Menschen mit Schutzmasken in Geschäft
ORF.at/Carina Kainz
CoV-Maßnahmen

Anschober deutet weitere Verschärfung an

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hat am Samstag in der Ö1-Sendung „Im Journal zu Gast“ eine mögliche weitere Verschärfung der Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus angedeutet. Solche stünden im Raum, sollte die Gefahr bestehen, dass mehr als 850 bis 900 Intensivbetten mit Covid-19-Patienten belegt werden könnten. Aktuell hält man ungefähr bei der Hälfte, der tägliche Zuwachs in diesem Bereich war in jüngster Vergangenheit aber enorm.

Schrittweise könne es ab Mitte November zu Problemen auf den Intensivstationen kommen, so Anschober weiter. Sollte Ende nächster Woche zu sehen sein, dass die Maßnahmen nicht genug greifen, müsse man dann entscheiden, was weiter zu tun sei, sagte er. Am Freitag wird die Regierung evaluieren, ob der Lockdown ausreicht oder ob angesichts der hohen Infektionszahlen weitere Verschärfungen nötig sind.

„Es war zu befürchten, dass in dieser Woche vor einer beginnenden Wirksamkeit des Teil-Lockdowns die Neuinfektionen weiter ansteigen werden. Im Lauf der kommenden Woche muss jedoch mit beginnender Wirksamkeit der gesetzten Maßnahmen die Stabilisierung gelingen“, so Anschober am Samstag auch in einer Aussendung.

Anschober betonte einmal mehr, die nächste Woche werde weichenstellend werden. Als besonders auffallend bezeichnete Anschober die „dramatisch hohe Zahl von 2.279 positiven Testungen“ in Oberösterreich.

„Wir brauchen jetzt Solidarität“

Anschober appellierte im „Journal zu Gast“ erneut an die Bevölkerung, die Maßnahmen einzuhalten. Er betonte, dass die Mitarbeit der Bevölkerung bei der Pandemiebekämpfung entscheidend sei. Ob die von der Regierung verordneten Maßnahmen greifen werden, „entscheidet jeder selbst“, so der Minister. „Die Kontakte zumindest halbieren, bei allen Tätigkeiten mit Kontakten überlegen, ob diese wirklich erforderlich sind, Abstand einhalten, MNS tragen, Stopp-Corona-App installieren und alle Maßnahmen konsequent umsetzen“, so Anschober in der Aussendung.

„Wir brauchen jetzt Solidarität. Wenn die Bevölkerung jetzt den Ernst der Lage erkennt, werden wir es schaffen. Es hängt davon ab, ob die Bevölkerung mitmacht“, sagte Anschober im „Journal zu Gast“ und richtete „den ganz dringenden Appell an die Bevölkerung: Jetzt brauchen wir euch. Jeder ist Teil der Lösung im Wettlauf mit der Zeit.“

Im Landeskrankenhaus Hohenems in Vorarlberg sind inzwischen keine Intensivbetten mehr frei, bestätigt die Landeskrankenhausbetriebsgesellschaft (KHBG). Neue Patienten werden jetzt nach Feldkirch gebracht, sagt der Leiter der Pulmologie im Landeskrankenhaus Hohenems und Lungenfacharzt Peter Cerkl – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Aschbacher für Arbeitslose als Contact-Tracer

Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) will unterdessen ältere und Langzeitarbeitslose als Contact-Tracer an die Bundesländer vermitteln. In vielen Bundesländern würden zusätzliche Kräfte zur Umsetzung der Coronavirus-Schutzmaßnahmen benötigt, zum Beispiel für Zugangskontrollen bei Pflegeheimen und beim Contact-Tracing, hieß es dazu am Samstag aus dem Arbeitsministerium. Alle Bundesländer bis auf Wien und das Burgenland hätten Interesse an einer diesbezüglichen Zusammenarbeit bekundet, so Aschbacher weiter. Gefragt seien besonders Personen mit Erfahrungen im Gesundheits- und Pflegebereich. Betriebe, die schwer vermittelbare Leute einstellen, sollen zwei Drittel der Lohnkosten vom Arbeitsmarktservice (AMS) ersetzt bekommen. „Unser Fokus liegt auf der Vermittlung in versorgungskritische Bereiche“, erklärte die Ministerin laut Mitteilung.

