Sassoli: Hunderte Fälle im EU-Parlament in letzten Wochen

Im EU-Parlament hat es in den vergangenen Wochen Hunderte Ansteckungen mit dem neuartigen Coronavirus gegeben. „Zwischen Abgeordneten, Mitarbeitern und Personal des Parlaments – allein am vorletzten Wochenende hatten wir 171 Ansteckungen“, sagte Parlamentspräsident David Sassoli heute in Brüssel. Vor diesem Hintergrund verteidigte er die weitgehenden Einschränkungen des Parlamentsbetriebs.

Die europäische Volksvertretung hatte ihre Aktivität wegen der zweiten Welle seit Mitte Oktober erneut heruntergefahren. Die geplanten Plenarsitzungen in Straßburg wurden abgesagt und stattdessen in deutlich reduziertem Umfang in Brüssel abgehalten. Abgeordneten wurde abgeraten, nach Brüssel zu reisen. Für Wortmeldungen während der Plenarsitzung sollten sie stattdessen von den Verbindungsbüros in den Mitgliedsstaaten aus per Video zugeschaltet werden.

Anwesenheitsregister geschlossen

Ende Oktober griff die Verwaltung zusätzlich zu einem finanziellen Instrument: Sie schloss das zentrale Anwesenheitsregister, in dem sich die Abgeordneten an Ort und Stelle im Parlament eintragen müssen, um eine ihnen zustehende Tagespauschale von 323 Euro zu erhalten. Wenn sie sich nicht eintragen können, erhalten sie kein Geld und haben deshalb auch keinen Anreiz, trotz allem nach Brüssel zu kommen.

Bei manchem Abgeordneten traf das auf Missfallen. Der deutsche CSU-Abgeordnete Markus Ferber etwa warf Sassoli vor, die „Arbeit des Parlaments zu behindern“. Als Parlamentspräsident genieße er ja weiterhin alle Privilegien, etwa einen Fahrer, während die einfachen Abgeordneten den öffentlichen Nahverkehr nutzen müssten.

Warnung vor „vollständiger Schließung des Parlaments“

Sassoli verteidigte die Schließung des Anwesenheitsregisters als notwendige Maßnahme und verwies auf die hohen Ansteckungszahlen. Der Betrieb müsse reduziert werden, „andernfalls droht eine vollständige Schließung des Parlaments“, warnte der Italiener. Das Präsidium habe deshalb einstimmig diese Entscheidung getroffen, die natürlich auch wieder rückgängig gemacht werden könne. Vorerst gilt der Beschluss bis Ende November.

Zur Gesamtzahl der internen Coronavirus-Ansteckungen erklärte eine Parlamentssprecherin, keine Angaben machen zu können. Die Ende Oktober festgestellten 171 Fälle seien „das Ergebnis bedeutender Bemühungen zur Rückverfolgung von Kontakten, um interne Übertragungsketten zu vermeiden“. Die Mehrheit der positiven Fälle sei asymptomatisch. Zuletzt sei die Zahl der erwiesenen Ansteckungen wieder rückläufig gewesen.