Geschlossenes Restaurant in Wien
Reuters/Lisi Niesner
Infektionszahlen steigen

Lockdown wie im März zu erwarten

Der Teil-Lockdown seit Anfang November hat die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus zu wenig reduziert. Vor allem die Zahl der Patienten und Patientinnen in den Spitälern nahm rasant zu. Mit Stand Freitag befanden sich rund 3.800 Erkrankte in Spitalsbehandlung, 546 von ihnen auf der Intensivstation. Diese Entwicklung ist nun ausschlaggebend, dass die Regierung härtere Maßnahmen setzen will. Diese sollen am Samstagnachmittag (16.30 Uhr) präsentiert werden.

Erwartet wird, dass voraussichtlich ab Montag oder Dienstag ein harter Lockdown wie bereits im März für zwei bis drei Wochen kommt. Das dürfte die Schließung des Handels und von persönlichen Dienstleistern umfassen. Einkaufen wäre dann auf Lebensmittelgeschäfte, Apotheken, Drogerien und Trafiken beschränkt. Auch Banken und Postfilialen sind offen.

Die jetzt schon in den Nachtstunden geltenden Ausgangsbeschränkungen dürften laut einem Entwurf der Verordnung auf den ganzen Tag ausgedehnt werden. Das heißt, man darf das Zuhause nur verlassen, wenn es dafür einen guten Grund gibt, etwa den Weg zur Arbeit, die Grundbedürfnisse des Lebens wie den Lebenspartner im anderen Haushalt und „einzelne wichtige Bezugspersonen“ zu sehen, Sport und Spazieren oder den Lebensmitteleinkauf.

Warten auf weitere Verschärfungen

Da der seit zwei Wochen geltende Teil-Lockdown nicht die gewünschten Erfolge gebracht hat, bereitet sich Österreich am Samstag auf weitere Verschärfungen vor. Die Regierung tritt am Nachmittag vor die Presse und verkündet vermutlich einen zweiten harten Lockdown.

Ausgangsbeschränkung soll ausgedehnt werden

Eine Ausdehnung des normal üblichen Sortiments etwa in Supermärkten soll nicht möglich sein, twittert der ORF-Journalist Martin Thür aus dem Verordnungsentwurf. Demnach soll im Zuge der Verschärfung der Maßnahmen auch nur ein Besucher oder eine Besucherin pro Woche zu Bewohnern von Pensionistenheimen und zu Patienten in Spitälern, die länger als eine Woche im Krankenhaus sind, kommen. Die Verordnung soll demnach mit Dienstag 0.00 Uhr in Kraft treten und bis 6. Dezember 24.00 Uhr gelten.

Weitere Appelle für offene Schulen

Heftige Debatten hat es in den vergangenen Tagen rund um die Frage von Schulschließungen gegeben. Die Schulen sollen offenbar gesondert geregelt werden. Die Schüler und Schülerinnen der Oberstufe sind ja bereits seit Beginn des Teil-Lockdowns auf Distance-Learning umgestellt. Nun sollen möglicherweise trotz breiten Widerstands von Wirtschafts- und Ärztekammer, NGOs, Opposition, Kinderärzten und Bildungsexperten auch Kindergärten, Volksschulen und Unterstufe nur noch für eine Notbetreuung offen haben.

Noch am Samstag warnte Christoph Klein von der Arbeiterkammer Wien, sollte das Maßnahmenpaket der Regierung Schulschließungen beinhalten, würde das „schwerwiegende Folgen nicht nur für die Kinder und Eltern, sondern auch für die Arbeitswelt und damit die österreichische Wirtschaft“ nach sich ziehen. Man könne von rund einer halben Million Arbeitnehmern ausgehen, die akut Betreuung organisieren müssten. Denn selbst wenn Eltern im Homeoffice sind, bedeute das nicht, dass Kinder automatisch betreut seien. Zuvor hatte schon das WIFO vor „hohen individuellen und gesellschaftlichen Kosten“ bei Schulschließungen gewarnt.

