Kardinal Christoph Schönborn im Rahmen eines Trauergottesdienstes im Stephansdom in Wien.
APA/Herbert Neubauer
Anschlag in Wien

Trauergottesdienst im Stephansdom

Im Wiener Stephansdom hat Dienstagabend ein Trauergottesdienst für die Opfer des Terroranschlags stattgefunden. Kardinal Christoph Schönborn leitete den Gottesdienst, Vertreter der anderen christlichen Kirchen im Land sowie des Islam und des Judentums nahmen daran teil. Seitens der Politik waren unter anderen Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Bundeskanzler Sebastian Kurz, Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (beide ÖVP) und Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) vertreten.

Die wenigen Trauergäste, unter denen sich auch mehrere Minister befanden, saßen in der Mitte des Domes, auf dem Boden vor ihnen lag ein Gesteck von weißen Blumen. Vertreter der Religionsgemeinschaften sprachen jeweils ein Gebet aus ihren Heiligen Schriften und zündeten insgesamt fünf Kerzen für die Toten der vergangenen Nacht – mehr dazu in religion.ORF.at.

Schönborn sprach von einer Trauerfeier der „Besinnung, des Bittens um Segen und Frieden für alle Verletzten und Verstorbenen und für unser ganzes Land“. Die Religionsgemeinschaften haben gemeinsam eingeladen, um zu zeigen, dass die „bewährte Gemeinsamkeit und Einheit der Religionsgemeinschaften nicht zerstört werden darf und nicht zerstört werden kann“. „Wir bitten um Frieden in unserem Land und in unserem Herzen“, so der Kardinal.

Gedenkgottesdienst aus dem Wiener Stephansdom

Im Stephansdom hat am Dienstagabend ein Gedenkgottesdienst mit Vertretern von Religionsgemeinschaften stattgefunden. Kardinal Christoph Schönborn, der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka, der orthodoxe Metropolit Arsenios, der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Ümit Vural, sowie die Vizepräsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde, Claudia Prutscher, waren dabei.

„Abscheuliche Tat“

Der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ), Ümit Vural, verurteilte den islamistischen Anschlag als „abscheuliche Tat auf das Schärfste“. „Wir leben in einer Stadt, in der Kirchen zusammenarbeiten und zusammenhalten und ich bin dankbar, dass wir diese Zusammenarbeit und diesen Zusammenhalt demonstrieren können.“ Er ersuchte Allah in seinem Gebet, „die Trauer zur Hoffnung zu machen und die Welt zu einem Ort des sicheren Friedens“.

Auch der lutherische Bischof Michael Chalupka und Metropolit Arsenios (Kardamakis) baten um Frieden, Trost, Erbarmen und Vergebung. Die Israelitische Kultusgemeinde wurde durch Vizepräsidentin Claudia Prutscher vertreten. Mit dem Anzünden von Weihrauch am Ende wurde das Aufsteigen der Gebete und Fürbitten in den Himmel symbolisiert. Beendet wurden die Trauerfeierlichkeiten mit einem Segenslied.

Aufgrund polizeilicher Sicherheitsbestimmungen und der geltenden CoV-Maßnahmen war die Zahl der Trauergäste stark eingeschränkt. Einige Trauernde hatten sich mit Kerzen vor dem Stephansdom eingefunden.

Kranzniederlegung im Bereich des Tatorts

Die offiziellen Vertreterinnen und Vertreter der Republik gedachten davor bereits mit einer Kranzniederlegung der Opfer des Terroranschlags. Am Montagabend wurden bei einem Angriff vier Opfer und der Attentäter getötet. Mehrere Verletzte befinden sich noch in kritischem Zustand. Bundespräsident Van der Bellen sprach zuvor von einer „dunklen Nacht, die wir hinter uns haben“.

Van der Bellen, Kurz und Sobotka legten Kränze auf dem Wiener Schwedenplatz nieder, dem Ausgangspunkt des Terrorakts. Auch die Klubobleute der Parlamentsparteien, der Wiener Bürgermeister Ludwig (SPÖ), die Zweite Nationalratspräsidenten Doris Bures und Bundesratspräsidentin Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP) gedachten am Dienstag der Opfer – mehr dazu in wien.ORF.at .