Arbeitsministerin Christine Aschbacher
APA/Georg Hochmuth
Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) will Arbeitslose für Contact-Tracing einsetzen

„In Kooperation mit dem AMS stellen wir die notwendigen Mittel bereit, um solche Beschäftigungsverhältnisse zu fördern.“ Das Geld dafür soll im Rahmen der AMS-Eingliederungshilfe aufgebracht werden – in diesem Jahr seien dafür bereits rund 116 Mio. Euro aufgewendet worden, teilte das Arbeitsministerium mit. Rund 32.600 Menschen seien dadurch wieder in Beschäftigung gekommen. Die Mittel für Eingliederungsbeihilfen seien nicht ausschließlich zweckgebunden, sie kämen auch aus dem regulären Förderbudget. Entsprechende Reserven seien im AMS-Förderbudget für heuer noch vorhanden.

CoV-Kommission zeigt sich zuversichtlich

Zuletzt wurde nur noch bei 27 Prozent der Infektionsfälle die Quelle geklärt. Diese Zahl nannte Daniela Schmid, Sprecherin der CoV-Kommission, Freitagvormittag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz Anschober. Das heißt, nur noch bei etwa jedem vierten Infizierten weiß man, wo er sich angesteckt hat. In der Woche davor lag der Wert noch bei 50 Prozent. Laut Schmid war es vorauszuahnen, dass die Zahl der Clusterfälle – jene Fälle, die einer Quelle zugeordnet werden können – zurückgeht.

Daniela Schmid (Sprecherin der Ampelkomission)
APA/Herbert Neubauer
Daniela Schmid, Leiterin der CoV-Kommission, mahnte, dass es auch viel Eigenverantwortung brauche

Die Zuordnung der Fälle in der jetzigen Lage beanspruche mehr Zeit, da bei täglich mehreren tausend neuen Infektionsfällen natürlich auch die Nachverfolgung der Kontaktpersonen mehr Zeit in Anspruch nehme. Man werde die Zahl der geklärten Fälle aber wieder erhöhen, sagte sie, „das wird gelingen“.

Aus für Clusteranalysen?

Die „Wiener Zeitung“ berichtete bereits am Donnerstag, dass die Clusteranalysen, die von der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) seit Monaten durchgeführt werden, wohl beendet werden. „Da in etlichen Behörden das Contact-Tracing zusammengebrochen ist, ist der Anteil der abgeklärten Clusterfälle derart gesunken, dass eine Analyse der Cluster keinen Sinn mehr ergibt“, heißt es. Auch der Salzburger Infektiologe Richard Greil sagte, dass das Contact-Tracing seit Ende September nicht mehr funktioniere – mehr dazu in salzburg.ORF.at. Schmid hingegen sagte am Freitag bei der Pressekonferenz, dass das Contact-Tracing weiterhin durchgeführt werde.

SPÖ: Blindflug der Regierung

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner forderte am Samstag unterdessen, die Bundesregierung müsse „ihren Blindflug im Corona-Krisenmanagement endlich beenden“. Aktuell entscheide es sich, ob das Infektionsgeschehen eingedämmt werden könne oder nicht. Die Regierung handle aber erst, wenn „Feuer am Dach“ sei, so die frühere Gesundheitsministerin in einer Presseaussendung.

Nun sei es Zeit, unabhängige Experten ans Ruder zu lassen. Diese müssten beurteilen, „ob die Maßnahmen der Bundesregierung ausreichen oder nicht“. Wenn nur noch ein Viertel der CoV-Fälle zurückverfolgbar sei, „verdeutlicht das den Blindflug der Regierung“, so die SPÖ-Vorsitzende. Das Monitoring einer unabhängigen Expertenkommission sei „unbedingt erforderlich, um evidenzbasiert Lockerungen und Anpassungen vorzunehmen und um für die Zeit nach dem Lockdown lernen zu können“.