Kontrollfahrt eines Polizeifahrzeuges in Wien
Reuters/Leonhard Foeger
Anti-Terror-Pläne

Opposition skeptisch bis zurückhaltend

Die Pläne der Regierung für ein umfassendes Anti-Terror-Paket mit teils harten Maßnahmen haben bei der Opposition für gemischte Reaktionen gesorgt. Die SPÖ betonte, die aktuelle Rechtslage hätte zur Verhinderung des Anschlags in Wien gereicht. Die FPÖ gab sich teilweise zustimmend, forderte aber weitergehende Schritte. NEOS ortete „Überschriftenpolitik“. Zudem mahnten alle Parteien Aufklärung des Terroranschlags ein.

Die SPÖ sprach am Mittwoch von einer „Kette von Fehlern im Verantwortungsbereich des Innenministers, die so nicht hätte passieren dürfen“, so Vizeklubchef Jörg Leichtfried. Innenminister Karl Nehammers (ÖVP) Kritik an der Justiz kurz nach dem Anschlag wertete die Partei angesichts der Behördenfehler als „Ablenkungsmanöver“. Die Partei forderte stattdessen „lückenlose Aufklärung“ und kündigte eine dringliche Anfrage an den Innenminister an. Außerdem hat die SPÖ bereits den Nationalen Sicherheitsrat einberufen.

Bezüglich des Anti-Terror-Pakets will die Partei abwarten: Wenn vonseiten der Regierung konkrete Vorschläge für Gesetzesänderungen vorlägen, werde man diese bewerten. Betont wurde aber auch, dass die aktuelle Gesetzeslage gereicht hätte, um den Terroranschlag in Wien zu verhindern.

Regierung plant Anti-Terror-Paket

Nach dem Terroranschlag in Wien hat die Regierung am Mittwoch ein umfassendes Anti-Terror-Paket präsentiert.

FPÖ will schärfere Maßnahmen

Aufklärung bezüglich des Anschlags am 2. November forderte auch die FPÖ. Sie reagierte zudem bereits mit konkreten Vorschlägen für eine Verschärfung des geplanten Pakets: So würde die Partei die angedachte „Ergänzung der Straftatbestände zur effektiven Bekämpfung des religiös motivierten politischen Extremismus (politischer Islam)" zu einem generellen Verbot des politischen Islams ausbauen, inklusive eines Verbots verschiedener Vereinigungen wie den Muslimbrüdern, Milli Görüs oder ATIB.

Zudem sollte laut Kickl verurteilten Terroristen nicht nur – wie geplant – die Doppelstaatsbürgerschaft entzogen werden können, sondern auch die reguläre Staatsbürgerschaft – auch wenn die Person dann staatenlos wird. Als „nicht zu Ende gedacht“ bezeichnete er die elektronische Überwachung via Fußfessel – diese könne einen Schusswaffenangriff nicht verhindern. Zudem forderte er den Ausschluss von bedingten Haftentlassung bei Terrorurteilen. Auch die Sonderregeln für Jugendstrafen sollen laut FPÖ nicht mehr zum Tragen kommen.

NEOS will erst „lückenlose Aufklärung“

NEOS reagierte auf das vorgestellte Paket mit Unverständnis: „Bevor wir aber über weitere Schritte und schärfere Maßnahmen sprechen, muss der Anschlag lückenlos und unabhängig aufgeklärt werden. Das muss oberste Priorität haben.“ Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) habe im Vorfeld des Terroranschlags „massiv“ versagt, schuld daran sei die ÖVP: „Es war die ÖVP, die seit 20 Jahren ausgerechnet in der Abteilung Parteipolitik sehr erfolgreich betrieben hat, die für unsere Sicherheit zuständig ist. Und genau deshalb saßen zu oft die Loyalsten, nicht aber die Besten an den Hebeln.“

ÖVP-Innenminister Nehammer im Interview

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) steht wegen des Versagens des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung im Vorfeld des Wiener Attentats in der Kritik. Er ist zu Gast in der ZIB2.

Die Regierung wolle nun von ihrem eigenen Versagen ablenken. Nun gelte es, rasch für Aufklärung zu sorgen. NEOS fordere „ein Ende der Vertuschung“ und die Einrichtung einer „wirklich unabhängigen Untersuchungskommission“ zu dem Anschlag, bei der die Opposition den Vorsitz nominiere.

Plan mit weitreichenden Vorhaben

Die Regierung hatte am Mittwoch einen zahlreiche Punkte umfassenden Plan zur Bekämpfung von Terrorismus präsentiert. Dieser enthält teils weitreichende Vorhaben, die noch kontrovers diskutiert werden dürften. Vorgesehen ist unter anderem, dass potenzielle terroristische Gefährder in den Maßnahmenvollzug kommen und damit bis zur Deradikalisierung eingesperrt werden können. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) dazu: „Wenn ein geistig abnormer Rechtsbrecher lebenslang weggesperrt werden kann, wenn er eine Gefahr darstellt, kann auch ein Terrorist lebenslang weggesperrt werden.“

Vorgesehen ist außerdem die vorbeugende elektronische Überwachung entlassener Gefährder, etwa durch eine Fußfessel oder ein Armband. Weitere Punkte umfassen die Möglichkeit zur Aberkennung der österreichischen Staatsbürgerschaft nach einer Terrorverurteilung, Führerscheinentzug und strengere Waffengesetze, etwa ein lebenslanges Waffenverbot bei Terrorurteil.

Handhabe gegen „politischen Islam“

Zudem soll ein „explizites strafrechtliches Verbot des politischen Islam in Österreich“ kommen, so Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP). Wie genau dieses ausgestaltet werden soll, ließ sie offen. Mehr Handhabe soll es jedenfalls bei der Schließung von extremistischen Vereinen und Kultusstätten sowie bei der Verhinderung von extremistischen Predigten geben.

Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP), Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) und Justizministerin Alma Zadic (Grüne)
APA/Herbert Neubauer
Die Regierung präsentierte die Pläne eine Woche nach dem Anschlag

Zudem sollen die Zuständigkeit von Staatsanwaltschaften und Gerichten für Terrorismusstrafsachen gebündelt werden. Geplant ist auch der Ausbau von Deradikalisierungsmaßnahmen und entsprechenden Bereichen in Haftanstalten. Ein weiterer Punkt der Reform ist – nach den bekanntgewordenen Ermittlungs- und Kommunikationspannen – der Umbau des Verfassungsschutzes. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP), dessen Familie wegen islamistischer Drohungen unter Polizeischutz gestellt werden musste, versprach die Trennung des nachrichtendienstlichen vom staatspolizeilichen Teil des BVT.

Erstes Gesetzespaket bis Dezember

Ein erstes Gesetzespaket soll bis Anfang Dezember von den zuständigen Ressorts ausgearbeitet und einem Begutachtungsverfahren unterzogen werden. Auch die Ergebnisse der nach dem Terroranschlag in Wien bzw. den Ermittlungspannen im Vorfeld angekündigten Untersuchungskommission sollen in die Umsetzung dieses Maßnahmenpaketes einbezogen werden. Die Maßnahmen sollen so gestaltet werden, dass sie mit der europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar sind.