„Es lebe die Freiheit“

Schon vor der Kranzniederlegung hatten sich Van der Bellen und Kurz mit Reden an die Bevölkerung gewandt. Van der Bellen sprach von einer „dunklen Nacht, die wir hinter uns haben“, es sei „ein feiges terroristisches Attentat auf das Herz unserer Gesellschaft“ gewesen. Der Hass könne aber niemals so stark sein „wie unsere Gemeinschaft“.

Republiksspitze gedachte der Anschlagsopfer

Die Staatsspitze und weitere Gäste haben sich am Dienstag an einem der Tatorte in der Wiener Innenstadt versammelt, um der Opfer des Anschlags zu gedenken.

Der Bundespräsident betonte, an alle zu denken, die ihr Leben verloren oder verletzt wurden. „Unser tiefes Mitgefühl gilt allen Verletzten, die in diesen Stunden um ihr Leben ringen. Unsere Tränen fließen für alle aus unserer Mitte, die ihr Leben verloren haben.“ Darüber hinaus dankte er den Polizistinnen und Polizisten und der internationalen Gemeinschaft, die sich umgehend solidarisch gezeigt habe.

Bundespräsident Alexander van der Bellen
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Van der Bellen sprach von einem „feigen terroristischen Attentat“

Das Attentat habe „unserer freien Gesellschaft gegolten“, es habe einem Leben gegolten, „das Terroristen offenbar abgrundtief hassen“. Man werde aber nicht klein beigeben – „wer das annimmt, kennt uns schlecht“, sagte das Staatsoberhaupt – und weiter: „Wir werden unsere Werte schützen und verteidigen, mit allem, was Wien ist, was Österreich ist, mit allem, woran wir glauben und wofür wir stehen, sagen wir hier und heute: Hass kann niemals so stark sein wie unsere Gemeinschaft in Freiheit, in Demokratie, in Toleranz und in Liebe.“ Van der Bellen zum Abschluss seiner Rede: „Es lebe die Freiheit, es lebe die Republik Österreich!“

Bundespräsident: „Es lebe die Freiheit“

Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat die Gesellschaft zu Zusammenhalt aufgerufen und die Wichtigkeit der Toleranz betont. „Es lebe Österreich, es lebe die Freiheit“, sagte er.

20-Jähriger als Täter ausgeforscht

Zuvor hatte Bundeskanzler Kurz bestätigt, dass es sich bei dem Angriff um einen islamistischer Anschlag gehandelt habe. „Unser Mitgefühl gilt nun den Angehörigen der Opfer“, sagte er. Oft würde man Österreich als „Insel der Seligen“ sehen, „wir kennen Gewalt und Terror nur aus der Berichterstattung im Ausland“, so Kurz: „Aber diese Nacht wird in unsere Geschichte als Nacht eingehen, in der Menschen Opfer eines terroristischen Anschlags geworden sind.“

Mittlerweile bekannt ist, dass der Attentäter 20 Jahre alt war, nordmazedonische Wurzeln hatte und einschlägig wegen terroristischer Vereinigung vorbestraft war. Weitere Festnahmen wurden am Dienstag bekannt. Die Bevölkerung in Wien wurde aufgerufen, so weit möglich zu Hause zu bleiben.

„Unser Feind ist der Extremismus“

Kurz sprach angesichts der Anschlags von „Hass auf Grundwerte, Hass auf Demokratie und Hass auf unser Lebensmodell“. Man dürfe sich von den Terroristen nicht einschüchtern lassen. „Unsere Grundwerte werden wir mit aller Kraft verteidigen“, sagte er. Man werde „die Täter, die Hintermänner und Gleichgesinnten jagen“ und „gerecht“ bestrafen. Auf gar keinen Fall dürfe man allerdings in ihre „Falle“ tappen: „Der Terrorismus will die Gesellschaft spalten.“

Bundeskanzler Sebastian Kurz
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In seiner Rede betonte Kurz den Kampf gegen den Terrorismus

Der Feind sei weder eine Bevölkerungsgruppe noch Mitglieder einer Religionsgemeinschaft, so Kurz. „Unser Feind sind der Extremismus und die Terroristen. Es ist keine Auseinandersetzung zwischen Christen und Muslime, sondern ein Kampf zwischen Zivilisation und Barbarei.“ Diesen Kampf werde man mit aller Entschlossenheit führen. Deshalb habe er, Kurz, Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) gebeten, mit „allen verfügbaren Kräften“ die Hintergründe der Tat aufzuklären.

