Xbox Series X und Playstation 5
Microsoft; APA/AFP/Sony Interactive Entertainment Inc (Montage)
Neue Konsolenära

Spielend durch den Lockdown

Egal ob mit oder ohne Lockdown: Im trüben Herbst werden viele mehr Zeit auf dem Sofa verbringen, und genau diese wird nun versüßt. Denn die neue Konsolengeneration erobert endgültig die Wohnzimmer. Microsofts neue Xbox-Modelle Series X und S sind bereits auf dem Markt, am Donnerstag zieht auch in Europa Sony mit der PlayStation 5 (PS5) nach. Damit wird nach sieben Jahren eine neue Konsolenära eingeläutet, die mit Verheißungen beginnt. Nicht nur für die CoV-Zeit, sondern vor allem darüber hinaus.

Andere Zeiten, andere Sitten: Im Herbst 2013 waren Massenaufläufe und Menschentrauben noch ganz normal, und zu diesen kam es dann auch, als die PlayStation 4 und die XBox One erschienen. Weltweit harrten in zahlreichen Städten Tausende stundenlang vor Elektronikgeschäften aus, um die heiß ersehnte Konsole zu ergattern.

Solche Bilder und der Hype vor den Geschäften bleiben heuer freilich aus. Der Verkauf der neuen Konsolengeneration findet pandemiebedingt ohne großes Tosen vor allem online statt. Und das nicht unbedingt reibungslos: Sowohl PS5 als auch die neuen Xboxen waren nicht nur lange vor dem Verkaufstermin, sondern auch rund um den Release vielerorts ausverkauft. Auch in den USA, wo die PS5 bereits eine Woche früher als in Europa erschien, müssen sich viele Spielerinnen und Spieler noch in Geduld üben. Glücklich also, wer vorbestellen konnte.

Menschen stehen 2013 in Paris an, um eine Playstation zu kaufen
APA/AFP/Joel Saget
Heuer nicht: Menschenauflauf in Paris zum PS4-Release im Jahr 2013

Ein Raumschiff auf Parkplatzsuche

Früher oder später werden allerdings alle Kaufwilligen eine PS5 ergattern. Diese fällt zuallererst mit ihrem eigenwilligen Design auf, das irgendwo zwischen Router und Raumschiff liegt. Schönheit liegt bekanntlich im Auge des Betrachters, zum praktischen Problem können allerdings die Dimensionen der PS5 werden: Sie ist die mit Abstand größte (und am eigenwilligsten geformte) Konsole in der jüngeren Videospielgeschichte, die Platzsuche im Wohnzimmer könnte damit durchaus zur Herausforderung werden.

Playstation 5 Versionen mit Kontroller
Sony Interactive Entertainment Inc.
Die Variante mit Blu-ray-Laufwerk beult aus

Die PS5 erscheint in zwei Versionen: einmal in der regulären (500 Euro) und einmal ohne Blu-ray-Laufwerk, also nur für Download-Spiele (400 Euro). In der Verwendung dürfte die Konsole laut Vorabtests einige Ärgernisse des Vorgängers ausmerzen. Die Ladezeiten sind kürzer, dem User-Interface wurde eine Frischzellenkur verpasst, zudem hat die PS5 nicht mehr die laubbläserartige Lautstärke, die ihre Vorgängermodelle mitunter erreichen konnten. Optisch verspricht Sony flüssiges Spielen in 4-K-Auflösung mit bis zu 120 Bildern pro Sekunde sowie mehr Details, Realismus und Reflexionen durch die Technologie Raytracing.

Als wahrer Star der PS5 wird bisher aber der Controller gelobt. Dieser orientiert sich in seinem Layout am Vorgänger, ist insgesamt aber größer, ergonomischer und haptischer. Herzstück ist aber das Feedback, das er liefert: Viele kleine Vibrationsmotoren bringen den Controller ordentlich in Bewegung und transportieren so im besten Fall das Spielgeschehen im wahrsten Sinne des Wortes spürbar in die Hand: Wenn der Wind geht, zieht der Controller; wenn Regentropfen fallen, pocht es. Was dabei möglich ist, zeigt Sony gleich im mitgelieferten Spiel „Astro’s Playroom“, das quasi eine spielbare Leistungsschau des Controllers ist.

PS5-Controller
APA/AFP/Yelim Lee
Das Spiel spüren: Der PS5-Controller verspricht genau das

Die Xbox als zuverlässiges Arbeitstier

Während der PS5-Langzeittest noch bevorsteht, muss sich die neue XBox-Serie bereits im Echtbetrieb behaupten. Die beiden Konsolen Series X (500 Euro) und S (300 Euro) sind seit dem 10. November auf dem Markt. Wie bereits der Preis suggeriert, gibt es eine leistungsstärkere und eine kleinere und abgespeckte Variante. Letztere ist auf eine Bildausgabe von 1440p ausgelegt und zielt auf jene ab, die auch mit weniger Leistung auskommen.

