SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner
APA/Roland Schlager
Budget und CoV

Opposition kritisiert Regierung scharf

Nicht nur der Voranschlag 2021 ist am Dienstag zum Budgetauftakt im Nationalrat von der Opposition stark kritisert worden, sondern die gesamte Regierung – mit Blick auf ihr Pandemiemanagement. Die Auseinandersetzung zwischen Opposition und Regierung gipfelte in einer teils untergriffigen Rede von FPÖ-Klubchef Herbert Kickl – und umgehendem scharfen Tadel der grünen Klubchefin Sigrid Maurer.

Wie schon heuer ist auch das Budget 2021 durch die Krise geprägt. Die Regierung rechnet bei Ausgaben von 97,8 Mrd. Euro und Einnahmen von 75,2 Mrd. Euro allein auf Bundesebene mit einem Defizit von 22,6 Mrd. Euro. Das sind 1,6 Mrd. Euro mehr als Mitte Oktober angenommen. Dazu kommen Länder und Gemeinden, die ebenfalls durch sinkende Steuereinnahmen und steigende Ausgaben belastet werden. Gesamtstaatlich ergibt das ein Defizit von 7,1 Prozent der Wirtschaftsleistung.

Einen neuen Rekordwert des Defizits erwartet das Finanzministerium schon heuer. Nach einem leichten Überschuss im Vorjahr droht Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherung heuer ein Minus von 9,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Die Staatsschulden steigen von 70,5 auf 84,9 Prozent des BIP. Allerdings stammen diese Prognosen noch von Mitte Oktober und könnten sich noch verschlechtern. Der zweite Lockdown ist nämlich noch nicht berücksichtigt.

Grafik zur Budgetentwicklung
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Finanzministerium

Starke Mehrausgaben, weniger Einnahmen

Für 2021 rechnet das Finanzministerium mit einem Defizit von 7,1 Prozent. Die Staatsschulden werden damit weiter steigen – auf einen neuen Rekordwert von 87,9 Prozent der Wirtschaftsleistung. Das entspricht über 350 Mrd. Euro.

Ausschlaggebend für das anhaltend hohe Defizit sind sowohl die starken Mehrausgaben für die CoV-Krise – insbesondere für die hohe Arbeitslosigkeit, die Kurzarbeit und die Wirtschaftshilfen – als auch die wegen der Wirtschaftskrise verringerten Einnahmen. Laut Berechnungen des Fiskalrates vom Oktober handelt es sich um den stärksten Einbruch der Staatseinnahmen seit dem Zweiten Weltkrieg. Per Abänderungsantrag haben ÖVP und Grüne die Einnahmenschätzung für 2021 im Budgetausschuss noch einmal um 1,1 Mrd. Euro auf 75,2 Mrd. Euro nach unten korrigiert.

Schlagabtausch im Parlament

Schon zu Beginn der dreitägigen Debatte im Nationalrat gab es einen heftigen Schlagabtausch zwischen Regierung und Opposition. Kritisiert wurden das Rekorddefizit, die CoV-Maßnahmen und der zweite Lockdown.

Rendi-Wagner vermisst vieles

Scharf, aber durchaus sachlich kritisierte als Erste SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner Budget und Regierung: Das Budget hätte in der „größten Wirtschafts- und Arbeitsmarktkrise der Zweiten Republik“ eine „Kampfansage gegen Arbeitslosigkeit“ sein müssen – zumal durch den zweiten Lockdown der Verlust weiterer „zehntausend, ja Hunderttausender Arbeitsplätze“ drohe. Die Regierung hätte „die große Verantwortung“, die Arbeitslosigkeit mit „wirklich allen Mitteln zu bekämpfen“.

Ansätze dafür gebe es im Budget, aber sie würden der Dimension der Krise nicht gerecht. Das Budget sei „leider nicht“ die nötige „starke und mutige Zukunftsansage, die Vertrauen schafft und Unsicherheit nimmt“ – stattdessen würden Steuersenkungen verschoben, Pensionen mit der Abschaffung der Hacklerregelung gekürzt und „in der größten Gesundheitskrise seit hundert Jahren“ Geld für die Spitäler gekürzt, so Rendi-Wagner.

