Übereinandergestellte und zusammengekettete Sessel eines geschlossenen Lokals
ORF.at/Carina Kainz
Verordnungsentwurf

Drastische Einschnitte stehen bevor

Offiziell wird die Regierung die Verschärfungen zur Eindämmung des Coronavirus erst am Samstag bekanntgeben. Es gilt jedoch als fix, dass auf die Menschen in Österreich in den kommenden Wochen drastische Einschränkungen zukommen werden: Ein Betretungsverbot für Gastronomiebetriebe, geschlossene Kinos und Theater und eine nächtliche Ausgangsbeschränkung sind wohl nur ein Teil der geplanten Schritte.

Die neuen Maßnahmen dürften zwar weniger Bereiche einschränken als noch jene im Frühjahr. Starke Einschnitte gehen mit ihnen dennoch einher. Das macht auch ein mit 29. Oktober datierter Entwurf zur entsprechenden Verordnung deutlich, der ORF.at vorliegt.

Dabei gilt freilich: Noch kann sich manches ändern. Die Regierung sprach am Freitag mit den Sozialpartnern, am Samstag stehen noch Gespräche mit der Opposition, den Landeshauptleuten und dem Bundespräsidenten auf dem Plan. Darüber hinaus muss auch noch der Hauptausschuss des Nationalrats seine Zustimmung geben. Samstagnachmittag ist dann eine Pressekonferenz der Regierungsspitze geplant.

Nächtliche Ausgangsbeschränkungen

Sollten die Maßnahmen in der geplanten Form umgesetzt werden, dann würde das jedenfalls eine nächtliche Ausgangsbeschränkung bedeuten – und zwar von 20.00 bis 6.00 Uhr. Das Verlassen des privaten Wohnbereichs ist in dieser Zeit laut dem Verordnungsentwurf nur noch in fünf Ausnahmefällen möglich, wie sie bereits das Covid-19-Maßnahmengesetz anführt:

  • Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für Leib, Leben und Eigentum;
  • Betreuung von und Hilfeleistung für unterstützungsbedürftige Personen sowie Ausübung familiärer Rechte und Erfüllung familiärer Pflichten;
  • Deckung der notwendigen Grundbedürfnisse des täglichen Lebens;
  • berufliche Zwecke, sofern das erforderlich ist;
  • Aufenthalt im Freien zur körperlichen und psychischen Erholung.

„Notsituation“

Laut Covid-19-Gesetz dürfen Ausgangsbeschränkungen nur erlassen werden, „um einen drohenden Zusammenbruch der medizinischen Versorgung oder ähnlich gelagerte Notsituationen zu verhindern“. Und sie müssen auf zehn Tage beschränkt sein.

In dieser Zeit ist auch die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nur in diesen Ausnahmefällen erlaubt. Die körperliche und psychische Erholung kann in U-Bahn, Bus und Zug allerdings nicht geltend gemacht werden.

Keine Bewirtung in Gastronomie

Starke Einschnitte zeichnen sich auch für die Gastronomie ab. So ist laut Entwurf das „Betreten und Befahren von Betriebsstätten sämtlicher Betriebsarten der Gastgewerbe untersagt“ – mit anderen Worten: Gastronomiebetriebe dürfen keine Gäste bewirten. Erlaubt bleibt die Abholung von Speisen und Getränken in der Zeit von 6.00 bis 20.00 Uhr. Ausgenommen von den Schließungen sind Kantinen in Betrieben, Schulen und Krankenhäusern. Auch in Speisewagen dürfen weiterhin Speisen und Getränke serviert werden.

Schließen müssen auch Hotels. Einzig Gäste, die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung bereits dort befanden, können die gebuchte Zeit noch dort verbringen. Ausgenommen sind außerdem Übernachtungen aus beruflichen Zwecken und im Zuge einer Ausbildung. Auch Kurbetriebe fallen nicht unter die Regelung.

Einschränkungen noch nicht bestätigt

Simone Stribl berichtet vom Bundeskanzleramt, was derzeit über die geplanten und noch nicht bestätigten Verschärfungen bekannt ist.

Zwar entkommt der Handel diesmal im Gegensatz zum ersten Lockdown einer Schließung, doch kehren die Personenbegrenzungen zurück. Pro Kundin oder Kunde müssen zehn Quadratmeter zur Verfügung stehen. Ist das Geschäft kleiner, darf nur eine Person eingelassen werden. Am Ort der beruflichen Tätigkeit ist zwischen den Personen ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten, „sofern nicht durch geeignete Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko minimiert werden kann“.

Theater und Kinos bleiben zu

Ein weitreichendes Aus beschert die Verordnung nach dem Entwurf auch Veranstaltungen jeglicher Art. „Veranstaltungen sind untersagt“, heißt es in dem Entwurfstext. Darunter fallen private Feiern außerhalb des privaten Wohnbereichs ebenso wie kulturelle und sportliche Events. Theater, Opern und Kinos müssen ebenso schließen wie Schwimmbäder, Fitness- und Yogastudios. Offen bleiben laut Entwurf hingegen Museen, Bibliotheken, Zoos und Parkanlagen.

Die Staatsoper
APA/AFP
Auch die Wiener Oper wird ihre Tore für den Moment schließen müssen

Ausgenommen sind „Sportveranstaltungen im Spitzensport“ – sie müssen allerdings ohne Publikum stattfinden. Auch Proben und künstlerische Darbietungen ohne Publikum bleiben erlaubt – unter Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln. Ausnahmen gelten unter anderem auch für Demonstrationen, berufliche Zusammenkünfte und „Veranstaltungen zu religiösen Zwecken“. Begräbnisse dürfen weiterhin mit maximal 50 Personen stattfinden.

