Forderung der Arbeitnehmervertreter nach einem Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit für Eltern.

Außerdem pochte Katzian neuerlich auf einen „Corona-Tausender“ für Arbeitnehmer. „Das sind die Leute, die jetzt Arbeiten sollen.“ Das müsse auch honoriert werden. Außerdem brauche es eine Absicherung für Arbeitnehmer im Home Office. Anderl hofft zudem, dass sich die Regierung am deutschen Maßnahmenpaket orientiert und Schulen sowie Kindergärten daher offen bleiben.

Hilfen für Wirtschaft und Arbeitsplätze

Mahrer forderte rasche und unbürokratische Entschädigung für vom Lockdown betroffene Branchen, damit die Unternehmen nicht wieder monatelang auf das Geld warten müssten. Die Schließung der Gastronomie halte er nicht für erforderlich, diese Entscheidung könne er der Regierung aber nicht abnehmen, sagte der Wirtschaftskammerpräsident. Nötig sei aber auf jeden Fall eine Vorlaufzeit, damit sich die Betriebe auf die Maßnahmen einstellen können.

Simone Stribl (ORF) vom Bundeskanzleramt

Simone Stribl (ORF) berichtet über die Gespräche zwischen Regierung und Sozialpartnern.

Vonseiten der Regierung hieß es am Freitag, man arbeite „unter Hochdruck“ an einem weiteren Hilfspaket. „Der Erhalt von Arbeitsplätzen und das Überleben von Unternehmen stehen im Vordergrund der Wirtschaftshilfen für betroffene Branchen“, so Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) in einer Aussendung. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) meinte in derselben Aussendung, bestimmten Wirtschaftszweigen und Betrieben werde viel mehr als anderen abverlangt. „Deshalb braucht es auch besondere Unterstützung für diese Branchen“, so Kogler. Details enthielt die Presseaussendung allerdings nicht.

Opposition bringt sich in Stellung

Forderung im Gepäck werden am Samstag auch die Klubobleute der Opposition haben. Die SPÖ sprach in Anbetracht der am Donnerstag verkündeten rückwirkenden Aufhebung von CoV-Maßnahmen vom Frühjahr durch den Verfassungsgerichtshof (VfGH) einmal mehr von einem „Veordnungschaos“. Es sei nicht verwunderlich, dass „die Akzeptanz der Bevölkerung für die Maßnahmen sinkt“, so SPÖ-Verfassungssprecher Jörg Leichtfried und SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim in einer Aussendung. „Statt täglicher Ankündigungs-Pressekonferenzen sollte die Regierung besser mehr Energie in ihre eigentlichen Aufgaben und Arbeit stecken“, so die SPÖ.

Auch die FPÖ forderte die Regierung auf, die Vorgaben des VfGH bezüglich Abwägung und Dokumentation der weiteren Maßnahmen genauestens einzuhalten. FPÖ-Verfassungssprecherin Susanne Fürst warnte davor, das Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaat aufs Spiel zu setzen. Hier handle es sich nicht um „juristische Spitzfindigkeiten“, so Fürst in Anspielung auf eine Aussage von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) vom Frühjahr.

NEOS forderte am Freitag, dass Schulen und Kindergärten auch bei einem weiteren Lockdown geöffnet bleiben. „Das Ziel der Maßnahmen muss nicht nur die Aufrechterhaltung der Gesundheitsversorgung sein, sondern muss auch die Bildung und Betreuung unserer Kinder im Fokus haben“, sagte NEOS-Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre.

Österreich bundesweit auf Rot gestellt

Zumindest laut der aktuellen Schaltung der Bildungsampel verändert sich für die Schulen vorerst nichts. Freitagmittag stand die Ampel für den Schulbereich in fast allen Bundesländern auf Gelb. Nur in Salzburg und Tirol springt die Bildungsampel automatisch auf Orange, wenn ein Bezirk rot eingestuft wird.

CoV-Ampel: Rot für ganz Österreich

Die Ampelkommission hat – bis auf wenige Ausnahmen – alle Bezirke in Österreich auf Rot gestellt. Wien, Oberösterreich und Salzburg sind komplett rot. Zudem wurde das ganze Land auf Rot gesetzt.

Die in den vergangenen Wochen übliche Pressekonferenz im Anschluss an die Schaltung der Coronavirus-Ampel hat die Regierung für Freitag jedenfalls abgesagt. Seit Donnerstagabend ist fix, dass Österreich im Gesamten auf Rot gestellt wird. Diese Schaltung ist Ergebnis der gesamtheitlichen Einschätzung des ganzen Bundesgebiets. Es ist eine Premiere, denn bisher wurde eine solche Gesamteinschätzung bei keiner Schaltung vorgenommen.

Zusätzlich gibt es Risikoeinstufungen auf Bundesländer- und Bezirksebene. Auf Bundesländerebene ist dabei fast alles rot – mit Ausnahme von Kärnten, das Land wird am Freitag auf Orange gestellt. Auf regionaler Ebene – einer bekannten Entscheidungskategorie – dominiert ebenfalls Rot. Rotlicht gelte uneingeschränkt für die Bundeshauptstadt Wien, wo nicht nach einzelnen Bezirken differenziert wird, und für sämtliche Bezirke in Salzburg und Oberösterreich. In Tirol leuchten acht Bezirke in Rot, lediglich das Außerfern – der Bezirk Reutte – springt auf Orange.

In der Steiermark herrscht mit einer Ausnahme – dem Bezirk Murau, der Gelb erhält – auch Rot vor. Ähnliches gilt für das Burgenland, wo lediglich der Bezirk Güssing nicht Rot, sondern Orange bekommt. Orange strahlen in Niederösterreich die Bezirke Hollabrunn, Horn, Mistelbach und Scheibbs, der Rest soll auf Rot geschaltet werden.

Grün verschwunden

In Kärnten bekommt Spittal an der Drau Gelb, die Bezirke Villach, Villach-Land, Klagenfurt und Feldkirchen Orange. Der Rest erhält Rot. In Vorarlberg wird die Region Montafon-Brandnertal rot, die Region Bregenzerwald/Kleinwalsertal orange und das Große Walsertal sowie Klostertal/Arlberg gelb.

Damit gibt es in ganz Österreich nur mehr vier Regionen bzw. Bezirke mit einem mittleren Risiko. Grün – ein geringes Risiko – ist komplett von der Landkarte verschwunden. Im allergrößten Teil des Landes gehen die Experten auch auf regionaler Ebene bei der Einschätzung der epidemiologischen Lage inzwischen von einem hohen bzw. sehr hohen Risiko aus.

Die Kommission appellierte zugleich, die „Identifikation der Kontaktpersonen 1 im Rahmen des Contact-Tracings mit aller Anstrengung und gebündelten Ressourcen fortzusetzen“. Mit dieser evidenzbasierten Maßnahme sei eine Minderung der Verbreitung wahrscheinlich. Außerdem empfahl die Kommission den Bundesländern, „eine klare Vorgehensweise für die Anwendung der Antigen-Tests im Sinne eines rationalen Einsatzes zu erarbeiten und insbesondere zum Schutz der Alten- und Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser umzusetzen“.