Medizinisches Personal nimmt einen Abstrich für eine Covid-19 Untersuchung.
Reuters/Leonhard Foeger
Massentests

Anschober konkretisiert Vorgehen

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hat am Samstag das Vorgehen in Sachen CoV-Massentests konkretisiert. So soll es etwa für die Bevölkerung eine Art Testwochenende geben. Bei den ab 5. Dezember geplanten Massentests sieht Anschober jedoch die Unsicherheit von Antigen-Tests als „eines der zentralen Probleme“, wie er im Interview mit der Tageszeitung „Die Presse“ (Samstag-Ausgabe) sagte.

„Daher werden wir bei positiven Ergebnissen nachtesten“, so der Minister zur Frage nach aussagekräftigeren PCR- oder LAMP-Tests und einem gewissen Anteil von falsch positiven Antigen-Tests. Wie bei den Tests von bis zu 200.000 Lehrern am 5./6. Dezember soll sich in weiterer Folge auch die Gesamtbevölkerung an einem Wochenende testen lassen können.

„Wir sehen uns am Wochenende ganz genau das Organisationsmodell der Massentestungen in Südtirol an. Es scheint mir bisher das beste zu sein, also: geblockt an einem Wochenende mit vielen Testmöglichkeiten und einer starken Digitalisierung bei der Umsetzung, um Wartezeiten zu vermeiden“, sagte Anschober. Er betonte drei Grundprinzipien der Massentestungen: „Freiwilligkeit, Wiederholung und eine gute Kommunikation, die keine falschen Sicherheiten schafft“.

Medizinisches Personal nimmt einen Testabstrich für eine Covid-19 Untersuchung.
APA/Roland Schlager
Eine Frau wird in einer Teststraße getestet

Gesundheit Österreich sieht Massentests positiv

Der Gesundheitsmanager Herwig Ostermann, Chef der Public-Health-Gesellschaft des Bundes Gesundheit Österreich, sagte in der Ö1-Reihe „Im Journal zu Gast“, eine solche freiwillige Aktion könne schon dämpfend auf das Infektionsgeschehen wirken, vorausgesetzt, es wird richtig kommuniziert. Erfahrungen würden hier aus der Slowakei und Südtirol einfließen. Und es werde auch nicht nur bei einem Durchgang bleiben, so Ostermann. Und Ostermann machte auch klar, dass der aktuelle Lockdown alternativlos war. Warnend meint er, man solle aber, wenn ein negatives Ergebnis im Zuge der Massentestungen kommt, nicht auf Sorglosigkeit setzen.

Die Erfahrung mit dem Virus sei jetzt in diesem zweiten Lockdown auch größer, das lasse die Menschen einerseits lockerer mit den Beschränkungen umgehen, als das im Frühjahr der Fall war. Andererseits, so Ostermann, hätten die Menschen auch weniger Scheu, im Lockdown Gesundheitseinrichtungen aufzusuchen wegen anderer Probleme als Covid.

Lehr- und Kindergartenpersonal als erste dran

Am 5. und 6. Dezember – und damit kurz vor dem anvisierten Ende des derzeitigen Lockdowns – geht es mit dem gesamten Lehr- und Kindergartenpersonal los. An rund 100 Teststationen in allen Bezirkshauptstädten sollen für die rund 200.000 heimischen Pädagoginnen und Pädagogen Antigen-Test angeboten werden. Eine Woche später sollen sie dann noch einmal für eine zweite Testung antreten.

Dazwischen kommen nach den Plänen der Bundesregierung alle rund 40.000 Polizistinnen und Polizisten an die Reihe. Sie sollen am 7. und 8. Dezember an denselben Stationen getestet werden wie die Lehrerinnen und Lehrer. Und ebenfalls bereits in der ersten Dezember-Woche soll auch in „Gemeinden mit hohen Inzidenzwerten“, also starken Zuwachsraten, im großen Stil getestet werden. Welche Orte das genau sein werden, will die Regierung kommende Woche in „enger Abstimmung mit den Ländern und den lokalen Behörden“ festlegen. So steht es in der Medieninformation aus dem Bundeskanzleramt, mit der die Regierung am Freitag über die Pläne informierte.

Noch kein Datum für breite Bevölkerung

Die Pilotdurchgänge sind allerdings nur der Vorlauf für ein weitaus größeres Projekt: die von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bereits vergangenes Wochenende angekündigte Testung der breiten Bevölkerung. „Aufbauend auf den Erfahrungen der ersten Testreihen Anfang Dezember, erfolgt in der Woche vor Weihnachten ein österreichweiter Massentest in allen Gemeinden. Zudem soll zu Beginn des neuen Jahrs ein zweiter Massentest im ganzen Land durchgeführt werden“, heißt es in der Aussendung vom Freitag. Denn – so wird Gesundheitsminister Anschober zitiert – „damit Testungen epidemiologisch sinnvoll sind, müssen diese mehrmals wiederholt werden“.

