Straße im Dorf Schlanders
ORF.at
Lockdown in Südtirol

Geschlossene Schulen und Massentests

„Vom 16. bis zum 22. November 2020 erfolgen die schulischen und didaktischen Aktivitäten der Schulen aller Schulstufen ausschließlich über Fernunterricht.“ Was zuletzt in Österreich ins Zentrum der Covid-Debatte rückte, ist in Südtirol mit einer ab Samstag in Kraft tretenden Verordnung bereits umgesetzt. Die neu beschlossenen Maßnahmen gehen aber weit über Schulschließungen hinaus und umfassen etwa auch Massentests – und von deren Ausgang hängt dann die weitere Vorgangsweise ab.

Hinter den Verschärfungen steht eine zuletzt deutlich eskalierte Coronavirus-Lage und eine damit einhergehende „beträchtliche Überlastung in den Gesundheitseinrichtungen“. In 24 Stunden wurden in der rund 521.000 Einwohnerinnen und Einwohner zählenden autonomen italienischen Provinz 820 Neuinfektionen und neun Todesfälle gemeldet. Wie der Südtiroler Sanitätsbetrieb am Freitag weiter mitteilte, sind damit 9.714 positiv getestete Personen aktiv mit dem Virus infiziert.

Mit der am Donnerstag veröffentlichten Dringlichkeitsverordnung werden die CoV-Maßnahmen nun zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage drastisch verschärft. So wurden erst am vergangenen Wochenende die zuvor für einzelne Gemeinden vorgesehenen Ausgangsbeschränkungen landesweit ausgeweitet. So wie beim Lockdown im Frühjahr ist das Verlassen des Gemeindegebietes seitdem nur mehr in Ausnahmefällen und mit Eigenerklärung erlaubt.

Straße im Dorf Schlanders
ORF.at
So wie im Frühjahr steht in Südtirol das öffentliche Leben erneut still

Test auf „freiwilliger Basis“

Neben der Schließung der Schulen und Kindergärten, bei der lediglich Ausnahmen für Personen „in essenziellen Diensten oder systemrelevanten Berufen“ in Aussicht gestellt werden, gibt es nun auch verschärfte Auflagen für Gewerbetreibende und deren Mitarbeiter. Neben verstärkten Maßnahmen zur Reinigung und Desinfektion von Arbeitsplätzen tritt die bereits vom Frühjahr bekannte 1/10-Regel (ein Mitarbeiter pro zehn Quadratmeter, Anm.) in Kraft.

Allerdings wird nun ohnehin ein Großteil „aller wirtschaftlichen Tätigkeiten ausgesetzt“ – und für die verbliebenen Ausnahmen gilt, dass nur mehr arbeiten darf, wer an den „vom Landesgesundheitsdienst organisierten Corona-Screenings teilnimmt“.

Konkret sieht die neue Verordnung auch vor, „ab dem 20. November 2020 bei der gesamten Bevölkerung des Landes auf freiwilliger Basis Antigen-Tests durchzuführen“. Der Verweis auf Freiwilligkeit erscheint für Unternehmer allerdings relativ. Denn „lehnt ein Unternehmen ab, muss es die Tätigkeit einstellen. Lehnt ein Mitarbeiter ab, ist dieser zu suspendieren“, wie das Nachrichtenportal Südtirol Online (Stol) dazu den Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) zitiert.

Teststraßen werden aufgebaut

Schließlich hängt vom Ausgang der Testreihe auch ab, ob, und wenn ja in welchem Umfang, die CoV-Maßnahmen verlängert werden. Eine Verlängerung droht dabei nicht nur, „falls es die epidemiologische Situation erfordert“, sondern auch, „falls es der Umfang der Beteiligung am Screening auf Landesebene (…) nicht ermöglicht, eine Bewertung der epidemiologischen Situation vorzunehmen“.

Covid-Teststraße
ORF.at
Der Aufbau der Teststraßen hat in einigen Gemeinden, wie hier im Vinschgauer Schlanders, bereits begonnen

In Summe sind rund 350.000 Menschen und damit um die 70 Prozent der Südtiroler Bevölkerung zur Teilnahme an den Schnelltests aufgerufen. Offenbleibt, wie viele ab 20. November dann auch zu den derzeit im Aufbau befindlichen Teststraßen kommen.