Für ÖVP-Klubchef August Wöginger steht das Budget sehr wohl im Zeichen des „Kampfes um jedes Menschenleben, um jeden Arbeitsplatz und um jeden Betrieb“. Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) habe ein „solides Fundament“ vorgelegt, um – unter diesen „ganz schwierigen Voraussetzungen“ – die Herausforderungen erfolgreich meistern zu können, betonte Wöginger unter Hinweis u. a. auf die 29 Mrd. Euro für Arbeitsmarktpolitik heuer und nächstes Jahr.

FPÖ-Klubchef Herbert Kickl
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Seine Rede brachte FPÖ-Klubchef Herbert Kickl zwei Ordnungsrufe ein

Kickl: Regierung „Verantwortungsflüchtlingslager“

Ganz anders klang es bei FPÖ-Klubchef Herbert Kickl. Die Regierung habe „auf gesamter Linie versagt“, sie sei ein „einziges Verantwortungsflüchtlingslager“ – vor dem islamistischen Terror, Covid-19, Schulchaos und solider Budgetplanung –, zeige „null Prozent Verantwortung bei 100 Prozent Gehalt“. Das Budget nannte Kickl den „zahlenmäßigen Beweis für das Chaos, das Sie in Österreich stiften“ – und Blümel den „jüngsten Demenzpatienten Österreichs“. Der wiederholten Aufforderung von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), das zurückzunehmen, kam er nicht nach, er bekam einen Ordnungsruf. Einen zweiten trug ihm ein, dass er der Regierung vorwarf, in „ihren Sudelküchen“ Sozialabbau vorzubereiten.

Grüne-Klubchefin Sigrid Maurer
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Die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer bei ihrer Rede im Nationalrat

Das wollte Maurer so nicht stehen lassen. „Das Niveau, das Sie hier zeigen, Herr Kickl, ist so unterirdisch im Vergleich zu anderen Fraktionen“, sagte sie. Kritik sei natürlich der Job der Opposition, aber Kickl liege „unter jeder Niveaugrenze, die es irgendwie geben kann in diesem Haus“. Kickls Rede sei nicht nur „beschämend“, sondern „doppelt beleidigend“ gewesen – für die Regierung und auch für Menschen, die in Flüchtlingslagern leben müssen, und „extrem diskriminierend“ gegenüber Menschen, die unter Demenz leiden. Dafür erhielt Maurer lange anhaltenden Applaus.

Entschuldigung für Demenzkranke gefordert

Die stellvertretende ÖVP-Klubchefin Gaby Schwarz forderte – in einer Aussendung – „mit Ablehnung und Entsetzen“ eine Entschuldigung Kickls bei demenzkranken Menschen und ihren Angehörigen. Maurer widmete sich auch dem Budget selbst – und freute sich als Grüne vor allem darüber, dass das „grüne Budget“ 2021 nicht nur die Bewältigung der CoV-Krise ermögliche, sondern auch die „Chance zur ultimativen Trendwende“ für die „noch viel größere“ Klimakrise sei. Es würden die richtigen Schwerpunkte gesetzt für eine „lebenswerte Zukunft in einer intakten Umwelt“.

NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger
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NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger kann dem Budget der Regierung gar nichts abgewinnen

Meinl-Reisinger: Auf Sand gebaut

NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger sieht hingegen im Budget „von Zukunft nichts, gar nichts“. Vorgelegt vor einem Monat, sei es „auf Sand gebaut“. Der zweite harte Lockdown treffe jetzt die Menschen, vor allem auch die Unternehmer und die Jungen, mit voller Wucht. Die Situation sei „dramatisch“ – und letztlich würden es die Steuerzahler mit ihrem Steuergeld ausbaden müssen. Nach dem „Krisenmodus“ 2020 müsste mit dem Budget 2021 ein Schritt Richtung Zukunft gegangen werden, „der Zukunfts- und der Konjunkturmotor angeworfen“ werden – aber die nötigen großen Reformen würden nicht gemacht. Also gab Meinl-Reisinger dem Budget „leider ein Nicht genügend“.