Grafik zeigt den Fahrplan für die CoV-Massentests
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Mehr Details zum Datum – und zu möglichen weiteren Wiederholungen – lieferte die Regierung am Freitag allerdings noch nicht. Und auch sonst blieben die Angaben für die großen Testdurchgänge über weite Strecken noch weitgehend an der Oberfläche. Die Regierungsaussendung hält etwa fest, dass Logistik und Planung vom Bundesheer „mit mehreren tausend Soldaten“ abgewickelt werden. Außerdem sollen zur Durchführung des bundesweiten Tests Gesundheitsbehörden, Blaulichtorganisationen, Feuerwehren sowie freiwillige Helfer zum Einsatz kommen.

Die Frage, wer die Proben dann tatsächlich entnehmen soll, beantwortet die Regierung in der Medieninformation nur recht knapp: „Die Probenentnahmen werden ausschließlich von geschultem Gesundheitspersonal durchgeführt“, heißt es; und dass „die Gesundheitsbehörden gemeinsam mit dem Bundesheer und den Rettungsorgansiationen entsprechende Mitarbeiter bereitstellen und zusätzliches Personal schulen“ werden. Auf Nachfrage von ORF.at im Gesundheitsministerium hieß es dazu nur: „Bei geschultem Gesundheitspersonal handelt es sich z. B. um Sanitäterinnen.“

Ruf der Länder nach raschem Konzept

Dass derzeit noch vieles vage bleibt, hat auch damit zu tun, dass der Bund hier kaum im Alleingang agieren kann. „Zur Durchführung dieser Testreihen braucht es eine enge Einbindung der Gemeinden und Länder“, heißt es auch in dem Medienpapier. Die Regierung kündigt darin auch an, noch „weitere vertiefende Gespräche mit den Ländern“ zu führen.

Dort sah man jedenfalls am Freitag noch eine ganze Menge Gesprächsbedarf. Die Landesgesundheitsreferenten forderten nach ihrer Onlinekonferenz rasch ein entsprechendes Konzept und den parallelen Ausbau der Infrastruktur. „Mit der aktuellen, extrem belasteten Struktur von Personal über Logistik bis hin zu IT wird das nicht machbar sein“, sagte der Salzburger LHStv. Christian Stöckl (ÖVP), derzeit Vorsitzender der Gesundheitsreferenten.

So müsse sichergestellt werden, dass die Teststraßen in den Gemeinden, die Laborkapazitäten und die Logistik bis hin zum Contact-Tracing ausgebaut werden. Zudem müssen die elektronischen Daten- und Meldesysteme verknüpft werden, damit eventuelle Coronavirus-Cluster rasch erkannt werden können. „Wir werden alle Hände voll zu tun haben, diese Strukturen aufzustellen“, sagte Stöckl.

Mayer-Bohusch (ORF) zum Coronavirus-Massentestplan

Andreas Mayer-Bohusch kommentiert kritische Reaktionen auf die Coronavirus-Massentestpläne der Bundesregierung.

„Fehlerquote“ bei Antigen-Tests

Auch für die steirische Gesundheitslandesrätin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) stellten sich am Freitag noch viele Fragen. „Wir haben heute ein paar Infos bekommen, wie es ablaufen könnte. Aber wir müssen mehr wissen, um das gut koordinieren zu können.“ Es stellten sich etwa die Fragen, wer die Abstriche nehme oder welches Personal die Kompetenz habe, die Diagnose zu stellen. Offen sei auch, wie man mit dem Contact-Tracing und den Absonderungsbescheiden umgehe. „Es wird wohl nicht mehr möglich sein, für jeden positiven Fall eine behördliche Absonderung zu machen“, sagte Bogner-Strauß und schlug eine automatische Absonderung vor. Wie eine solche aussehen könnte, müsse aber noch geklärt werden.

Der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) wies darauf hin, dass die für die Massentests vorgesehenen Antigen-Tests vor allem bei einem negativen Ergebnis eine gute Aussagekraft hätten. „Aber wir wissen, dass sie einen nicht zu vernachlässigbaren Anteil an falsch positiven Ergebnissen haben.“ So gebe es Berechnungen, dass – wenn die ganze Bevölkerung getestet wird – mit bis zu 50.000 falsch positiven und noch einmal 50.000 richtig positiven Ergebnissen zu rechnen sei. „Das heißt, in 100.000 Fällen müsste noch einmal ein PCR-Test zur Kontrolle gemacht werden.“

Wenn dann tatsächlich 60.000 oder 70.000 Menschen in Quarantäne geschickt werden müssten, brauche es eine Vorgehensweise, die auch rechtlich hält. Denn ohne Absonderungsbescheid gab es bisher etwa auch keine Abgeltung und Rückvergütung für Arbeitgeber, Arbeitnehmer mussten sich vielfach Urlaub nehmen, so Hacker.

Sieben Millionen Tests bestellt

Natürlich ist kaum davon auszugehen, dass an der – freiwilligen – Testung tatsächlich die gesamte Bevölkerung teilnimmt. Damit rechnet auch die Regierung nicht. „Je mehr mitmachen, desto besser und desto mehr haben wir davon“, sagte Kurz bei einem kurzen Medientermin am Freitagabend in Wien. Laut Umfragen seien weit mehr als die Hälfte bereit, sich testen zu lassen. Sieben Millionen Antigen-Tests ließ die Regierung über die Bundesbeschaffungs GmbH in dieser Woche jedenfalls bestellen. Sie sollen – so der Plan – „zum Start der Testreihen“ zur Verfügung stehen.