Da positiv getesteten Personen wohl eine sofortige Quarantäne droht, wurde im Vorfeld bereits darüber spekuliert, dass sich zu wenige Menschen freiwillig testen lassen. Bisher war dafür ein positiver PCR-Test nötig, wie das Nachrichtenportal Salto erinnert: Nun wolle die Landesregierung in Absprache mit der Regierung in Rom aber erreichen, dass für die bei der Testreihe positiv Getesteten automatisch die amtlich verordnete Quarantäne samt Krankschreibung erfolgt.

Erklärtes Ziel: „Ping-Pong-Spiel“ unterbrechen

Das sei der „einzige Weg aus der Krise“, sagte dazu der Südtiroler Gesundheitslandesrat Thomas Widmann (SVP). Nur mit umfangreichen Tests könne man diesem zufolge das derzeitige „Ping-Pong-Spiel“ unterbrechen und verhindern, dass auf den Lockdown der nächste Lockdown folgt. Mit den nun gesetzten Maßnahmen hofft Landeshauptmann Kompatscher somit auch auf einen nachhaltigen „Befreiungsschlag“.

Meran in Südtirol
ORF.at
Blick auf die Passerpromenade in Meran

Auf Massentests setzte zuletzt etwa auch die Slowakei. Alle über zehn Jahre alten Bewohner des 5,5 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner zählenden EU-Landes wurden in den zwei vergangenen Wochenenden zu einem Antigen-Schnelltest aufgerufen, und offenbar ist der Großteil diesem Aufruf auch nachgekommen.

Slowakei informiert Österreich

Die Regierung in Bratislava zog jedenfalls eine zufriedene Bilanz der auch international bisher beispiellosen Aktion. Allein am ersten Wochenende seien den Regierungsangaben zufolge mehr als 38.000 positiv Getestete, die sonst unentdeckt die Infektion weiterverbreitet hätten, in Quarantäne geschickt worden.

So wie nun in Südtirol war auch in der Slowakei die Teilnahme formell freiwillig. Für alle, die kein negatives Testergebnis vorweisen können, gilt allerdings eine rigorose Ausgangssperre, von der selbst der Weg zur Arbeit nicht mehr ausgenommen ist.

Interesse an der Vorgangsweise gibt es offenbar auch in Österreich. Einem Agenturbericht zufolge hätten sich am Donnerstag ranghohe Mitarbeiter des Bundeskanzleramts sowie des Verteidigungs- und Gesundheitsministeriums von ihren slowakischen Kollegen über die Massentests informieren lassen. Es sei um die Vorbereitung, Organisation und den Effekt der Maßnahme gegangen, sagte die slowakische Gesundheitsstaatssekretärin, Jana Jezikova, am Freitag in Bratislava laut Nachrichtenagentur TASR.

Auch Kampanien und Toskana nun rot

In Italien wächst unterdessen die Zahl der als rot eingestuften und damit mit verschärften CoV-Maßnahmen betroffenen Gebiete. Wie Gesundheitsminister Roberto Speranza nach Angaben der Nachrichtenagentur ANSA am Freitagabend mitteilte, gilt ab Sonntag auch für Kampanien und Toskana die höchste CoV-Warnstufe. So wie in der Provinz Südtirol gilt diese bereits für die Regionen Kalabrien, Lombardei, Piemont und Aostatal.

Ausschlaggebend für die Einstufung ist die Reproduktionszahl, neben einem roten umfasst die italienische CoV-Ampel noch ein oranges sowie ein gelbes Szenario. Letzteres gilt nur noch für die Regionen Latium, Venetien, Molise, Sardinien und die zur Region Trentino-Südtirol gehörende autonome Provinz Trient.

Italienweit lag der R-Wert zuletzt bei 1,7, was dafür steht, dass ein Infizierter etwa 1,7 weitere Menschen ansteckt. Italiens Regierungschef Giuseppe Conte äußerte sich angesichts der zuletzt getroffenen Maßnahmen vorsichtig optimistisch und hofft auf einen bald sinkenden Reproduktionswert.

Italienweit über 40.000 neue Fälle

Die am Freitagabend veröffentlichten Zahlen sorgen allerdings erneut für Ernüchterung: Nach Angaben des Gesundheitsministeriums gibt es innerhalb von 24 Stunden über 40.000 neu registrierte Coronavirus-Fälle. Am Vortag waren es 37.978. Gesunken ist die Zahl der im Zusammenhang mit einer CoV-Infektion in 24 Stunden gemeldeten Todesfälle – mit 550 (Donnerstag 636, Anm.) bleibt aber auch diese Zahl weiter auf hohem Niveau.