Das Weiße Haus in Washington, USA
AP/Evan Vucci
Übergangsteam

Demokraten stellen Ultimatum

Den US-Demokraten reicht das Verhalten von Noch-US-Präsident Donald Trump. Mehrere demokratische US-Abgeordnete forderten in einem Brief eine Stellungnahme der Chefin der zuständigen Behörde GSA, die die Übergabe der Amtsgeschäfte an den gewählten US-Präsidenten Joe Biden bisher verweigert. Sie stellten ein Ultimatum bis Montag. Biden selbst erhöhte unterdessen verbal den Druck auf Trump.

Die GSA gab Bidens Übergangsteam nach wie vor kein grünes Licht für die Zusammenarbeit mit Regierungsstellen. Eigentlich müssten Biden und sein Team schon vor der Amtsübernahme Zugang zu Ministerien, Behörden und vertraulichen Informationen der Regierung erhalten.

„Ihr Vorgehen, das zu einer Blockade des gesetzlich vorgeschriebenen Übergangs führt, hat schwerwiegende Folgen“, schrieben die Abgeordneten im US-Repräsentantenhaus am Donnerstag (Ortszeit) an die von Trump ernannte Behördenleiterin Emily Murphy. Sie forderten ein Gespräch mit Murphy bis Montag. Eine Vorladung zu einer öffentlichen Anhörung schlossen sie nicht aus. In den USA beginnen normalerweise gleich nach der Wahl eines neuen Präsidenten die Vorbereitungen für den Machtwechsel.

US-Präsident Donald Trump
Reuters/Carlos Barria
Noch-US-Präsident Donald Trump legt Wahlgewinner Joe Biden Hürden in den Weg

Schreiben normalerweise Formalakt

Die Übergangszeit von der Wahl bis zur Vereidigung beträgt mehr als zwei Monate. Der Demokrat Biden hat nach Berechnungen von US-Medien 306 Wahlleute hinter sich, für die Wahl zum Präsidenten benötigt er 270. Er soll am 20. Jänner vereidigt werden. Trump, der das Ergebnis nicht anerkennt, kommt bisher auf 232 Wahlleute.

Das Gesetz zur Übergabe der Amtsgeschäfte räumt der GSA eine wichtige Rolle ein. Murphy muss nach der Wahl die Feststellung treffen, wer die „offensichtlich erfolgreichen Kandidaten“ für das Präsidenten- und das Vize-Amt sind. Erst mit ihrem Schreiben, das normalerweise als Formalakt angesehen wird, kann die Amtsübergabe formell eingeleitet werden. Murphy erkennt wie Trump Biden und seine Vizepräsidentin Kamala Harris bisher nicht als Wahlsieger an.

Der designierte US-Präsident Joe Biden
Reuters/Tom Brenner
Der gewählte Präsident Biden kritisiert Trump für dessen Verhalten scharf

Biden: Unglaubliche Verantwortungslosigkeit

Mit ihrem Vorgehen untergrabe sie eine geordnete Machtübergabe und beeinträchtige die Fähigkeit der neuen Regierung, auf die CoV-Pandemie zu reagieren und die schweren wirtschaftlichen Folgen zu bewältigen, heißt es in dem Brief. „Wir waren äußerst geduldig, aber wir können nicht länger warten.“ Es sei Murphys Verantwortung, den Übergang einzuleiten.

Biden kritisierte Trump erneut scharf dafür, den Ausgang der Wahl nicht anzuerkennen und eine Übergabe der Amtsgeschäfte zu blockieren. Biden verurteilte am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in seiner Heimatstadt Wilmington eine „unglaubliche Verantwortungslosigkeit“ des Republikaners. Trump sende „unglaublich schädliche Botschaften an die Welt, wie Demokratie funktioniert“. Trumps Verhalten sei „empörend“, sagte Biden weiter: „Es ist schwer zu verstehen, wie dieser Mann denkt.“

„Noch mehr Menschen“ könnten sterben

Biden hatte Trumps Vorgehen bereits zuvor als „beschämend“ bezeichnet, verschärfte nun aber den Ton. Auf Nachfrage schloss der US-Demokrat nicht aus, die Regierung mit juridischen Mitteln zu einer Zusammenarbeit mit seinem Übergangsteam zu zwingen. Das sei aber derzeit nicht geplant, weil es zu zeitaufwendig sei.

Biden hat Trump vor allem wegen der Pandemie zur raschen Zusammenarbeit gedrängt. Er warnte, dass ohne Kooperation noch „mehr Menschen“ sterben könnten, etwa wegen Verzögerungen bei der Auslieferung eines künftigen Impfstoffes.

