Kinder mit Schultaschen auf dem Rücken
APA/Barbara Gindl
Wie im Frühjahr

Handel und Schulen könnten schließen

Angesichts der weiter sehr hohen Zahl an CoV-Neuinfektionen kommen auf Österreich weitere Verschärfungen zu. Bekanntgeben wird sie die Regierung am Samstag. Gerechnet wird mit weiteren Einschränkungen im Handel. Aber auch eine Ausweitung des Fernunterrichts für alle Schülerinnen und Schüler steht im Raum.

Freitagabend war offiziell, was bereits zuvor informell kursiert war: Samstagnachmittag werden Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) und Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) weitere „Maßnahmen“ bekanntgeben, „um die Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern“. Am Abend soll dann noch eine weitere Pressekonferenz mit Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP), Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) und ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann mit „weiteren Details aus ihren Bereichen“ folgen.

Was genau die Regierung am Samstag verkünden wird, war am Freitag noch Inhalt von Spekulationen, Vermutungen und informellen Informationen – wenngleich alle Zeichen auf einen harten Lockdown bereits in der nächsten Woche standen. Als wahrscheinlich galt, dass ein Großteil des Einzelhandels ebenso schließen muss wie viele Dienstleistungsbetriebe – entsprechend dem ersten Lockdown im Frühjahr. Offen bleiben würden dann nur Geschäfte für den täglichen Bedarf und die Grundversorgung wie der Lebensmittelhandel, Drogerien, Apotheken und Banken.

Dauern könnten diese Schließungen zwei, drei Wochen – um so noch das Geschäft in den Wochen vor Weihnachten zu retten. Damit einhergehen könnte auch eine Ausweitung der nächtlichen Ausgangsbeschränkungen auf den ganzen Tag, wie dem „Kurier“ nach eigenen Angaben „informell bestätigt“ wurde.

Bericht: Homeschooling für alle

Deutliche Einschnitte könnten auch auf einen anderen Bereich zukommen, der bis zuletzt auch in der Regierung heftig diskutierten wurde. So berichtete Freitagnachmittag zuerst der „Standard“, dass eine Umstellung aller Schulstufen auf Homeschooling fix sei. Auch die Kindergärten müssten schließen. Allerdings sollen die Einrichtungen für Kinder mit Betreuungsbedarf offen bleiben. Die Entscheidung soll Freitagnachmittag gefallen sein.

Handel und Schulen könnten schließen

Angesichts der weiter sehr hohen Zahl an CoV-Neuinfektionen gelten baldige Verschärfungen als ausgemacht. Am Samstag dürfte sie die Regierung bekanntgeben. Gerechnet wird mit weiteren Einschränkungen im Handel. Aber auch eine Ausweitung des Fernunterrichts für alle Schüler steht im Raum.

In diesem Fall hätte sich innerhalb der Regierung der Kurs von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) durchgesetzt. Bereits in den vergangenen Tagen war zu hören, dass sich Kurz dafür aussprach, auch jüngere Schülerinnen und Schüler in den Heimunterricht zu schicken. Doch sowohl ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann als auch Gesundheistminister Rudolf Anschober (Grüne) äußerten sich bis zuletzt sehr zurückhaltend zu weiteren Schulschließungen.

Offen blieb am Freitag noch, ob und inwieweit die bisherigen Erkenntnisse der Dunkelziffer-Studie an den Schulen Eingang in die Entscheidung fanden. Per Gurgeltest ließ das Bildungsministerium die CoV-Infektionen an Volksschulen, Mittelschulen und AHS-Unterstufen erheben. Die ersten Ergebnisse für den Zeitraum von 28. September bis 22. Oktober wurden am Freitag präsentiert. In dem Zeitraum waren 40 von 10.000 Probanden positiv getestet worden.

