Äthiopien: 500 Tote nach Offensive in Region Tigray

Während der andauernden Militäroffensive der äthiopischen Regierung gegen die Regierungspartei der Region Tigray sind nach Angaben von Addis Abeba Hunderte Menschen getötet worden. Der staatliche Sender Fana zitierte gestern einen führenden Militärvertreter, der von 500 getöteten Mitgliedern der „Extremistengruppe“ sprach.

Allerdings konnten diese Angaben nicht unabhängig nachgeprüft werden, da Tigray derzeit von der Außenwelt weitgehend abgeschnitten ist und Internet- und Telekommunikation kaum möglich ist. Äthiopiens Verteidigungsminister Kenea Yadeta betonte heute erneut die Angaben der Regierung, die Offensive in Tigray sei kein Bürgerkrieg, sondern eine „Maßnahme des Gesetzesvollzugs“.

Tausende Menschen bereits auf der Flucht

Addis Abeba hatte nach Monaten der Spannungen zwischen der äthiopischen Regierung und der Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) vor einer Woche eine Offensive gegen die Rebellengruppe und Regierungspartei von Tigray begonnen. Hilfsorganisationen warnen vor einer humanitären Krise infolge der Offensive.

Tausende Menschen sind bereits in den benachbarten Sudan geflohen. Die UNO sprach laut Reuters heute von 6.000 bis 7.000 Menschen, die die Region Tigray bereits in Richtung Grenze verlassen haben. „Die Zahl steigt rund um die Uhr“, sagte Alsir Khaled von der Sudanesischen Flüchtlingskommission.

TPLF dominierte jahrelang politisches Geschehen

Die TPLF war die dominante Partei in der Parteienkoalition, die Äthiopien mehr als 25 Jahre lang mit harter Hand regierte. Das änderte sich, als Abiy 2018 an die Macht kam: Er brachte Reformen auf den Weg, entfernte Funktionäre der alten Garde und gründete eine neue Partei, der die zuvor in der Parteienkoalition vertretene TPLF nicht beitrat.

Die TPLF und viele Menschen in Tigray fühlen sich von der Zentralregierung nicht vertreten und wünschen sich größere Autonomie. Unter Abiy – der im Vorjahr den Friedensnobelpreis erhielt – haben die ethnischen Spannungen und Konflikte in dem Vielvölkerstaat Äthiopien mit seinen rund 112 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern zugenommen. Beobachterinnen und Beobachter warnen bereits vor einem Konflikt, der die Region destabilisieren könnte.