Rebellen in äthiopischer Region Tigray greifen Eritrea an

Im Zuge ihrer Kämpfe mit äthiopischen Regierungstruppen haben Rebellen aus der äthiopischen Konfliktregion Tigray auch Einrichtungen im Nachbarland Eritrea mit Raketen angegriffen. Ziel der Angriffe sei der Flughafen der Hauptstadt Asmara gewesen, teilte der Chef der Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF), Debretsion Gebremichael, gestern der dpa per Telefon mit. Von dem Flughafen aus würden Luftangriffe auf die TPLF geflogen.

Die TPLF dominiert die Regierung in Tigray. „Wir kämpfen seit ein paar Tagen gegen die äthiopischen Streitkräfte“, sagte Gebremichael. Die eritreischen Streitkräften kämpften an der Seite der Äthiopier, die den Konflikt mit der Nutzung des Flughafens von Asmara eskaliert hätten. „Also ist Asmara ein legitimes Ziel.“

Grafik zum Konfliktgebiet Tigray
Grafik: APA/ORF.at

Die TPLF sei bereit zu verhandeln, aber zuvor müsse die Regierung ihre Truppen aus Tigray zurückziehen. „Die Leute sind zum Kampf bereit, notfalls mit Stöcken“, sagte Gebremichael.

Hilfsorganisationen warnen vor humanitärer Krise

Äthiopiens Regierung hatte nach Monaten der Spannungen zwischen Addis Abeba und der TPLF eine Offensive gegen die Miliz und Regierungspartei von Tigray begonnen. Über die Lage in der Region ist wenig bekannt, da Internet, Telefonverbindungen und Strom gekappt und Straßen blockiert sind. Der Zugang wurde für Journalistinnen und Journalisten eingeschränkt.

Hilfsorganisationen warnen vor einer humanitären Krise. Angaben der Regierung können kaum unabhängig überprüft werden. In offiziellen Verlautbarungen erwähnt Äthiopien Eritrea nicht, spricht von der Befreiung von Gebieten und wirft der TPLF Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor.

Die TPLF war die dominante Partei in der Parteienkoalition, die Äthiopien mehr als 25 Jahre lang mit harter Hand regierte. Das änderte sich, als Abiy Ahmed 2018 an die Macht kam: Der Ministerpräsident brachte Reformen auf den Weg, entfernte Funktionäre der alten Garde und gründete eine neue Partei, der die TPLF nicht beitrat.

Die TPLF und viele Menschen in Tigray fühlen sich von der Zentralregierung nicht vertreten und wünschen sich größere Autonomie. Unter Abiy, der vergangenes Jahr den Friedensnobelpreis erhielt, haben die ethnischen Spannungen und Konflikte in dem Vielvölkerstaat Äthiopien mit seinen rund 112 Millionen Einwohnern zugenommen.