Nationalrat
APA/Robert Jäger
Aus für Hacklerregelung

Pensionsreform im Nationalrat fixiert

Der Nationalrat hat Freitagabend die umstrittene Pensionsreform mit Koalitionsmehrheit beschlossen. Sie bringt das De-facto-Aus der Hacklerregelung. Denn ab 2022 gibt es wieder Abschläge (von 4,2 Prozent) bei der Hacklerregelung, angetreten werden darf sie unverändert nach 45 Versicherungsjahren ab 62. Dem Beschluss war eine heftige Debatte vorausgegangen.

Gleichzeitig eingeführt wird ein „Frühstarterbonus“, mit dem für jeden Monat Arbeit vor 20 Jahren ein Euro auf die Pension draufgelegt wird. Voraussetzung ist, dass vor dem 20. Geburtstag zwölf Monate und gesamt 25 Jahre gearbeitet wurden. Schließlich wird die Pensionsanpassung verzögert. Die volle Erhöhung im ersten Jahr nach dem Pensionsantritt erhält nur jemand, der im Jänner den Ruhestand angetreten hat.

Danach schmilzt die Anpassung. Im Februar in Pension gegangene Menschen sollen 90 Prozent der Erhöhung erhalten, die März-Pensionisten 80 Prozent und so weiter. Jene, die im November oder Dezember aus dem Arbeitsleben scheiden, müssen bis zum übernächsten Jahr warten, bis sie überhaupt eine Erhöhung bekommen. Ebenfalls in der Novelle enthalten ist, dass die Unfallversicherung im Homeoffice ihre Gültigkeit bis mindestens Ende März behält.

Heftige Debatte über Hacklerregelung

Emotional war bereits die Debatte am Nachmittag zu der erst diese Woche vorgelegten Pensionsreform verlaufen. SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch warf der Koalition vor: „Sie zeigen ihr wahres unsoziales Gesicht.“ Für Muchitsch lässt die Regierung nun jene die Krise bezahlen, die schwer und besonders lange arbeiten. Sämtliche künftige Pensionisten hätten durch die heutige Gesetzesänderung Einbußen zu tragen. Die Koalition fragte der Gewerkschafter, warum man gerade Arbeiter und Angestellte bestrafe. Diese seien es, die am meisten ins Pensionssystem einzahlten, am längsten arbeiteten und den niedrigsten Bundeszuschuss erhielten.

FPÖ: Hat mit Fairness nichts zu tun

In die gleiche Kerbe schlug FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch: „Es werden alle Pensionen gekürzt. Mit Fairness hat das nichts zu tun.“ Jenen, die viele Jahre gearbeitet hätten, werde etwas weggenommen, was sie sich verdient hätten. Der Frühstarterbonus stellt für die freiheitliche Sozialsprecherin überhaupt keinen Ausgleich dar. Die Grünen hätten sich von der „Sozialabbau-Partei“ ÖVP reinlegen lassen.

Bundesregierung kürzt Pensionen

ÖVP und Grüne werden die Hacklerregelung abschaffen und die erste Erhöhung nach Pensionsantritt künftig nicht mehr voll auszahlen.

NEOS begrüßt Änderung

Überhaupt kein Problem damit, dass die Hacklerregelung nicht mehr abschlagsfrei gilt, hat NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker. Der Vorwahlbeschluss mit der Abschaffung der Abzüge sei ohnehin Husch-Pfusch gewesen, seien doch etwa nicht einmal die Beamten einbezogen worden. Da die SPÖ dereinst auch die Regel mit den Abschlägen beschlossen habe, sieht Loacker nun ein Doppelspiel, das „entlarvt und himmeltraurig“ sei.

Die Koalition setzte sich gegen die Angriffe von SPÖ und FPÖ durchaus zünftig zu Wehr. ÖAAB-Generalsekretär Christoph Zarits meinte in Richtung SPÖ, als sie beim selben Beschluss dabei gewesen sei, sei das „pipifein“ gewesen, nun, wo sie nicht dabei sei, sei es „Teufelswerk“.

Grüne verweisen auf „Frühstarterbonus“

Wie Zarits betonte auch Grünen-Sozialsprecher Markus Koza, dass die Hacklerregelung nicht abgeschafft werde, sondern einfach auf jenen Modus umgestellt werde, der bis heuer schon gegolten habe – eine Regelung, die unter einem sozialdemokratischen Sozialminister unter Beteiligung der Gewerkschaft beschlossen worden sei. Die Regierung schaffe mit dem „Frühstarterbonus“ etwas neues, von dem 60.000 bis 70.000 Neuzugänge in die Pension pro Jahr profitieren könnten, während es bei der Hacklerregelung nur 7.000 bis 8.000 seien.

Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne) sagte, es sei richtig und wichtig, dass die Langezeitversicherten-Regelung bleibe. Man kehre nur einfach zurück zur alten Kompromisslösung, die dereinst SPÖ und ÖVP in der Regierung beschlossen hätten.

Nach Panne muss Abstimmung wiederholt werden

Am Abend wurde zudem bekannt, dass der Nationalrat wegen einer Panne eine Abstimmung wiederholen muss: Beim Gesetz über den Bundesfinanzrahmen fehlte eine nötige Unterschrift. Wie Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) nach einer einstündigen Präsidiale mitteilte, sei die Beschlussfassung „nicht ordnungsgemäß“ gewesen. Daher wird jetzt vom Finanzministerium der entsprechende Antrag noch einmal ans Parlament geliefert und nächste Woche nochmals beschlossen.

Der Bundesfinanzrahmen legt für die nächsten vier Jahre verbindliche Auszahlungsobergrenzen fest und enthält Grundzüge des Personalplans. Der Rahmen wird jährlich im Herbst beschlossen.

Fünfter Abgeordneter fehlte

Schuld an der Misere war, dass ein Abänderungsantrag zum Finanzrahmen nur von vier statt von fünf Abgeordneten unterschrieben und damit nicht ausreichend unterstützt war. Nationalratspräsident Sobotka hatte übersehen, dass auf eine Unterschrift vergessen worden war, wie er auch selbst im Plenum einräumte. Im Frühjahr hatte es beim ersten Budget von ÖVP-Grünen ebenfalls einen Fauxpas gegeben: Im Text des Finanzministeriums waren bei den Ausgaben sechs Nullen vergessen worden.