Der australische General Angus Campbell
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Australiens Afghanistan-Einsatz

Bericht über schwere Kriegsverbrechen

Australische Soldaten haben einem Untersuchungsbericht zufolge bei ihrem Einsatz in Afghanistan Kriegsverbrechen begangen. 25 Mitglieder einer Sondereinheit hätten mindestens 39 Gefangene oder Zivilisten „unrechtmäßig“ getötet, sagte der Chef der australischen Verteidigungsstreitkräfte, Angus Campbell, am Mittwoch in Canberra bei der Veröffentlichung eines Berichts zum Verhalten der Soldaten in Afghanistan.

Jüngere Soldaten seien dazu gedrängt worden, einen Gefangenen zu erschießen, um auf diese Weise die erste Tötung als Soldat auszuführen. Es seien auch Beweise gefunden worden, die zeigten, dass Soldaten versucht hätten, die Verbrechen zu vertuschen. Sie hätten Waffen, Funkgeräte und Granaten neben den Leichen afghanischer Zivilisten platziert, um es so aussehen zu lassen, als seien sie „im Kampf getötete Feinde“.

Aufgedeckt worden sei eine „beschämende Bilanz“ einer „egozentrischen Krieger-Kultur“, so Campbell. Die Ergebnisse wiesen auf „schwerste Verstöße“ hinsichtlich militärischen Verhaltens und professioneller Werte hin.

Ansicht geschwärzter Stellen im Report zu den Kriegsverbrechen
Reuters
Der Bericht enthält schockierende Details über die Tötung von afghanischen Kriegsgefangenen und Zivilisten

Ermittlungen in mindestens 55 Fällen

Für den Report war der Generalinspekteur des australischen Militärs vier Jahre lang Hinweisen auf unrechtmäßige Tötungen und Verstöße gegen das Kriegsvölkerrecht zwischen 2005 und 2016 nachgegangen. Mehr als 330 Zeugen wurden angehört, in mindestens 55 Fällen Ermittlungen aufgenommen.

Empfohlen wurde, 36 Angelegenheiten, an denen 19 Personen beteiligt seien, zur strafrechtlichen Untersuchung an die australische Bundespolizei zu verweisen. Zudem sollten die Opfer und ihre Familien entschädigt werden. Campbell sagte, einige der 25 verdächtigen Soldaten dienten noch immer bei den Streitkräften.

„Toxisches Konkurrenzdenken“

Im Bericht werde eine Kultur „toxischen Konkurrenzdenkens“ innerhalb der Sondereinheit skizziert, die dazu geführt habe, dass einige Soldaten Verfahren abgekürzt, Regeln ignoriert und gebeugt hätten, sagte Campbell. Keine dieser „unrechtmäßigen Tötungen“ sei „in der Hitze des Gefechts“ passiert. „Jede Person, mit der während dieser Untersuchung gesprochen wurde, verstand das Kriegsvölkerrecht und die Einsatzregeln, unter denen sie im Einsatz war.“

Kriegsverbrechervorwurf gegen australische Soldaten in Afghanistan

Australische Soldaten haben einem Untersuchungsbericht zufolge Kriegsverbrechen in Afghanistan begangen. 25 Mitglieder einer Sondereinheit hätten im Einsatz zwischen 2005 und 2016 mindestens 39 Gefangene oder Zivilisten „unrechtmäßig“ getötet.

Premierminister Scott Morrison hatte vergangene Woche angekündigt, ein Sonderermittler solle mutmaßliche Kriegsverbrechen australischer Soldaten in Afghanistan aufarbeiten und Verantwortliche zur Rechenschaft ziehen. Er hatte seine Landsleute auf Enthüllungen vorbereitet, die nur schwer zu verkraften seien – nicht nur für aktive Soldaten und Veteranen.

Australische Gardesoldaten in Canberra, Australien
AP/AAP/Mick Tsikas
Die australische Armee entsandte 2011 Truppen nach Afghanistan

Teil der US-geführten Militäroperation

Australien hatte nach den Anschlägen vom 11. September 2001 Truppen nach Afghanistan entsandt. Sie waren Teil des von den USA geführten internationalen Militäreinsatzes zum Sturz der Taliban-Herrschaft am Hindukusch. Derzeit befinden sich rund 1.550 australische Soldaten in dem Land; auch die deutsche Bundeswehr ist an einem Ausbildungseinsatz dort beteiligt. Die USA verringern mit Blick auf ein angestrebtes Friedensabkommen der afghanischen Regierung mit den Taliban, die wieder große Landstriche beherrschen, derzeit ihre Militärpräsenz in Afghanistan.