Eine Arbeiterin mit Warnweste wirft einen Wahlzettel in einer Wahlbox
APA/AFP/Getty Images/Sergio Flores
US-Wahl

Bereits mehr Wähler in Texas als 2016

Für die US-Wahl kommende Woche zeichnet sich immer stärker eine besonders hohe Wahlbeteiligung ab: Im US-Bundesstaat Texas haben per Briefwahl und vorzeitiger Abstimmung in Wahllokalen bereits mehr Menschen gewählt als bei der Präsidentschaftswahl 2016. Insgesamt sollen in den USA bereits 83,5 Millionen Menschen ihre Stimme per Briefwahl oder in vor dem Wahltag geöffneten Wahllokalen abgegeben haben.

Laut amtlichen Daten vom Freitag haben alleine in Texas bereits mehr als neun Millionen Wählerinnen und Wähler ihre Stimme abgegeben. 2016 hatten in Texas insgesamt nur 8,97 Millionen Menschen abgestimmt. Der bevölkerungsreiche südliche Bundesstaat mit 38 Wahlleuten geht bei der Präsidentenwahl seit Jahrzehnten an Republikaner. US-Präsident Donald Trump liegt dort dieses Jahr in Umfragen nur sehr knapp in Führung.

Falls es dem demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden bei der Wahl am Dienstag gelingen sollte, sich in Texas durchzusetzen, könnte es für Trump schwieriger werden, sich die für den Sieg insgesamt nötigen 270 Wahlleute zu sichern. Biden liegt in landesweiten Umfragen deutlich vor Trump. Auch Erhebungen in entscheidenden Bundesstaaten sehen Biden im Vorteil, dort sieht es aber teils knapper aus.

Wählerschlange in Houston (Texas)
Reuters/Go Nakamura
Im ganzen Land bildeten sich immer wieder lange Schlangen vor den Wahllokalen

Kein Indikator für Wahlausgang

Aus der hohen Wahlbeteiligung kann vorerst nicht direkt abgelesen werden, welche Partei davon profitieren könnte. Während vor allem Demokraten per Brief oder vorzeitig wählen, könnten Republikaner dann am Wahltag selbst verstärkt wählen gehen. Viele US-Bundesstaaten haben zudem heuer die Briefwahl vereinfacht oder die Fristen verlängert. Manche Staaten, zum Beispiel Kalifornien, Ohio und New Jersey, schickten die Wahlunterlagen sogar unaufgefordert an die Bürger.

Im Wahljahr 2016 stimmten 33 Millionen Menschen per Brief ab, rund ein Viertel der Wähler. Experten zufolge könnte 2020 fast jede zweite Stimme per Post kommen, also rund die Hälfte des Elektorats. Laut dem U.S. Elections Project könnte 2020 sogar der seit 1908 geltenden Beteiligungsrekord geknackt werden: 150 Millionen Stimmen könnten bei der Wahl abgegeben werden, das wäre eine Beteiligung von 65 Prozent. Bei der Präsidentenwahl 2016 stimmten insgesamt knapp 137 Millionen US-Bürger und -Bürgerinnen ab.

Trump zweifelt an Briefwahl

Trump äußert seit Wochen Zweifel an der Legitimität der Briefwahl, am Freitag erneuerte er nun seine Forderung nach einer zeitnahen Bekanntgabe des Wahlergebnisses. Eine Entscheidung des obersten Gerichts, die Auszählung von Briefwahlstimmen im Bundesstaat North Carolina noch neun Tage nach der Abstimmung zu erlauben, bezeichnete Trump auf Twitter als „verrückt und schlecht für unser Land“.

Das oberste Gericht, der Supreme Court, bestätigte am Donnerstag die Regelung in North Carolina, wonach Unterlagen, die von der Post am Wahltag abgestempelt wurden, noch bis 12. November angenommen und gezählt werden müssen. Bei einem sehr knappen Wahlausgang könnte das Ergebnis damit theoretisch bis zum 12. November unklar bleiben. Der Wahlbehörde des Bundesstaats zufolge haben 1,36 Millionen Wähler eine Briefwahl beantragt, die meisten Stimmzettel davon sind bereits ausgefüllt wieder eingegangen.

Deutliche Verzögerungen bei Ergebnis möglich

Der US-Präsident fürchtet Wahlbetrug und forderte mehrfach, es müsse noch in der Wahlnacht klar sein, wer die Abstimmung gewonnen habe. Bei den meisten vergangenen Wahlen war der Sieger tatsächlich noch in der Wahlnacht eindeutig. In diesem Jahr warnen Verantwortliche in mehreren Bundesstaaten aber, dass es zu Verzögerungen kommen könnte.

Die Auszählung der Briefwahlstimmen ist aufwendiger als das Zählen der in den Wahllokalen abgegebenen Stimmen. Zudem dürfen manche Bundesstaaten, darunter das umkämpfte Pennsylvania, die Briefwahlunterlagen erst am Wahltag öffnen und auszählen. Wegen des komplizierten Wahlsystems könnte das Ergebnis der Präsidentenwahl letztlich an der Auszählung in ein oder zwei umkämpften Bundesstaaten hängen. Viele Bundesstaaten haben zudem unterschiedliche Fristen, bis wann Briefwahlunterlagen eingehen müssen.