Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures und SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner
APA/Herbert Neubauer
Hauptausschuss

Opposition stimmte gegen Lockdown

Für den Lockdown ab Dienstag gibt es nun auch parlamentarisch grünes Licht. Der Hauptausschuss stimmte am Sonntag für die Maßnahmen – allerdings ohne die Stimmen der Opposition. Auch die SPÖ, die vor zwei Wochen dem Teil-Lockdown noch zugestimmt hatte, verweigerte nun die Unterstützung. Parteichefin Pamela Rendi-Wagner kritisierte – wie auch NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger – vor allem das Schließen der Schulen. Die FPÖ sprach von „Isolationshaft“.

Der Hauptausschuss musste allerdings nur die Ausgangsregeln und die Bestimmungen für den Veranstaltungsbereich absegnen. ÖVP-Klubobmann August Wöginger zeigte entsprechend wenig Verständnis für die Opposition und warf dieser „verantwortungsloses Verhalten“ vor. Die Opposition habe „aus mir völlig unerklärlichen Gründen der Verordnung nicht zugestimmt“, obwohl es dabei gar nicht um die Schulen gegangen sei. Die SPÖ habe sich hier offensichtlich von der FPÖ anstecken lassen.

Die Situation sei „kritisch und heikel“, „ich weiß nicht, wie viele Hilfeschreie von Ärzen und Pflegepersonal es noch braucht“. Er appelliere noch einmal an die Bevölkerung „zusammenzuhalten und durchzuhalten“, so Wöginger. Die Ausweitung der Ausgangsbeschränkungen sei „drastisch, aber leider notwendig, um unser Gesundheitssystem vor dem Kollaps und damit viele Menschen vor dem Tod zu bewahren“, meinte auch die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer zur APA. Man appelliere an den „Zusammenhalt in dieser schwierigen Zeit“.

SPÖ sieht schon dritten Lockdown

Die SPÖ hatte schon vor der Sitzung angekündigt, dem verschärften Lockdown im Hauptausschuss des Nationalrats nicht zuzustimmen. Rendi-Wagner hält eine „Notbremse“ zwar für notwendig, sie lehnt die Umstellung der Schulen auf Fernunterricht aber ab. „Die Daten zeigen: Schulen zusperren hat wenig Nutzen und sehr große Nebenwirkungen“, kritisierte Rendi-Wagner in einer Pressekonferenz. Außerdem warnte sie vor einem „Blindflug“ der Regierung in einen dritten Lockdown.

„Wenn sich jetzt nichts dramatisch verbessert im Corona-Management der Bundesregierung, dann werden wir kurz nach dem zweiten Lockdown wieder einen Anstieg der Corona-Fälle sehen, so schnell können Sie gar nicht schauen“, warnte Rendi-Wagner vor einem dritten Lockdown. Anstatt der von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in der „Pressestunde“ angekündigten Massentests, die nur eine „Momentaufnahme“ brächten, brauche es systematische Tests bei Risikogruppen in Pflege- und Altersheimen, bei Gesundheitspersonal sowie bei Lehrerinnen und Lehrern, forderte die SPÖ-Chefin.

Lockdown ohne Schulterschluss

SPÖ, FPÖ und NEOS lehnen den harten Lockdown der Bundesregierung ab. Im Hauptausschuss des Nationalrates stimmte die Opposition daher gegen die Lockdown-Verordnung. Insbesondere die Schulschließungen sind für SPÖ und NEOS ein Problem. Die FPÖ warf der Regierung vor, Zwangstests und Zwangsimpfungen vorzubereiten.

Versäumnisse bei Sicherheitskonzepten

Klar abgelehnt wurden von der SPÖ die Einschränkungen im Schulbetrieb. „Zusperren kann jeder, das ist kein großes Kunststück“, sagte Rendi-Wagner und kritisierte, dass die Regierung es über Monate versäumt habe, „kluge Sicherheitskonzepte“ für Schulen auszuarbeiten. Nun drohe den Kindern eine Bildungslücke, die sie wie einen Rucksack ihr Leben lang mitschleppen müssten. Außerdem verwies Rendi-Wagner auf jüngste Daten der AGES, wonach die Infektionshäufigkeit bei den Schülerinnen und Schülern der Oberstufen nach deren Wechsel in den Heimunterricht sogar noch gestiegen ist und in denen die Schulen nicht als „Infektionstreiber“ aufscheinen.

