Verschlüsselung: EU-Parlamentarier teils vehement gegen Vorstoß

Ein Entwurf des Europäischen Rats zu einem möglichen „Generalschlüssel“ für verschlüsselte Chats hat heute bei den heimischen Mitgliedern des EU-Parlaments Wellen geschlagen.

Ein ORF.at-Rundruf bei den Delegationen der Parteien ergab, dass sämtliche Parteien die Bedeutung der Grundrechte hervorkehren – der Großteil lehnt den kolportierten Ratsvorstoß komplett ab.

ÖVP sieht Parlament gefordert, SPÖ pocht auf Grundrechte

Lukas Mandl, Sicherheitssprecher der ÖVP im Europaparlament, sagte, dass die Exekutive zur Bewältigung von Krisen „ausreichende Mittel, welche auch die Grund- und Freiheitsrechte garantieren“ benötige. Eine „entsprechende Interpretation der Grund- und Freiheitsrechte“ verlange eine „Befassung des Europaparlaments als Vertretung der Bürgerinnen und Bürger“.

Andreas Schieder, Delegationsleiter der SPÖ, schrieb in einer Aussendung: „Grundrechte und Freiheit dürfen nicht dem Kampf gegen Terror geopfert werden.“ Er verwies auf die Bedeutung von sicherer Verschlüsselung: „Wenn wir bei den Messenger-Diensten ansetzen, riskieren wir unsere hohen demokratischen Standards.“

Grüne sehen „klaren Eingriff“, FPÖ will Verhältnismäßigkeit

„Das Verschlüsselungsverbot ist ein klarer Eingriff in unsere Grundrechte“, so die grüne Delegationsleiterin Monika Vana. „Anlasslose Überwachung digitaler Kommunikationswege bedeutet das Ende des digitalen Briefgeheimnisses und bietet keinen effektiven Schutz vor Terrorismus“, so Vana. Sie fordert stattdessen „Besonnenheit und eine personelle Aufstockung der Ermittlungsbehörden“.

Der FPÖ-Abgeordnete Harald Vilimsky schreibt, dass ein „Generalschlüssel“ ein „Eingriff in das Recht auf private Kommunikation“ wäre. Man müsse „genau darauf achten, dass die Verhältnismäßigkeit zwischen notwendiger Strafverfolgung einerseits und den Grundfreiheiten der Bürger gewahrt bleibt“.

NEOS gegen Überwachung von „unschuldigen Bürgern“

Schon am Vormittag reagierte die NEOS-Abgeordnete Claudia Gamon. „Sichere End-to-End-Verschlüsselung ist das Rückgrat der Digitalisierung“, so Gamon in einer Aussendung. Sie sieht im Hinblick auf die Terrordebatte vor allem die Nachrichtendienste gefordert: Diese sollen den „Austausch untereinander“ verbessern, um so „effizienter gegen Terrorzellen vorgehen zu können“, statt „unschuldige Bürgerinnen und Bürger zu überwachen“.

Debatte über EU-Verschlüsselungsverbot

Auslöser für die Debatte war ein Dokument des EU-Rats, in dem Verschlüsselung kritisch gesehen wird. Ein mögliches Szenario wäre ein „Generalschlüssel“, um verschlüsselte Chats und Nachrichten anzeigen zu können.

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