Xbox Series X
Reuters/Red Robots Mediagrab
Der Gegenentwurf zum PS5-Design: Die Xbox Series X setzt auf nüchterne Klarheit

Der „große Bruder“ kommt als schlichter, schwarzer Quader daher, der allerdings mit seinen inneren Werten überzeugen will: Microsoft lockt Spielerinnen und Spieler mit Performance. Auch wenn sich die beiden „Konkurrenzkonsolen“ in Sachen Leistung und Grafikversprechen sehr ähnlich sind, legt Microsoft in gewissen Bereichen am Papier noch ein Schäuflein mehr drauf.

Tests lobten daher bisher vor allem auch das flüssigere und schnellere Spielerlebnis, das sich näher am Erlebnis des Spielens am PC orientiert und auch alten Spielen neuen Schwung gibt. Bei den Controllern hat Microsoft das Design beibehalten und sich auf Feintuning beschränkt. Erste Fazit-Zieher finden: Es wurde wenig neu erfunden, aber viel verbessert.

Noch alles offen

Damit wird allerdings auch ein Problem sichtbar, das die beiden Konsolen gemein haben: Wie viel „NextGen“ tatsächlich in ihnen steckt, kann derzeit noch kaum beurteilt werden. Denn erstaunlicherweise erscheinen beide Konsolen ohne echte Exklusiv-Blockbuster, welche die Leistungsfähigkeit der neuen Konsolen voll zur Schau stellen, das Publikum zwangsläufig in „Team XBox“ oder „Team PlayStation“ teilen und zu einem raschen Kauf verleiten könnten.

Fotostrecke mit 8 Bildern

Screenshot aus „Marvel’s Spider-Man: Miles Morales“
Sony Interactive Entertainment Inc.
Aktuell eines der Vorzeigespiele für die PS5: „Marvel’s Spider-Man: Miles Morales“ (PS4, PS5)
Screenshot aus „Yakuza: Like a Dragon“
Ryu ga Gotoku Studios
„Yakuza: Like a Dragon“ verpasst der Traditionsserie neue Charaktere und ein frisches Spielprinzip (XBox Series, XBox One, PS4, PC)
Screenshot aus „Astro’s Playroom“
SIE Japan Studio
„Astro’s Playroom“ (PS5) will zeigen, was der PS5-Controller kann
Screenshot aus „Gears Tactics“
Microsoft
„Gears of War“-Ableger „Gears Tactics“ setzt auf rundenbasierte Strategie (Xbox Series, XBox One, PC)
Screenshot aus „Bugsnax“
Young Horses
„Bugsnax“ von den „Octodad“-Machern verspricht ein außergewöhnliches Spielerlebnis (PS5, PS4, PC)
Screenshot aus „Demon’s Soul“
Sony Interactive Entertainment
Remakes sind für die Branche mittlerweile das Salz in der Suppe, nun ist der 2009 erschienene Klassiker „Demon’s Souls“ dran (PS5)
Screenshot aus „DIRT 5“
Codemasters
Zum Release ist „DIRT 5“ das einzige Rennspiel für die neuen Konsolen (PS5, XBox Series, PS4, Xbox One, PC)
Screenshot aus „Assassin’s Creed Valhalla“
Ubisoft Montreal
Mit „Assassin’s Creed: Valhalla“ erschien der zwölfte Teil des Franchise. Diesmal sind die Wikinger dran. (PS5, Xbox Series, PS4, Xbox One, PC)

Viele der Spiele, die am Datum der Veröffentlichung verfügbar sind, gibt es entweder für beide Nextgen-Konsolen oder sie können auch auf der Vorgängerkonsole oder dem PC gespielt werden – etwa „Assassin’s Creed: Valhalla“ und „Spider-Man: Miles Morales“. Auch in Zukunft wird es zahlreiche Neuerscheinungen genauso noch für die alte Konsolengeneration geben, sie werden lediglich an das Potenzial von PS5 und XBox Series angepasst. Zudem sind die beiden „Neuen“ abwärtskompatibel, und sowohl Sony als auch Microsoft packen für Onlinemitglieder beim Kauf der neuen Konsole zahlreiche alte Titel mit drauf.

Und doch: Letztlich steht und fällt die Entscheidung für die passende Konsole vor allem aufgrund der neuen Spiele, die da am Horizont locken. Angekündigt sind immerhin schon zahlreiche Titel – angefangen bei obligatorischen („FIFA 21“) und unerwarteten Fortsetzungen („Horizon: Forbidden West“) über Remakes und Remastered-Versionen („GTA V“) bis hin zu hoffentlich innovativen neuen Spielerlebnissen („Cyberpunk 2077“). Das wahre Potenzial der neuen Konsolengeneration wird sich also erst nach und nach entfalten.