„Es braucht eine Notbremse, aber in keinster Weise notwendig ist es, in Österreich die Schulen zu schließen“, sagte Rendi-Wagner. Weil ÖVP und Grüne im Hauptausschuss eine Mehrheit haben, war die Regierung auf die Stimmen der Opposition freilich ohnehin nicht angewiesen. Rendi-Wagner forderte die Regierung auf, rasch für eine funktionierende Nachverfolgung der Kontaktpersonen von Infizierten zu sorgen: „Das ist Blindflug pur, das ist fahrlässig und verantwortungslos.“

FPÖ kritisiert „Zwangstestungen“ nach „Isolationshaft“

FPÖ-Vizeklubchefin Dagmar Belakowitsch wies den Vorwurf der Verantwortungslosigkeit zurück und warf ihrerseits der Regierung vor, keine Kritik zu dulden. Die Regierungsfraktionen hätten auf Fragen „entnervt“ und „extrem unwirsch reagiert“. „Die Regierung ist viele Antworten schuldig geblieben.“ So habe Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) „wenig Ahnung“ von den von Kurz angekündigten Massentests für die ganze Bevölkerung gehabt. „Es ist nicht klar, was genau kommen soll. Das ist völlig im Unklaren geblieben“, kritisierte Belakowitsch.

„Zuerst steckt ÖVP-Kanzler Kurz die Österreicher in ‚Isolationshaft‘, dann sollen zwangsweise verordnete Massentestungen folgen, die dann relativ nahtlos in die Zwangsimpfung der Bevölkerung übergehen sollen“, hatte Belakowitsch schon zuvor gemeint. „Der Hauptausschuss war mehr als frustrierend, es gibt keine Diskussionskultur in der Regierung.“ Die Behauptung, dass es keine Alternativen gebe, sehe sie nicht so, denn es gebe immer Alternativen. Konkret forderten die Blauen, dass Schulen und kleine Geschäfte offen bleiben.

NEOS begrüßt Massentests, Nein zu Fernunterricht

NEOS-Parteichefin Meinl-Reisinger begrüßte indes die Pläne für Massenstests. In der ORF-Sendung „Hohes Haus“ sprach sie von einem „wichtigen Schritt“, es sei immer klug zu schauen, was andere Länder besser machen.

Meinl-Reisinger: „Ja zum Lockdown, aber Nein zu Schulschließungen“

Scharfe Kritik zu den CoV-Maßnahmen der Regierung kam von der Opposition. Gast im Studio war dazu die Parteivorsitzende von NEOS, Beate Meinl-Reisinger.

Indes bekräftigte sie ihre Kritik an der Umstellung der Schulen auf Fernunterricht. Sie gehe davon aus, dass sich Betroffene deshalb an den Verfassungsgerichtshof wenden werden. Sie hoffe zwar, dass nun vieles besser funktionieren werde als im Frühjahr. Dass nun Betreuung und pädagogische Unterstützung für Kinder, die das brauchen, angeboten werde, reiche aber nicht.

„Ja zum Lockdown, aber Nein zu Schulschließungen“, so Meinl-Reisinger. Sie bekräftigte, dass NEOS im Hauptausschuss Sonntagabend dem Paket nur ohne Schulschließungen zustimmen werde. NEOS sei zum Schulterschluss bereit, aber die Regierung reiche nicht die Hand.

Die ÖVP wiederum kritisierte die Haltung der Opposition: SPÖ, FPÖ und NEOS würden „ausgerechnet in dieser heiklen Phase der Pandemie jegliche Vernunft vermissen lassen“, so ÖVP-Generalsekretär Axel Melchior. Die „Rendi-Meinl-Kickl-Allianz“ werde mit ihrem „Verweigerungshaltung“ ein „fatales Signal an die Bevölkerung aussenden“.