Kind in Volksschule
ORF.at/Carina Kainz
Schulen vor Schließung?

Ärzte warnen vor Folgen für Kinder

Am Donnerstag werden mit der nächsten Ampelschaltung auch erstmals relativ aussagekräftige Zahlen vorliegen, ob die Lockdown-Maßnahmen zu greifen beginnen. Sollte sich keine Entschleunigung des Pandemiegeschehens abzeichnen, drohen weitere Maßnahmen, darunter auch die komplette Schließung der Schulen. Die Front gegen einen Bildungslockdown wird aber immer breiter. Auch die Kinderärzte warnen nun eindringlich vor den psychischen und physischen Folgen.

Konkret plädiert die Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ) für bessere Präventionsmaßnahmen innerhalb der Bildungseinrichtungen anstelle von Schulschließungen und Distance-Learning. In einer Stellungnahme wurden eine Erhöhung der Mindestabstände, Plexiglaswände, Maskentragen der Lehrer außerhalb der Klassen sowie flexiblere Schulstart- und -schlusszeiten angeregt.

„Die Entscheidung über Schulschließungen sollte nicht durch unbewiesene Meinungen, fälschlicherweise von anderen Erkrankungen abgeleitete Annahmen oder unbegründete Angst geleitet werden, sondern auf wissenschaftlicher Evidenz, welche laufend zunimmt, basieren“, so die Kindermediziner. Kinder würden sich seltener infizieren, weniger häufig symptomatisch erkranken und das Virus seltener weitergeben als Erwachsene. Das gelte insbesondere für Kinder unter 14 Jahren.

Warnung vor weitreichenden Folgen

Die Schließung von Bildungseinrichtungen hätte nicht nur gravierende Folgen für die Ausbildung, sondern auch „weitreichende Auswirkungen auf das soziale, psychische und geistige Wohlbefinden der Kinder und Jugendlichen“, so die ÖGKJ. Dazu stellten sie auch viele Betreuungspersonen vor große Herausforderungen.

Risiko bei Fahrt zur Schule verringern

Zur „Entschärfung“ des Transports der Kinder schlagen die Mediziner eine Erhöhung der Schulbuskapazität und stundenweise Freistellungen für Eltern vor, um die Kinder individuell in die Schule zu bringen. Außerdem könnte das Kontaktpersonenmanagement verbessert werden. Schließlich sollten die Pädagogen auch als Kontaktperson eins (K1) freiwillig unter Einhaltung der Hygienemaßnahmen unterrichten können.

Debatte über CoV-Schutz in Schulen

Die Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde will verhindern, dass die Schulen geschlossen werden. Sie gibt Anstöße, wie Ansteckungen in der Schule besser verhindert werden können.

Weiters schlagen die Kindermediziner die Evaluierung der Empfehlung vor, bei Infektionen von Kindern bis zehn Jahre nicht die ganze Klasse abzusondern, sondern ohne den infizierten Schüler weiterzuunterrichten und zu testen.

Eltern klar gegen Schließung

Nicht zuletzt zeigt eine aktuelle Umfrage im Auftrag des Bildungsministeriums, dass die Mehrheit der Eltern gegen eine Schließung der Schulen ist. Wie das Ö1-Morgenjournal berichtete, sind zwei Drittel für das Offenhalten. Dabei, so Meinungsforscher Peter Hajek, machten sich Eltern durchaus Sorgen um die Gesundheit ihrer Kinder. Die Sorge bezüglich Nachteilen in der Bildung und einer möglichen Überforderung des Familienlebens würden aber überwiegen, so Hajek.

Sollten auch die Pflichtschulen geschlossen werden, sei aber jedenfalls mit einer stärkeren Nutzung der Betreuung zu rechnen, was den Effekt eines Schul-Lockdowns von vornherein einschränken würde. Nutzten im Frühjahr lediglich fünf Prozent das Angebot, würden es jetzt laut Umfrage bis zu 20 Prozent tun.

Das Gros der befragten Eltern betonte zudem, dass ein Lockdown bis Jänner jedenfalls zu lang wäre und dass bei einem Wiederhochfahren die Schulen an erster Stelle stehen müssten – anders als im Frühjahr, als etwa Geschäfte und Gastronomie vorher an der Reihe waren.

Unterschiedliche Positionen in Regierung

Dem Vernehmen nach wollte die ÖVP, allen voran Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), schon mit dem Beginn des Teil-Lockdowns alle Schulen schließen, ÖVP-Wissenschaftsminister Heinz Faßmann, Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) und einige Bundesländer appellierten dafür, diese offen zu halten.

An dieser Front scheint sich zuletzt auch wenig geändert zu haben: Die oberösterreichische Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer (SPÖ) plädierte am Montag im Ö1-Mittagsjournal, die Schulen auf jeden Fall geöffnet zu halten. Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) sprach sich gegenüber der „Kronen Zeitung“ „entschieden“ gegen einen „neuerlichen Bildungslockdown“ aus, ähnlich äußerte sich dort Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner. Die Bildungsrefenten der Länder pochten ebenfalls auf offene Pflichtschulen. Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) betonte, Schaden und Nutzen müssten abgewogen werden – mehr dazu in kaernten.ORF.at.

Auch bei einem Gespräch von Anschober mit Vertretern der Parlamentsparteien am Montag waren Schulen eines der großen Themen. Die Opposition vermisste jedenfalls konkrete Kriterien für getroffene oder zukünftige Maßnahmen.