Leere Schultische und -sessel auf dem Gang einer Schule
APA/Roland Schlager
Lockdown II

Was für Schule, Handel und Arbeit gilt

Alle Schulen werden ab Dienstag auf Distance-Learning umgestellt, der Handel wird mit wenigen Ausnahmen schließen, die Arbeit soll möglichst auf Homeoffice umgestellt werden. Details zu diesen Maßnahmen erläuterten ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann, Arbeitsministerin Christine Aschbacher und Finanzminister Gernot Blümel (beide ÖVP) am Samstag in einer gemeinsamen Pressekonferenz.

„Offene Schulen waren unser Ziel, wir müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass in der prekären Situation die Gesundheit Priorität besitzt“, sagte Faßmann. Schulen seien keine Treiber der Infektion, sie seien aber auch nicht frei davon. „Bewahren wir kühlen Kopf“, nahm der Bildungsminister auf die vorausgegangene Debatte über mögliche Schulschließungen Bezug.

Ab Dienstag werden nach den Oberstufen auch die restlichen Schulen auf Distance-Learning umgestellt. Am Montag stehe noch ein normaler Schultag auf dem Programm. An diesem Tag sollen die Schüler mit Lern- und Arbeitspaketen für die kommenden drei Wochen versorgt werden. Außerdem wird erhoben, wer voraussichtlich Betreuung und pädagogische Unterstützung am Standort nutzen will. An den Sonderschulen wird es auch in den kommenden drei Wochen Präsenzunterricht geben.

Pressekonferenz von Bildungsminister Faßmann

ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann erläutert Details zum Lockdown in seinem Bereich.

Betreuung an Schulen und Kindergärten

In den drei Wochen werde es Betreuung und Lernbegleitung in Kleingruppen geben. Das Angebot könne auch nur stundenweise in Anspruch genommen werden, ohne Einschränkung auf Kinder von Eltern in systemrelevanten Berufen. „Alle, die Unterstützung brauchen, sollen sie auch bekommen“, sagte Faßmann. Gerade jene Kinder, die daheim nicht über die nötige Infrastruktur oder Elternunterstützung verfügen, sollten an die Schulen kommen. Faßmann rechnet dabei mit mehr Kindern als im Frühjahr – vermutlich würde das eine „zweistellige Prozentzahl im niedrigen Bereich“ sein.

Auch an den Kindergärten gibt es keine Einschränkung für die Inanspruchnahme der Betreuung. Die Entscheidung darüber würden die einzelnen Haushalte treffen, so Faßmann. Aufgehoben wird allerdings die Kindergartenpflicht für das letzte Kindergartenjahr.

Pressekonferenz mit Arbeits- und Familienministerin Christine Aschbacher, Finanzminister Gernot Blümel und Bildungsminister Heinz Fassmann (alle ÖVP)
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Bildungsminister Faßmann, Finanzminister Blümel und Arbeitsministerin Aschbacher erklären die Maßnahmen ihrer Ressorts

„Neuer Stoff in Maßen“

Im Distance-Learning sollen die Schüler „nicht mit neuen Aufgaben überhäuft werden“, sagte Faßmann. Grundsätzlich solle in den kommenden drei Wochen in allen Fächern und Schulstufen nur das bisher Gelernte vertieft werden. „Neuer Stoff soll nur in Maßen vermittelt werden.“ Tests und Schularbeiten werden bis zur Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts verschoben. Auch danach soll es nicht zu viele Schularbeiten und Tests geben. „Eine sichere Leistungsbeurteilung kann auch etwa durch die Bewertung der Mitarbeit erfolgen“, sagte Faßmann.

Bis zur Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts seien es 14 Schultage. „Wir sind uns sicher, dass bis dahin die Infektionszahlen gesunken sein werden“, sagte Faßmann. Ein konkretes Datum sei ihm wichtig, um den Eltern Planungssicherheit zu bieten und einen „Schwebezustand wie im Frühjahr“ zu vermeiden. Diesmal sei man besser vorbereitet, sagte Faßmann. Die technischen Voraussetzungen seien besser geworden, Lernplattformen Teil des Schulalltags.

Anderer Schulbetrieb ab 7. Dezember

Auch nach der geplanten Rückkehr in den Präsenzunterricht am 7. Dezember werde der Schulbetrieb anders ablaufen als bisher. „Wir werden anders fortsetzen als wir aufgehört haben, aber wir werden fortsetzen“, so Faßmann. Unter anderem werde es für Schüler ab zehn Jahren eine Maskenpflicht auch im Unterricht geben, schulautonom soll Schichtbetrieb möglich sein. Es werde ausreichend FF2-Masken für das Lehrpersonal geben.

„Testen ist wesentlich“

Zum Einsatz sollen auch Antigen-Tests kommen, um Covid-19-Verdachtsfälle an den Schulen möglichst schnell abzuklären. „Testen ist wesentlich“, sagte Faßmann. Hinzu komme ein groß angelegtes, regelmäßiges Monitoring an zufällig ausgewählten Volksschulen, Mittelschulen und AHS-Unterstufen über das ganze Schuljahr, um die Häufigkeit aktiver Infektionen bei Schülerinnen und Schülern und dem Lehrpersonal in ganz Österreich zu erheben.

Auf Versäumnisse bei der Teststrategie an den Schulen wollte sich Faßmann nicht festlegen. So seien etwa die Antigen-Tests, mit denen Infektionen ab einer bestimmten Viruslast schnell erkannt werden können, erst seit Kurzem auf dem Markt. „Selbstkritisch, aber auch medienkritisch“ müsse man festhalten, dass die Infektionszahlen erst in den vergangenen beiden Wochen dramatisch gestiegen seien – das habe man schwer vorhersehen können.

