Proteste in Minsk nach Tod von Demonstranten

Nach dem Tod eines regierungskritischen Demonstranten sind gestern Tausende Menschen in der weißrussischen Hauptstadt Minsk auf die Straße gegangen. Sie bildeten Menschenketten und legten Blumen nieder zum Gedenken an den 31-jährigen Roman Bondarenko, der einen Tag nach seiner Festnahme unter ungeklärten Umständen zu Tode gekommen war. Die EU sprach von einem „Skandal“ und drohte Weißrussland mit weiteren Sanktionen.

Die Demonstranten bildeten Menschenketten auf den Hauptverkehrsadern der Stadt. Hunderte Menschen folgten einem Aufruf der Oppositionspolitikerin Swetlana Tichanowskaja und versammelten sich zum stillen Gedenken an Bondarenko am Ort seiner Festnahme. Der Demonstrant sei getötet worden, „weil er in einem freien Land leben wollte“, sagte die im litauischen Exil lebende Tichanowskaja.

Menschen in Minsk gedenken dem verstorbenen Demonstranten.
AP

Der 31-jährige Künstler Bondarenko war am Mittwoch im Zentrum von Minsk festgenommen worden. Anlass war nach offiziellen Angaben ein Streit am Rande einer Demonstration. Zeugen berichteten von Handgreiflichkeiten zwischen Regierungsgegnern und Zivilpolizisten.

Opposition wirft Polizei Misshandlung vor

Bondarenko habe bereits zum Zeitpunkt seiner Festnahme Körperverletzungen aufgewiesen und sei auch alkoholisiert gewesen, teilten die Behörden mit. Auf der Polizeiwache habe sich sein Zustand verschlechtert, und er sei er in ein Krankenhaus eingeliefert worden. Auch dort sei Alkohol in seinem Blut nachgewiesen worden. Am Tag nach seiner Festnahme starb er nach offiziellen Angaben an schweren Hirnschäden.

Anhänger der Protestbewegung warfen den Sicherheitskräften vor, Bondarenko während seiner Festnahme schwer verletzt zu haben. Ein Arzt, der Bondarenko behandelte, wies die Darstellung der weißrussischen Behörden zurück. In Bondarenkos Blut sei „überhaupt nichts“ gefunden worden, sagte der Mediziner, der anonym bleiben wollte, laut der Nachrichten-Website Tut.by.

Der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko erklärte, er habe eine „ehrliche und objektive“ Untersuchung zum Tod des Demonstranten angeordnet. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International äußerte jedoch Zweifel am Aufklärungswillen der Regierung in Minsk.