Menschen stehen vor einem Geschäft in Wien Schlange
APA/Roland Schlager
Tag vor Lockdown

Im Handel war „auf jeden Fall mehr los“

Der Tag vor Inkrafttreten des von der Regierung am Samstag angekündigten Lockdowns ist für den heimischen Handel durchaus turbulent verlaufen – ein im Vorfeld befürchtetes Chaos blieb aber aus. Schlangestehende Menschen gab es am Montag vereinzelt dennoch. Und nach den Worten eines Wiener Verkäufers war am Tag vor dem Lockdown „auf jeden Fall mehr los“.

Der Hintergrund erscheint naheliegend, ist für den Großteil der Geschäfte doch seit Montag 19.00 Uhr bis 6. Dezember Ladenschluss – vorausgesetzt an diesem Tag werden die nun in Kraft tretenden Verschärfungen tatsächlich wieder gelockert. So wie am Samstag lockte der heimische Handel nun erneut vielerorts mit großzügigen Rabatten, um wenigstens einen Teil der Ware noch loszuwerden.

Die Branche ist alles andere als homogen: Während der Ansturm in manchen Geschäften enorm war, war anderswo von einem Run keine Rede. So war in Wien die Kärntner Straße Richtung Stephansplatz am Nachmittag bestenfalls mittelmäßig besucht. Vereinzelt bildeten sich aber auch dort Schlangen – etwa vor Mode- und Elektronikgeschäften.

Letzter Einkaufstag vor Lockdown

Am letzten Tag vor dem Lockdown haben viele Menschen letzte Einkäufe getätigt. Zahlreiche Geschäfte haben mit Rabatten gelockt.

„Kurzsichtige Aktion“

Gut besucht, aber auch nicht berstend voll war das Einkaufszentrum an der Landstraße/Wien-Mitte in Wien-Landstraße. Ähnliches galt auch für die Mariahilfer Straße – wo allerdings im Vergleich zu anderen Montagen bereits am Vormittag drei- bis viermal so viele Kunden unterwegs waren. Vor und in manchen Geschäften ging es durchaus turbulent zu – vereinzelt bildeten sich lange Schlangen.

In Erinnerung gerufen wurde damit unweigerlich das Gedränge vor einem Geschäft in der Mariahilfer Straße, das am Samstag für reichlich Debatten sorgte. Eine Schuhhandelskette wollte wohl noch einen Großteil seiner Winterkollektion loswerden und lockte Hunderte von Menschen mit Rabatten von minus 50 Prozent in die Filialen. Hier gebe es nichts schönzureden, teilte die betroffene Schuhkette am Montag mit, es sei eine eine „kurzsichtigen Aktion“ gewesen – mehr dazu in wien.ORF.at.

Reger Betrieb auf Wiener Mariahilfer Straße

Robert Berger (ORF) berichtet am letzten Tag vor dem zweiten Lockdown von der Wiener Mariahilfer Straße.

Frisöre mit ungewohnter Montagsöffnung

„Schuhe waren das neue Klopapier“, merkte der Geschäftsführer eines Einkaufcenters in Klagenfurt dazu an. Verlockend anmutende Rabattaktionen gab es am Montag nun erneut – etwa mit 25 Prozent auf alles bei gleich zwei Möbelketten. Man versuche, die Situation unter Kontrolle zu halten, doch in einzelnen Einrichtungshäusern sei das nicht einfach umzusetzen, hieß es dazu von einer weiteren Möbelkette: Der erneute Lockdown und der Wunsch der Kunden, ihr Zuhause heimelig zu machen, würden die Kapazitäten deutlich übersteigen.

Laut Branchenschätzungen war die Kundenfrequenz in den heimischen Handelsgeschäften und Dienstleistungsbetrieben im Schnitt rund dreimal so hoch wie an normalen Montagen, hieß es vom Landesstudio Steiermark. Ins Auge fielen dort nicht zuletzt die ebenfalls vom Lockdown betroffenen Frisöre, von denen rund 90 Prozent am Montag und somit am klassischen Ruhetag der Branche extra aufsperrten – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Reger Kundenzulauf, aber kein Ansturm

Viel los war auch in der Shopping City Süd (SCS) im niederösterreichischen Vösendorf. Beobachter beschrieben die Situation allerdings als weitaus entspannter als noch am Samstag, als sich vor einzelnen Geschäften Menschenansammlungen gebildet hatten. Auch in anderen Einkaufcentern gab es durchaus regen Kundenzulauf und teilweise auch Staubildung, hieß es dazu vom Landesstudio Niederösterreich nach einem Lokalaugenschein – „von einem Ansturm konnte aber nicht die Rede sein“ – mehr dazu in noe.ORF.at.

Ähnlich die Lage in Kärnten, wo etwa in einem Villacher Einkaufszentrum die anfänglich „sehr gute“ Kundenfrequenz bereits ab Mittag wieder abflaute. Und auch in der Klagenfurter Innenstadt war nach Angaben des Landesstudios kaum mehr los als an normalen Werktagen – mehr dazu in kaernten.ORF.at.

Deutlich mehr Betrieb als üblich gab es in Vorarlbergs Einkaufszentren, Baumärkten und Geschäften. Im westlichsten Bundesland nutzten auch viele Menschen aus der Schweiz den Tag noch für Einkäufe. Bereits am Vormittag kam es rund um Einkaufszentren zu Staus – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at. Auch im Burgenland waren Möbelhäuser und Baumärkte stärker besucht – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

Reserven laut WKÖ „ausgezehrt“

Geht es nach der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), verdeutlichten die zuletzt vom Handel gefahrenen Rabattaktionen indes mehr als, wie hart im Handel um Marktanteile, Umsätze und Liquidität gekämpft werde. „Nach sechs Monaten Krise sind die Reserven aufgezehrt“, so WKÖ-Handelsobmann Rainer Trefelik: Jede Rabattaktion diene dazu, die Frequenz zu steigern.

Blümel zu den Hilfen für den Handel

Finanzminister Gernot Blümel spricht unter anderem über den Ansturm von Kundschaft auf den Handel und von den Entschädigungen für die Wirtschaft.

Im Modehandel müsse bereits jetzt die Saisonware für das Frühjahr bezahlt werden. Trefelik betreibt selbst ein Damenmodengeschäft in der Wiener Innenstadt. Von einem Run könne er weder am Samstag noch am Montag berichten, „ganz und gar nicht“. „Ich habe viele Rückmeldungen von Betrieben, wo das genauso ist. Man muss den Handel sehr differenziert betrachten“, sagte der Branchenvertreter.

„Jeder Tag zählt“

Das Coronavirus-Jahr ist für den Einzelhandel ein zweischneidiges Schwert. Führen Lockdown, Homeoffice und geschlossene Restaurants dazu, dass die Menschen mehr im Supermarkt einkaufen, online bestellen oder ihr Zuhause verschönern, haben die Maßnahmen in anderen Zweigen des Handels genau den gegenteiligen Effekt. Bekleidungs- und Schuhhandel kämpfen schon das ganze Jahr. Ausgefallene Feste und Konzerte machen eine neue Garderobe überflüssig.

Mit Fixkostenzuschuss, Kurzarbeit und Umsatzabgeltung werden die Betriebe am Leben gehalten. „Jeder Tag zählt, die Firmen brauchen das dringend“, sagte Trefelik. Die nächste Hürde steht vor der Tür: In zwei Wochen müssen die Weihnachtsgehälter ausbezahlt werden. Trefelik appelliert auch an die Kundschaft, nicht nur bei Amazon & Co. zu bestellen: Es gebe auch viele heimische Händler mit Onlineshops.