Kurz: „Anschlag aus Hass“

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat am Dienstag bestätigt, dass das Attentat am Montagabend islamistisch motiviert war. Ihm zufolge handelt es sich um einen Anschlag aus Hass auf unsere Grundwerte, unser Lebensmodell und unsere Demokratie.

Kurz bedankte sich bei den Sicherheitskräften, die nach wie vor im Einsatz sind, und bei den Rettungskräften. „Unser Dank gilt aber auch allen Menschen, die sich durch Mut und Zivilcourage ausgezeichnet und Verletzte versorgt haben.“

Dreitägige Staatstrauer

Zuvor hatte der Ministerrat in seiner Sondersitzung eine dreitägige Staatstrauer beschlossen. Bis inklusive Donnerstag werden die öffentlichen Gebäude mit Trauerbeflaggung versehen. Außerdem soll es am Dienstag zu Mittag eine „Minute des stillen Gedenkens“ geben, eine Kranzniederlegung in der Wiener Innenstadt ist für Mittwoch geplant. In den Schulen soll es am Mittwoch zu Unterrichtsbeginn eine Gedenkminute geben. Die Regierung bezeichnet das Attentat als „Anschlag auf die Freiheit und Demokratie“.

„Die Republik Österreich war, ist und wird immer eine Nation der Vielfalt, des Dialoges und des Respektes füreinander sein, umso mehr haben die Ereignisse vom 2. November 2020 unser Land schwer erschüttert und betroffen gemacht“, hieß es. Mit der Staatstrauer werden die Flaggen an Bundesgebäuden auf halbmast gesetzt und die Landeshauptleute aufgefordert, das auch in ihrem Bereich zu veranlassen. Zuletzt herrschte eine offizielle, damals viertägige Staatstrauer nach dem Tod von Bundespräsident Thomas Klestil im Jahr 2004.

Reaktionen aus der heimischen Politik

Nationalratspräsident Sobotka sagte, dass man nicht zulassen werde, „dass der Hass unsere Gesellschaft spaltet. Österreich ist seit 75 Jahren eine gewachsene, eine gefestigte, liberale Demokratie. Wir alle sind stärker als Hass und Terror. Unser Bekenntnis zu Parlamentarismus und Demokratie ist unerschütterlich.“

Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) bezeichnete das Attentat als „islamistisch motivierten Terroranschlag“. Dieser sei ein „abscheulicher Angriff auf die Freiheit und Werte unseres Landes und ein Anschlag auf alle, die hier leben“, erklärte Raab via Twitter. Auch Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) zeigte sich tief betroffen. „Meine Gedanken sind bei den Angehörigen der Opfer dieses feigen und hinterhältigen Anschlages“, hieß es in einer Presseaussendung.

Das Bundesheer habe noch in der Nacht vollständig den Objektschutz in Wien übernommen. Das Jagdkommando sei alarmiert und hält sich für Aufträge in einer Wiener Kaserne bereit. Dazu seien auch gepanzerte Fahrzeuge bereitgestellt worden. Zudem wurde die Militärpolizei in einer Wiener Kaserne zusammengezogen. Vizekanzler und Grünen-Chef Werner Kogler sprach von einem „feigen, hinterhältigen, mörderischen Terrorakt“. Ziel der Terroristen sei, Hass zu erzeugen und zu spalten. „Wir werden die Demokratie und die Grundwerte verteidigen“, sagte Kogler.

„Angriff auf unsere Freiheit“

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) erinnerte an Ansprüche nach dem Verbrechensopfergesetz. Betroffene der Terrorattacke von Montagabend erhielten medizinische und psychosoziale Hilfe sowie Entschädigungen. Das Sozialministeriumservice (SMS) bemühe sich um eine prompte Abwicklung, so Anschober, der sich „erschüttert“ und „betroffen“ über den Terrorakt zeigte. „Jetzt gilt es, den Opfern und ihren Familien rasch und konkret zu helfen.“

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner sprach am Dienstag den Angehörigen der Opfer ihr tiefstes Mitgefühl aus und wünschte den Verletzten baldige Erholung. „Der Angriff war ein Angriff auf unsere Freiheit“, sagte sie. Unsere Demokratie und unsere freie Gesellschaft seien allerdings stärker. Die FPÖ verlangte eine „intensive Aufarbeitung und ehrliche Debatte auf politischer Ebene“. NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger erklärte auf Twitter, sie sei „geschockt“ über den offensichtlichen Terrorakt in Wien.