Gegen Empfehlung der Ampelkommission

Die Ampelkommission hatte sich noch Donnerstagabend dafür ausgesprochen, den Unterricht für die unter 14-Jährigen weiterhin an den Schulen abzuhalten. Die Empfehlung, die Kindergärten, Volksschulen sowie die Sekundarstufe I (Zehn- bis 14-Jährige) möglichst lang offen zu halten, bleibe aufrecht, heißt es in dem Beschluss. Die Zustimmung der Kommission fiel dem Vernehmen nach einstimmig aus. Einzig die Verterterin des Bundeskanzleramts dürfte sich enthalten haben.

In der öffentlich geführten Debatte waren ebenso die Stimmen, die sich für ein Offenhalten der Schulen aussprachen, von Tag zu Tag lauter geworden. Nach Kinderärztinnen und -ärzten, IHS und WIFO, der Wirtschaftskammer, NGOs und der Opposition sprachen sich am Donnerstag unter anderen auch Bildungsexpertinnen und -experten, die Industriellenvereinigung, die Arbeiterkammer und die Bundesjugendvertretung dafür aus, den Unterricht so lange wie möglich an den Schulen stattfinden zu lassen.

Zuletzt warnte am Freitag noch einmal die Wiener Ärztekammer vor einer möglichen Schulschließung. Das Spitalspersonal werde die Doppelbelastung der Kinderbetreuung und der Pandemiebekämpfung nicht bewältigen können, hieß es in einer Aussendung. „Unsere Covid-Personalressourcen in den Wiener Gemeindespitälern sind bereits am Limit“, so Vizepräsident Wolfgang Weismüller: „Wir können zwar Intensivbetten umwidmen, aber nicht das dafür notwendige Personal bereitstellen – vor allem nicht, wenn man zu Hause die Kinderbetreuung übernehmen muss.“

Unterschiedliches Vorgehen an Schulen

Aus den Schulen selbst war vor dem Wochenende sehr Unterschiedliches zu hören. Manche Eltern berichteten, dass weder sie noch ihre Kinder Informationen zu möglichen Schließungen erhalten hätten. Zugleich berichteten Elternvertreter der APA, dass an vielen Volksschulen den Kindern bereits am Donnerstag und Freitag sämtliche in den Klassen befindlichen Schulsachen mitgegeben worden seien.

Eltern und Schüler besorgt

Der „Zeit im Bild“ liegen Informationen vor, wonach ab kommender Woche alle Schulen – auch Volksschulen und Unterstufen – in den Fernunterricht wechseln. Auch Kindergärten sollen schließen. Für Eltern und Schüler ist das ein Schlag ins Gesicht.

Auch sei an vielen Schulen in den vergangenen Tagen bereits Material für das Distance-Learning ausgegeben worden – etwa in Deutsch Bücher aus der Schulbibliothek für die Klassenlektüre. Auch den Umgang mit Kommunikationskanälen wie Microsoft Teams hätten die Lehrerinnen und Lehrer vermehrt mit den Schülerinnen und Schülern geübt.

Wirtschaft pocht auf Entschädigung

Bereits zu Wort meldeten sich am Freitag Vertreter des Handels und pochten auf Entschädigungszahlungen durch die Politik. „Sollte es zu einem vollen Lockdown kommen, wäre das für den Handel existenzbedrohend“, so WKÖ-Handelsobmann Rainer Trefelik. Die unterschiedlichen Teile des Handels würden dann „umfangreiche Unterstützung benötigen“, auch weil das wichtige Weihnachtsgeschäft auf dem Spiel stehe.

Der Handelsverband fordert angesichts einer möglichen Verschärfung der Coronavirus-Maßnahmen „gute und rasche“ Hilfen. „Wir befürchten ein Händlersterben von 6.000 Geschäften“, sagte Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will. Der aktuelle „Lockdown light“ habe bereits bei vielen Händlern, etwa im Bereich Textil, Schmuck, Sport und Lebensmittelgroßhandel, zu erheblichen Umsatzeinbrüchen geführt. Diesen Betrieben müsse bereits jetzt besser geholfen werden.

Zu hören war am Freitag, dass innerhalb der Koalition noch über Art und Höhe der Hilfen diskutiert werde. Es wurde aber erwartet, dass die Regierung am Samstag auch dazu informieren werde.