Pro-Trump-Demonstration in Raleigh, North Carolina (USA)
APA/AFP/Logan Cyrus
Überzeugte Trump-Anhänger gehen auf die Barrikaden – wie hier in North Carolina

Trump ändert seine Strategie

Das Wahlkampfteam von Trump setzt Insidern zufolge unterdessen auf ein Eingreifen der Parlamente der einzelnen Bundesstaaten, um das Ergebnis der Präsidentschaftswahl zu kippen. Wie die Nachrichtenagentur Reuters von drei mit dem Vorgang vertrauten Personen erfuhr, sollen die republikanischen Landesabgeordneten in Pennsylvania und Michigan dazu gebracht werden, die jeweiligen Wahlleute des Bundesstaates direkt und zu Trumps Gunsten zu bestimmen.

Das sei nach der US-Verfassung zulässig, weil darin den Parlamenten der Bundesstaaten die letzte Entscheidung über die Verteilung der Wahlleute zugedacht sei. Das Ergebnis der Abstimmung dürfe daher ignoriert werden. Die Republikaner kontrollieren in den beiden Bundesstaaten die Landesparlamente.

Trump-Anhänger sollen Druck aufbauen

Ein hochrangiger Trump-Mitarbeiter sagte Reuters zur neuen Strategie, es sollten Zweifel an den Ergebnissen der Wahl gestreut und deren formelle Ausrufung möglichst lange hinausgezögert werden. Viele Bundesstaatsabgeordnete stammten aus Bezirken, in denen Trump-Anhänger deutlich in der Mehrheit seien. Dort könne im Laufe der Zeit der Druck so groß werden, dass sie kaum eine andere Alternative hätten, als in die Wahl einzugreifen. In einer jüngst veröffentlichten Reuters/Ipsos-Umfrage sagte etwa die Hälfte der Republikaner, Trump habe die Wahl „rechtmäßig gewonnen“.

Einem Insider in Michigan zufolge hat Trump für Freitag zwei führende republikanische Bundesstaatsabgeordnete ins Weiße Haus eingeladen. Der Mehrheitsführer im Senat, Mike Shirkey, und der Präsident des Repräsentantenhauses, Lee Chatfield, wollten sich anhören, was der Präsident zu sagen habe, hieß es weiter. Chatfield hat erklärt, Michigans 16 Wahlleute würden an den Kandidaten gehen, der bei der Wahl die meisten Stimmen erhalten hat. In dem Bundesstaat liegt Biden nach inoffiziellen Ergebnissen vorn.

Biden gewinnt Georgia

Biden hat unterdessen auch nach einer Neuauszählung der Stimmen in Georgia den Bundesstaat gewonnen. Dessen Innenminister Brad Raffensperger sagte am Donnerstag dem örtlichen Sender WSB-TV, der Unterschied zwischen der ersten und der zweiten Zählung fülle „keinen Fingerhut“. Es gebe „keinen Zweifel“, dass der Bundesstaat den Sieg Bidens über den republikanischen Amtsinhaber Donald Trump formell bestätigen werde.

In Georgia lagen Biden und Trump nach der ursprünglichen Zählung etwa 14.000 Stimmen, also unter 0,5 Prozent, auseinander. Damit durfte die Neuauszählung gefordert werden. Der Staat mit einer Bevölkerung von 10,6 Millionen stellt 16 Wahlleute. Bidens Vorsprung auf Trump beträgt nun 12.284 Stimmen, wie Raffensperger weiter mitteilte. Der Rückgang kommt nicht überraschend: Schon vor einigen Tagen wurde festgestellt, dass Wahlkommissionen in zwei von Republikanern beherrschten Bezirken vergessen hatten, mehrere tausend ausgezählte Stimmen in die Rechnung aufzunehmen. Raffensperger betonte im örtlichen Fernsehen, dass keine Anzeichen für Wahlbetrug gefunden worden seien.

Trump-Team: Illegale Stimmen gezählt

Biden liegt bei der Präsidentenwahl insgesamt 306 Wahlleute vor Trump mit 232. Trump hat seine Wahlniederlage bisher nicht eingestanden. Die Rechtsberaterin von Trumps Wahlkampfteam, Jenna Ellis, stellte das Ergebnis der Neuauszählung umgehend infrage. „Diese sogenannte Neuauszählung per Hand ist genauso gelaufen, wie wir es erwartet haben, weil Georgia einfach alle illegalen Stimmen gezählt hat“, sagte sie. Trumps Wahlkampfteam werde sich „alle rechtlichen Optionen“ offenhalten.