Offenes Fenster
Getty Images/iStockphoto/Nataliia Shcherbyna
Innenräume und CoV

Lüften ist Trumpf, Technik kann helfen

Um die CoV-Ansteckungsgefahr in Innenräumen zu reduzieren, gilt das Mantra: Frischluft, Frischluft und nochmals Frischluft. Das betonten am Dienstag auch Experten, die im Zuge des Innenraumtags zu ausgiebigem Lüften aufriefen. Gerade wo das über Fenster nicht oder nur bedingt möglich ist, können technische Lösungen helfen – aber nicht alle.

Konkret warnte Raumluftexperte Peter Tappler vor Gerätschaften, die eine Reinigung der Luft von Viren und Bakterien versprechen und dazu Desinfektionsmittel vernebeln. Die Versprechen dieser Geräte seien „grenzwertig“, denn Oberflächendesinfektion habe mit der Verminderung von Virenlast in der Luft nichts zu tun.

Eine Anwendung solcher Geräte mit Menschen im Raum könne zur Reizung der Atemwege und anderen Beschwerden führen. Auch von Ozongeräten riet Tappler ab. Andere technische Hilfsinstrumente könnten allerdings dabei helfen, dicke Luft in Innenräumen zu vermeiden – etwa „Lüftungsampeln“, die den CO2-Wert in der Luft messen und mit Hilfe einer Farbskala regelmäßig ans Lüften erinnern.

Frische Luft ist A und O

Denn das Öffnen von Fenstern bzw. die Zufuhr frischer Außenluft über gut gewartete, geeignete Lüftungsanlagen ist das A und O, um das Risiko einer CoV-Ansteckung in Innenräumen zu reduzieren. Diese sind laut dem Umweltmediziner Hans-Peter Hutter ein „ideales Biotop zur Verbreitung infektiöser Partikel“, auch bei CoV: Viren können sich über Aerosole in Innenräumen verbreiten und dort lange verbleiben. Je nach Raumgröße, der Zahl der anwesenden Personen und deren Aktivität und Sprechlautstärke könne damit das Infektionsrisiko steigen.

Während der Einzelne beim Betrieb von großen Hausbelüftungsanlagen – etwa in Großraumbüros – nur wenig Handlungsspielraum hat, kann die Luftzufuhr über Fenster von jedem gefördert werden. Martin Ryba von der Wiener Magistratsabteilung 36 hob dabei die Bedeutung des Stoß- und Querlüftens hervor. Sein Rat: „Alles aufreißen, was geht“. Dabei kommt es auch auf die Regelmäßigkeit an – einmal in der Stunde sollte mindestens gelüftet werden. Empfohlen wird zudem, dass ein Raum auch vor und nach der Benutzung ausreichend belüftet wird.

Offenes Fensterin einer Schule
Reuters/Wolfgang Tarray
Die Lüftproblematik wurde ausufernd am Beispiel der Schulen diskutiert

Dabei gilt es darauf zu achten, dass die Luft nicht zu trocken wird. Denn das begünstigt die Verbreitung von Aerosolen. Auf das richtige Verhältnis von Temperatur und Luftfeuchtigkeit muss also geachtet werden, hierbei können Messgeräte helfen. Werden zusätzlich Ventilatoren zum Lüften eingesetzt, sollte darauf geachtet werden, dass Luftströme nicht über mehrere Personen hinweg verlaufen. Grundsätzlich ist das pure „Umwälzen“ von Luft durch Klimaanlagen oder Umluftgeräte suboptimal. Devise ist immer: Frischluft zuführen.

Mobile Luftreiniger nur Ergänzung

Auch mobile Luftreinigungsgeräte sind durchaus eine Option – aber ebenfalls nur zusätzlich zur Zufuhr von Frischluft. Diese Geräte saugen die Luft an, schicken sie zuerst durch einen gröberen Vorfilter und dann durch einen speziellen Filter, der in der Lage ist, auch Viren weitestgehend aus der Luft zu holen. Sie können damit die Virenlast effektiv reduzieren – aber nur, wenn Filter und Luftreinigungskapazität gemessen an der Raumgröße ausreichend sind.

Luftreiniger könnten den Experten zufolge das Lüften ergänzen, aber nicht ersetzen, hieß es. Zu diesem Schluss kam am Dienstag auch das deutsche Umweltbundesamt in einer Studie zum Einsatz der Geräte in Klassenzimmern. Frischluft und die grundlegenden Hygienemaßnahmen seien nach wie vor die „wichtigste Säule“. Zudem müsse beim Einsatz von Luftreinigungsgeräten beispielsweise in Schulen oder Büros darauf geachtet werden, dass der Lärmpegel stimmt.

Heikle Lage in den Schulen

Bekanntlich hat sich die Frage des Lüftens in den mittlerweile für den Unterricht geschlossenen Schulen als besonders schwierig erwiesen. Gerade in Klassenzimmern gibt es zum einen oft nur an einer Raumseite Fenster, zum anderen ist vor allem im Winter die Außentemperatur ein großes Problem. Dazu kommt der Aspekt der Energieeffizienz – immerhin muss man bei stets geöffneten Fenstern mehr heizen.

„Die saubere Lösung für Schulen wäre der Einbau von Lüftungsanlagen“, so der Umweltmediziner Hutter dazu. Dafür plädierte auch Rainer Pfluger vom Arbeitsbereich Energieeffizientes Bauen von der Universität Innsbruck. Die Lüftungstechnik sei nicht nur in Zukunft bei allen neuen Schulen und bei Sanierungsprojekten mitzudenken. Auch die Aufrüstung von Bestandsgebäuden sei möglich. Der Einbau von Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung sei in Schulen auf jeden Fall „zielführend und anzuraten“. Diese hätten beispielsweise auch den Vorteil, dass Feinstaub gefiltert werden könne.

Grundsätzlich gilt laut den Experten, dass bei bestehenden Anlagen auf die Wartung zu achten sei – gerade wenn eine Anlage während des Lockdowns stillgestanden sei, sollte bei erneuter Inbetriebnahme eine Kontrolle erfolgen. Zudem wurde mit dem Mythos aufgeräumt, dass sich Viren in Zu- und Abluftanlagen vermehren können. Dafür brauche es einen Wirt, und „Belüftungsanlagen sind kein Wirt“, so Ryba.

„Müssen umgesetzt werden“

Laut Hutter gibt es summa summarum zahlreiche wirksame Maßnahmen für die Infektionsminimierung in Innenräumen. Diese müssten nur zielgerecht „umgesetzt werden“. Die Coronavirus-Pandemie unterstreiche jedenfalls die Bedeutung der Innenraumklimatologie – diese habe einen neuen Stellenwert erreicht und werde auch in Zukunft im Public-Health-Bereich eine wesentliche Rolle spielen. Nicht ohne Grund stand der Innenraumtag unter dem Motto: „Was lernen wir für’s nächste Mal.“