Studie über Dunkelziffer an Schulen

Kommt die Schulschließung, hätte sich der Kurs von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) durchgesetzt. ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann hatte sich der Schließung von Schulen gegenüber eher zurückhaltend gezeigt. Die Ampelkommission hatte sich noch Donnerstagabend dafür ausgesprochen, den Unterricht für die unter 14-Jährigen weiterhin an den Schulen abzuhalten. Die Empfehlung, die Kindergärten, Volksschulen sowie die Sekundarstufe I (Zehn- bis 14-Jährige) möglichst lang offen zu halten, bleibe aufrecht, heißt es in dem Beschluss. Die Zustimmung der Kommission fiel dem Vernehmen nach einstimmig aus. Einzig die Vertreterin des Bundeskanzleramts dürfte sich enthalten haben.

Offen blieb am Freitag noch, ob und inwieweit die bisherigen Erkenntnisse der Dunkelziffer-Studie an den Schulen Eingang in die Entscheidung fanden. Per Gurgeltest ließ das Bildungsministerium die CoV-Infektionen an Volksschulen, Mittelschulen und AHS-Unterstufen erheben. Die ersten Ergebnisse für den Zeitraum von 28. September bis 22. Oktober wurden am Freitag präsentiert. In dem Zeitraum waren 40 von 10.000 Probanden positiv getestet worden.

Eltern klagen über kurze Umstellungszeit

Eine Umstellung der Schulen auf Distance-Learning sei von heute auf morgen unmöglich, warnt der Elternvertreter Joris Gruber in Oberösterreich. Der Wechsel brauche Vorbereitungszeit – mehr dazu in ooe.ORF.at.

Aus den Schulen selbst war vor dem Wochenende sehr Unterschiedliches zu hören. Manche Eltern berichteten, dass weder sie noch ihre Kinder Informationen zu möglichen Schließungen erhalten hätten. Zugleich berichteten Elternvertreter, dass an vielen Volksschulen den Kindern bereits am Donnerstag und Freitag sämtliche in den Klassen befindlichen Schulsachen mitgegeben worden seien.

Bildungspsychologin Spiel über Fernunterricht

Die Schulen stehen also wieder vor einer Sperre. Bildungspsychologin Christiane Spiel erläutert, welchen Effekt das auf die Schüler hat.

Lockdown „für Handel existenzbedrohend“

Bereits zu Wort meldeten sich am Freitag Vertreter des Handels und pochten auf Entschädigungszahlungen durch die Politik. „Sollte es zu einem vollen Lockdown kommen, wäre das für den Handel existenzbedrohend“, so WKÖ-Handelsobmann Rainer Trefelik. Die unterschiedlichen Teile des Handels würden dann „umfangreiche Unterstützung benötigen“, auch weil das wichtige Weihnachtsgeschäft auf dem Spiel stehe.

Der Handelsverband fordert angesichts einer möglichen Verschärfung der Coronavirus-Maßnahmen „gute und rasche“ Hilfen. „Wir befürchten ein Händlersterben von 6.000 Geschäften“, sagte Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will. Der aktuelle „Lockdown light“ habe bereits bei vielen Händlern, etwa im Bereich Textil, Schmuck, Sport und Lebensmittelgroßhandel, zu erheblichen Umsatzeinbrüchen geführt. Diesen Betrieben müsse bereits jetzt besser geholfen werden.

Vbg.: Landesrat will auch Produktionsbetriebe schließen

In dem ebenfalls mit stark steigenden CoV-Zahlen kämpfenden Vorarlberg sorgte der Umweltlandesrat Johannes Rauch (Grüne) mit seinem Vorstoß für Aufregung. Er hatte via Twitter argumentiert, dass bei einer Verschärfung des Lockdowns auch Produktionsbetriebe geschlossen werden müssten.

Für den Vorarlberger Wirtschaftskammer-Präsidenten Hans Peter Metzler ist das der völlig falsche Ansatz – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at. Als vollkommen „weltfremd und unverantwortlich“ bezeichnet IV-Vorarlberg-Präsident Martin Ohneberg die Aussagen Rauchs.