20 bis 60 Prozent für Handel

Blümel ging in seiner Stellungnahme auf die Hilfen für die Schließungen des Großteils der Handelsbetriebe und der bisher noch offenen Dienstleister ein. Die Kosten für Entschädigungen der betroffenen Betriebe würden sich im Vergleich zum „Lockdown light“ auf schätzungsweise drei Milliarden Euro verdoppeln, so Blümel. Dazu kommen aber noch Entschädigungen für Zulieferer, die noch nicht abschätzbar seien.

Während „körpernahe“ Dienstleister, die jetzt schließen müssen, etwa Friseure oder Tätowierer, wie die Gastronomie und die Hotellerie für den November 80 Prozent des Vorjahresumsatzes als Entschädigung erhalten, sollen die Handelsbetriebe nur gestaffelt 20 bis 60 Prozent des Vorjahresumsatzes erhalten.

Pressekonferenz von Finanzminister Blümel

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) erläutert Details zum Lockdown in seinem Bereich.

Der Handel könne einen Teil des verlorenen Umsatzes später wieder nachholen, die Dienstleister hingegen nicht, „deshalb empfiehlt der Verfassungsdienst, eine Differenzierung vorzunehmen“, sagte Blümel. Handelsbetriebe mit verderblicher oder von der Saison abhängiger Ware würden 60 Prozent des Vorjahresumsatzes bekommen, wer wie der Möbelhandel auf Nachholeffekte hoffen kann, nur 20 Prozent. Die genauen Zuordnungen müssen noch getroffen werden.

Der Umsatzersatz für die Lockdownzeit soll wegen der Verlängerung bis inklusive 6. Dezember auch für die ersten Dezember-Tage beantragt werden können, sagte Blümel. Anträge sollen ab dem 23. November möglich sein. Um die nötigen Anpassungen vornehmen zu können, werden aber bis dahin keine Anträge möglich sein. Bisher seien 30.000 Anträge für 900 Millionen Euro Umsatzersatz eingereicht worden, davon könnten 800 Millionen Euro „in den nächsten Tagen“ ausbezahlt werden.

Neues Modell für Fixkostenzuschuss

Abgesehen vom Umsatzersatz stellte Blümel den Unternehmen auch die Möglichkeit in Aussicht, für den Herbst Fixkosten erstattet zu bekommen. Ein Fixkostenersatz von bis zu 800.000 Euro, wie er von der EU-Kommission schon lange genehmigt ist, soll ab 23. November beantragt werden können. Zusätzlich verhandelt Blümel weiter mit der EU-Kommission über ein anderes Modell für den Fixkostenzuschuss, das den Unternehmen bis zu drei Millionen Euro Unterstützung bringen soll. Hier seien aber die Verhandlungen schwierig. Jedenfalls reiche die Überschreitungsermächtigung im Budget 2020 von 28 Milliarden Euro, um die Kosten für die CoV-Hilfen zu bezahlen.

Kurzarbeit und Homeoffice

Zur Sicherung der Arbeitsplätze werde die Kurzarbeitsbeihilfe „auf bewährte Weise beantragt und bewilligt“, sagte Aschbacher in ihrer Stellungnahme. Dabei könne die Arbeitszeit bis auf null Prozent reduziert werden. 80 bis 90 Prozent des Gehalts würden ersetzt. Die Anträge dafür könnten rückwirkend bis zum Ende des Lockdowns gestellt werden. „Nutzen Sie die Kurzarbeitsregelung“, appellierte Aschbacher.

Pressekonferenz von Arbeits- und Familienministerin Aschbacher

Arbeits- und Familienministerin Christine Aschbacher (ÖVP) erläutert Details zum Lockdown in seinem Bereich.

Wer von zu Hause arbeitet, ist laut Aschbacher bis Ende März 2021 unfallversichert und bekommt weiterhin die Pendlerpauschale erstattet. Darüber hinaus stelle das Arbeitsministerium auf seiner Website zwei Leitfäden für Betriebe und Beschäftigte zum Thema „Ergonomisches Arbeiten im Homeoffice“ und mit organisatorischen Spielregeln für Homeoffice und mobiles Arbeiten zur Verfügung.

Bis zu vier Wochen Sonderbetreuungszeit

Die Betreuung an Schulen und Kindergärten sei gewährleistet, sagte Aschbacher. Wenn es dennoch zu Schließungen kommen sollte oder Kinder in Quarantäne geschickt werden müssten, können die berufstätigen Eltern eine Freistellung von bis zu vier Wochen in Anspruch nehmen. Auch flexible Zeiten seien dabei möglich. Voraussetzung für diese Sonderbetreuungszeit sei, dass trotz allen Bemühens keine alternativen Betreuungsstrukturen zur Verfügung stehen. Die Arbeitgeber bekommen 100 Prozent des Gehalts refundiert.

Auch Aschbacher sagte, das Gesundheitssystem sei „zurzeit vollkommen ausgelastet. Das müssen wir jetzt ernst nehmen.“ Die Minister hätten es sich nicht leicht gemacht. Es gehe darum, so schnell wie möglich durch die Pandemie zu kommen, deshalb brauche es die Lockdown-Maßnahmen. Sie verstehe die Sorgen der Menschen aus eigener Erfahrung, sagte Aschbacher: „Wir sind nicht nur Politiker.“ Aber: „Wir befinden uns in einer Ausnahmesituation.“