Ein halbes Jahr nach Tumulten im Hongkonger Parlament hat die Polizei der chinesischen Sonderverwaltungszone heute sieben Oppositionspolitiker festgenommen. Den Politikern, darunter auch vier amtierende Abgeordnete, wird nach Polizeiangaben vorgeworfen, Anfang Mai eine Sitzung im Hongkonger Legislativrat gestört zu haben.
Im Hongkonger Regionalparlament kommt es regelmäßig zu chaotischen Szenen, wenn Abgeordnete der Opposition versuchen, mit Dauerreden, Sprechchören und anderen Störungen die Verabschiedung von Gesetzen zu verhindern. Am 8. Mai war es zu einem handfesten Streit im Justizausschuss gekommen, der alle Gesetzesentwürfe prüft, bevor sie den Abgeordneten zur Beratung vorgelegt werden.
Abgeordnete beider Seiten hielten Protestplakate hoch und lieferten sich ein Handgemenge. Sicherheitsleute und pekingtreue Abgeordnete zerrten schließlich fast alle Oppositionsabgeordneten aus dem Sitzungsraum.
Festgenommen wurden heute aber nur Oppositionsabgeordnete, darunter auch der Vorsitzende der Demokratischen Partei, Wu Chi Wai. Er warf der Hongkonger Regierung vor, einen Vorwand zu suchen, um die Opposition im Legislativrat zu unterdrücken, und kritische Meinungsäußerungen der Abgeordneten zu kriminalisieren. Bei einer Verurteilung droht ihnen bis zu ein Jahr Gefängnis.
Behörden verschärften Vorgehen
Die Wahlen zum Hongkonger Legislativrat, die eigentlich im September stattfinden hätten sollen, wurden um ein Jahr verschoben – offiziell wegen der Coronavirus-Pandemie. Kritikerinnen und Kritiker vermuten dagegen, dass die pekingtreue Regierung so eine drohende Niederlage verhindern will.
Seit den Massenprotesten im vergangenen Jahr haben die Hongkonger Behörden ihr Vorgehen gegen die Demokratiebewegung massiv verschärft. Seit Juni können sie dabei auch auf ein von Peking verabschiedetes Sicherheitsgesetz für Hongkong zurückgreifen. Es erlaubt den Behörden ein hartes Vorgehen gegen alle Aktivitäten, die nach ihrer Auffassung die nationale Sicherheit Chinas bedrohen.
Das Gesetz stellt den bisher schwersten Eingriff in den Autonomiestatus von Hongkong dar. Der früheren britischen Kronkolonie waren bei ihrer Übergabe an China 1997 für 50 Jahre Sonderrechte gewährt worden, darunter Meinungs- und Versammlungsfreiheit.