Sport nur noch im Freien und mit Abstand

Sportliche Betätigung wird mit der Verordnung, so wie sie in dem Entwurf von Donnerstag vorliegt, ebenfalls nur noch eingeschränkt möglich sein. Während man natürlich weiterhin im Freien laufen gehen darf, ist jede Form von Training im Innenraum untersagt. Ausnahmen gibt es hier nur für Spitzensportler. Sportstätten im Freien dürfen zwar weiterhin auch von Hobbysportlerinnen und -sportlern benützt werden; allerdings nur, wenn es nicht zu Körperkontakt mit anderen kommt.

Joggerin in der Prater Hauptallee
ORF.at/Christian Öser
Joggen ja, Fußballspielen nein gilt in den kommenden Wochen zumindest für Hobbysportlerinnen und -sportler

Körperkontakt ist gewissermaßen auch ein Stichwort für die gesamte Arbeitswelt. „Am Ort der beruflichen Tätigkeit ist zwischen den Personen ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten, sofern nicht durch geeignete Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko minimiert werden kann“, heißt es in dem Verordnungsentwurf. Für die Verpflichtung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes braucht es allerdings das Einvernehmen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

Dazu kommen neben einer praktisch überall in Innenräumen geltenden Maskenpflicht noch etliche kleinere Regelungen, beispielsweise ein Verbot überfüllter Autos. Pro Reihe dürfen nur zwei Personen sitzen, so es sich nicht um Menschen aus dem gleichen Haushalt handelt.

Testpflicht in Altersheimen

In Alters- und Pflegeheimen sieht der Verordnungsentwurf eine Testpflicht für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor. Zweimal pro Woche soll per PCR- oder Antigen-Test eine Infektion ausgeschlossen werden. Auch Besucherinnen und Besucher müssen beim Betreten der Heime einen Antigen-Test an sich vornehmen lassen – oder „während des Besuchs durchgehend eine FFP2-Maske“ tragen. Pro Bewohner bzw. Bewohnerin darf aber ohnehin nur eine Person am Tag zu Besuch kommen. Davon ausgenommen ist die Palliativ- und Hospizbegleitung. Für Kranken- und Kuranstalten gelten dieselben Regelungen, allerdings ohne Beschränkung der Besucherzahl auf eine Person.

Regierung plant massive Einschränkungen

Die Bundesregierung plant massive Einschränkungen in Zusammenhang mit dem Coronavirus, darunter eine nächtliche Ausgangsbeschränkung zwischen 20.00 und 6.00 Uhr. Auch die Gastronomie soll wieder schließen müssen.

Dezidiert ausgenommen von der Verordnung bleiben Kindergärten, Schulen und Universitäten. Auch Tätigkeiten im Wirkungsbereich der Organe der Gesetzgebung und Vollziehung sind ausgenommen.

Wann die Verordnung in Kraft treten soll, geht aus dem Entwurf nicht hervor. Zuletzt war in Medienberichten von Anfang bzw. Mitte der kommenden Woche die Rede. Gelten soll die Verordnung laut Entwurf bis 30. November. Das würde bedeuten, dass sie frühestens am 2. November in Kraft treten kann. Denn ein guter Teil der Maßnahmen muss laut Covid-19-Gesetz nach maximal vier Wochen wieder außer Kraft treten. Noch kürzer – nämlich mit zehn Tagen – legt das Gesetz die Geltungsdauer für Ausgangsbeschränkungen aus. Entsprechend treten diese Maßnahmen laut Verordnung auch bereits spätestens nach zehn Tagen wieder außer Kraft.

Heftige Kritik von SPÖ und FPÖ

Der Regierungsentwurf stieß bei SPÖ und FPÖ auf heftige Kritik. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch sprach von einem „demokratiepolitischen Skandal“ und einer Verhöhnung von Parlament und Sozialpartnern. Der stellvertretende FPÖ-Bundesparteiobmann Manfred Haimbuchner sah eine „politische Kapitulationserklärung einer auf allen Ebenen überforderten Bundesregierung“.

Deutsch stieß sich vor allem an der Vorabveröffentlichung des Verordnungsentwurfes. Die für Samstag angesetzten Beratungen mit Sozialpartnern und Opposition seien damit offenbar nur „Scheingespräche“, um sich die Vorgangsweise absegnen zu lassen – für den SPÖ-Bundesgeschäftsführer eine „zutiefst autoritäre Vorgangsweise der türkisen Volkspartei“. Deutsch fordert die ÖVP in einer Aussendung auf, angesichts der dramatischen Entwicklung, endlich diese „würdelosen Machtspielchen“ zu beenden, um die Krise gemeinsam zu bewältigen.

Für Haimbuchner ist der bekanntgewordene Lockdown-Entwurf „die Bankrotterklärung einer Regierung, die sich lieber in parteipolitischen Machtspielen ergeht, als ihre staatspolitische Verantwortung wahrzunehmen und dadurch ihrer Aufgabe schlicht und ergreifend zu keinem Zeitpunkt gewachsen war“. Das „Versagen“ der Regierung, die acht Monate ungenützt habe verstreichen lassen, hält Haimbuchner schon für „eine Frage der nationalen Sicherheit“.