Ausstellung in einem Museum für moderne Kunst
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Kunstmarkt im Lockdown

Galerien kriseln, Onlineauktionen boomen

Als einzige Kulturbetriebe dürfen Galerien im derzeitigen Teil-Lockdown offen halten. Sie können weiterhin Ausstellungsbesucher empfangen, weil sie zum Handel zählen. Rosig ist ihre Situation dennoch nicht – während die großen Auktionshäuser online einen Boom verzeichnen.

Galeristinnen und Galeristen machen viel mehr als nur verkaufen: Sie entdecken junge Talente, bauen Karrieren auf und präsentieren österreichische Positionen im Ausland. Nun bringen ausgefallene Kunstmessen und zögerliche Sammler die Galerien zunehmend in die Bredouille. Besser geht es großen Auktionshäusern wie dem Wiener Dorotheum, das 2020 online neue Kundschaft gewinnen konnte.

In der Wiener Eschenbachgasse reiht sich eine Galerie an die andere. Trotz des Teil-Lockdowns beleuchten Neonlampen die dort ausgestellten Kunstwerke und die Türen sind offen. Auch die Mitarbeiterinnen der Galerie Martin Janda sind eingesetzt wie eh und je. Aber der Schein der Normalität trügt. „Die Situation der Galerien ist sehr schwierig, die Umsätze brechen jetzt ein“, betont Janda im Interview mit ORF.at. Als Vorsitzender des Verbands Österreichischer Galerien Moderner Kunst hat der Galerist nun Maßnahmen gefordert, um diesen besonderen Kulturunternehmen durch die Pandemie zu helfen.

Kunstverkauf ohne Socializing

Die Coronavirus-Krise untergräbt derzeit eine der Kernaufgaben, die Galerien für die Kunstszene leisten: Sie sind Orte der Zusammenkunft, wo Künstler neue Arbeiten zeigen können und ein Vertrauensverhältnis zwischen Produzenten und Sammlern aufgebaut wird. Aber Bussi-Bussi bei Vernissagen ist derzeit ebenso unmöglich wie Einladungen von Kuratoren und betuchten Interessenten.

„Der persönliche Kontakt mit den Galeristen ist enorm wichtig. Wenn du jemand eine Arbeit zeigst und erklärst, dann spürt der andere deine Begeisterung auch auf einer nonverbalen Ebene“, beschreibt Janda die Überzeugungsarbeit, die er und seine Kollegen täglich leisten. Besonders hoch ist der Einsatz für junge Positionen, die sich erst einen Namen machen müssen.

Eine Frau vor dem Gemälde „Show me the Monet“ von Banksy
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Banksys Ölgemälde „Show me the Monet“ erzielte bei Sotheby’s 8,4 Millionen Euro.

Auch international fällt Socializing und Kundenakquise seit März fast vollständig flach. Die meisten Kunstmessen und -events wurden abgesagt oder in den virtuellen Raum verlegt. Für den hiesigen Kunsthandel sind diese Auslandsauftritte aber essenziell, da Österreich zu wenige Sammler hat. Und wie sieht es mit Onlineverkäufen aus? Der Umsatz durch das Internet werde überschätzt, sagt Janda.

Die Konkurrenz im Netz ist enorm. Nicht umsonst beschäftigt ein Big Player wie etwa der US-Galerist David Zwirner ein Dutzend Mitarbeiter, die sich nur um Internetcontent wie virtuelle Ausstellungsrundgänge oder Künstlerfeatures kümmern.

Neukunden bei Auktionen

Der Nachteil von Galerien gegenüber einer stetig wachsenden Anzahl von Onlineshops und -plattformen sind deren hohe Fixkosten. Zum finanziellen Aufwand für Schau- und Lagerräume kommen die Löhne für Mitarbeiter; außerdem teure Transporte, Ausstellungsproduktionen und Reisen.

Zumindest in puncto günstige Mieten haben Wiener Galerien einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz in New York, London und Paris. Wie könnte die öffentliche Hand den Galerien noch helfen, wenn reguläre Wirtschaftshilfe nicht reicht? Der Galerienverband fordert eine Ankaufsoffensive der Museen. Dafür müssten deren niedrige Budgets dringend erhöht werden. In Dänemark habe der Staat während der Coronavirus-Krise dem Kunstmarkt auf diese Weise geholfen.

Eine Erleichterung brachte heuer bereits die Mehrwertsteuersenkung auf Kunst und Kultur, die von 13 auf fünf Prozent herabgesetzt wurde. Von dieser Senkung profitieren auch die heimischen Auktionshäuser. „Wir konnten seit dem Frühjahr viele Neukunden gewinnen“, sagt Doris Krumpl, die Pressesprecherin des Dorotheums. Von den 700 Auktionen, die das Traditionshaus jährlich abhält, finden dieses Jahr 650 online statt.

Jesuskindes mit dem Johannesknaben aus der Werkstatt von Peter Paul Rubens
Dorotheum
„Jesuskind mit dem Johannesknaben“ aus Rubens Werkstatt legte seit dem letzten Verkauf 2011 deutlich an Wert zu

Die wichtigsten Versteigerungen werden auch mit Livestreamings übertragen. In ökonomisch unsicheren Zeiten wie diesen findet oft eine „Flucht in Sachwerte“, sprich: Gold, Immobilien, Antiquitäten oder eben Kunst, statt. Wie profitabel die Wertanlage in Malerei sein kann, belegt das Spitzenlos der letzten Altmeisterauktion: Das Barockgemälde „Jesuskind mit dem Johannesknaben“ von Peter Paul Rubens Werkstatt ging im Dorotheum 2011 um 450.000 Euro weg; als es diese Woche abermals in der Dorotheergasse unter den Hammer kam, musste der Käufer stolze 720.000 Euro berappen.

T. rex und Müll bei Monet

Auch international sieht es derweil nicht so aus, als ob der Auktionsmarkt 2020 große Einbußen hinnehmen müsste. Die jüngsten Erfolge reichen von einem Dinosaurierskelett bis hin zu Spitzenpreisen für Banksy. Ausgerechnet ein Tyrannosaurus rex führte bei Christie’s Anfang Oktober die Auktion „20th Century“ an. Mit 26 Millionen Euro schlugen die 188 Dinoknochen alle Preisrekorde für Fossilien. Dennoch wurde das 67 Millionen Jahre alte Skelett von einem 1969 entstandenen Gemälde des US-Malers Cy Twomblys noch um 3,5 Millionen Euro überboten.

Scan eines Skeletts eines Tyrannosaurus Rex
Christie’s
Auch Fossilien erzielen Auktionsrekorde. Das Tyrannosaurus-rex-Skelett „Stan“ erzielte 26 Mio. Euro

In der Sparte der Zeitgenossen sahnten Bilder von Banksy besonders ab. Bereits 550 Werke des unbekannten Briten kamen 2020 unter den Hammer, darunter sechs seiner insgesamt zehn höchsten Zuschläge. Zum Spitzenreiter schwang sich das Ölbild „Show Me The Monet“ von 2005 auf. Banksys Ansicht von der Brücke in Claude Monets berühmtem Garten spülte bei Sotheby’s 8,4 Millionen Euro in die Kassen. Der Gag: Im Teich des teuersten Impressionisten schwimmen kaputte Einkaufswagerln neben den Seerosen.