Blümel: Menschenleben retten

Blümel wies den Oppositionsvorwurf zurück, dass das diese Woche im Nationalrat zu beschließende Budget nicht aktuell sei. Anfang November habe man angesichts der CoV-Entwicklung auf Basis einer neuen Prognose die Zahlen adaptiert. Per Abänderungsantrag wird das Defizit von 21 Mrd. auf 22,6 Mrd. Euro nach oben korrigiert – und damit „ist es der aktuellstmögliche Budgetentwurf“.

Finanzminister Gernot Blümel
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Finanzminister Gernot Blümel verteidigt „sein“ Budget

Die CoV-Hilfen würden noch heuer ausbezahlt, also beträfen sie das Budget 2020 und nicht das für 2021. Aus dem Budget 2020 könne man sie finanzieren, „weil wir ausreichend vorgesorgt haben“, so Blümel – und verteidigte den Lockdown als „mühsam, aber notwendig“, um den Kollaps des Gesundheitssystems zu verhindern. Für die Regierung gehe es jetzt darum, „Menschenleben zu retten, Arbeitsplätze zu sichern und die Unternehmen durch diese Krise zu begleiten“. Das geschehe auch mit dem Umsatzersatz für den zweiten Lockdown: Dazu gibt es bereits 30.000 Anträge mit über 900 Mio. Euro Volumen, die ersten 180 Mio. seien schon ausbezahlt, berichtete der Minister.

Gewessler: Zukunftsbudget

Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) strich hervor, dass Tourismus, die Freizeitwirtschaft und die Veranstaltungsbranche besonders hart von der Krise getroffen würden. Trotzdem würde in diesen Bereichen viel investiert – und dem werde mit der CoV-Investitionsprämie und der Erhöhung des Haftungsrahmens für die Österreichische Hotel- und Tourismusbank (ÖHT) Rechnung getragen.

Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) freute sich über das „Zukunftsbudget“, das mehr Geld als je zuvor für den Klimaschutz biete. Es sei aber nur ein „Sprungbrett“, für das Ziel Klimaneutralität 2040 brauche man noch „viele weitere Schritte“, an denen selbstverständlich gearbeitet werde.

Budgetbegleitgesetz verabschiedet

Zum Auftakt wurde das Budgetbegleitgesetz verabschiedet, das unter anderem die neue Kurzarbeit und die Pensionsanpassung für 2021 enthält. Zustimmung kam bei der Schlussabstimmung nur von ÖVP und Grünen. Auch etliche CoV-Hilfen etwa für Non-Profit-Organisationen, Länder, Familien und Sozialhilfeempfänger sind nun fixiert.

Das Budgetbegleitgesetz ist eine Sammelnovelle, die in rund 40 Materien Änderungen bringt. Darin enthalten ist etwa die Pensionserhöhung für das kommende Jahr. Bezüge bis 1.000 Euro werden um 3,5 Prozent angehoben. Bis zu einer Pension von 1.400 Euro fällt die Steigerung auf zuletzt 1,5 Prozent linear ab, ab 2.333 Euro wird sie mit einem Fixbetrag von 35 Euro gedeckelt. Bei der neuen Kurzarbeit kann der maximale Arbeitszeitausfall in Betrieben, die im November oder darüber hinaus von behördlichen Betretungsverboten betroffen sind, bis zu hundert Prozent betragen.

Non-Profit-Organisationen werden mit dem Beschluss als CoV-Hilfe Förderungen in der Gesamthöhe von 250 Millionen gewährt. Der Familienhärtefonds wird um 50 Millionen aufdotiert, der Sozialminister erhält ein Sonderbudget von 20 Millionen, mit dem Sozialhilfeempfänger unterstützt werden sollen. Den Ländern wird ein Sonderzuschuss in der Höhe von 150 Millionen Euro zur Abgeltung CoV-bedingter Aufwendungen überwiesen. Zudem leistet der Bund weiterhin seine jährlichen Kompensationszahlungen in der Höhe von 300 Mio. Euro in Zusammenhang mit der Abschaffung des Pflegeregresses, was den Ländern unverändert zu wenig ist.