Es gab zudem Berichte und Videos, dass erneut mehrfach Blend- und Lärmgranaten eingesetzt worden seien. Auf den Straßen waren Uniformierte mit Sturmgewehren zu sehen.
Das unabhängige Nachrichtenportal Tut.by schrieb, dass es bei den Protesten am zwölften Sonntag in Folge brutale Festnahmen gegeben habe. Das Menschenrechtszentrum Wesna sprach am Abend von rund 170 Festgenommenen. Darunter seien auch Journalisten gewesen. Unabhängige Zahlen für die Demonstration gibt es nicht. Es kamen allerdings deutlich weniger Demonstranten als vor einer Woche.
In Minsk sperrten die Sicherheitskräfte mehrere zentrale Plätze mit Gittern ab. Etliche U-Bahn-Stationen wurden geschlossen, damit die Menschen nicht so einfach zu den Protesten gelangen konnten. Zudem funktionierte das mobile Internet zeitweise nicht. Die Behörden wollen damit verhindern, dass sich Demonstranten zum Beispiel über Soziale Netzwerke verständigen können.
Lukaschenko droht
Mit Blick auf die zunehmende Gewalt von Uniformierten hatte die Demokratiebewegung zu einem „Marsch gegen den Terror“ aufgerufen. Lukaschenko hatte erst am Freitag erneut den Demonstranten gedroht: „Jetzt reicht es. Wir werden nicht zurückweichen.“ Er habe früh gewarnt, dass rote Linien nicht überschritten werden dürften. „Wenn jemand einen Militärangehörigen berührt, muss er mindestens ohne Hände weggehen“, sagte Lukaschenko im Fernsehen.
Dass Lukaschenko inmitten der politischen Krise am Donnerstag überraschend seinen Innenminister abgesetzt hat, zeigt jedenfalls, dass es hinter den Kulissen rumort. Nachfolger von Juri Karajew wird der Polizeichef der Hauptstadt Minsk, Iwan Kubrakow.
Proteste seit Wahl im August
Seit der Präsidentschaftswahl am 9. August gibt es in Weißrussland regelmäßig Proteste. Das Land steckt in einer schweren innenpolitischen Krise. Lukaschenko hatte sich mit 80,1 Prozent der Stimmen nach 26 Jahren an der Macht erneut zum Sieger erklären lassen. Die Opposition sieht dagegen die Bürgerrechtlerin Swetlana Tichanowskaja als wahre Gewinnerin an. Sie ist ins EU-Exil Litauen geflohen.
Wieder zahlreiche Festnahmen in Weißrussland
In Weißrussland sind wieder Tausende Menschen gegen Präsident Alexander Lukaschenko auf die Straße gegangen. Wieder gab es viele Festnahmen.
Die 38-Jährige betonte abermals, es gehe darum, friedlich „gegen den Terror des Staates zu protestieren“. Auf Fotos aus Minsk war zu sehen, wie Sicherheitskräfte in Geländefahrzeugen mit einem Maschinengewehr auf dem Dach auf Straßen fuhren. Zu sehen waren auch viele Gefangenentransporter. Vielen Demonstranten gelang es, zu der Gedenkstätte Kuropaty zu gelangen, wo an die Opfer politischer Repression in der Sowjetunion erinnert wird.
Grenzen geschlossen
Bereits am Samstag waren Hunderte Frauen durch Minsk gezogen. Sie verabreden sich traditionell an den Samstagen zum Protest. Nach Angaben von Wesna gab es dabei 40 Festnahmen. Von Anfang an waren die Protesten von Frauen getragen und von Frauen geprägt – wohl nicht nur, weil auch Oppositionspolitikerinnen eine tragende Rolle im Kampf gegen Lukaschenko spielen.
Bei den Demonstrationen stellten sich Frauen in die erste Reihe, um die Lage zu deeskalieren und die Propaganda des Regimes zu konterkarieren, wonach die Proteste nur von Provokateuren und gewaltbereiten Plünderern getragen würden.
Seit Tagen kommt es im Land punktuell zu Streiks in Betrieben. Auch an Universitäten gab es viele Aktionen. Etliche Studierende wurden deswegen exmatrikuliert.
Indes hat Weißrussland seinem Grenzschutz zufolge am Sonntag die Grenzen für Ausländer geschlossen. Begründet wurde das mit der Coronavirus-Pandemie, die von der autoritären Führung in Minsk lange kleingeredet wurde. Eine Einreise ist aber weiterhin über den Flughafen Minsk möglich. Das Nachbarland Litauen bezweifelte, dass die Pandemie der Hauptgrund für die Entscheidung war.