Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Olaf Scholz
Reuters/Guido Bergmann
G-20-Gipfel

Appelle zur gemeinsamen CoV-Bekämpfung

Zum Auftakt des G-20-Gipfels ist am Samstag die Notwendigkeit, in der Krise global zusammenzuarbeiten, unterstrichen worden. „Um die Pandemie einzudämmen, muss der Zugang zur Impfung für jedes Land möglich und bezahlbar sein“, sagte nicht nur die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und forderte, mehr Mittel bereitzustellen.

Eine derartige globale Herausforderung könne „nur mit einer globalen Kraftanstrengung überwunden werden“, sagte Merkel bei dem virtuellen Spitzentreffen in einer vorab aufgezeichneten Videobotschaft. Sie warb im Kampf gegen das Coronavirus für die Unterstützung der internationalen Impfstoffinitiative COVAX und eine Stärkung der Weltgesundheitsorganisation (WHO).

„Wenn wir weltweit zusammenstehen, können wir das Virus und seine Folgen beherrschen und überwinden“, sagte Merkel. „Dafür lohnt sich auch mehr Anstrengung.“ Merkels Äußerungen konnten auch als Spitze gegen den amtierenden US-Präsidenten Donald Trump verstanden werden, der eine protektionistische Politik des „Amerika zuerst“ vertritt und internationalen Organisationen ablehnend gegenüber steht.

Trump fuhr zu Golfplatz

Der Gipfel dürfte indes auch Trumps letzter großer internationaler Auftritt sein. Er verließ das Treffen jedoch vorzeitig. Nach weniger als zwei Stunden in der Videoschaltung der Staats- und Regierungschefs fuhr er vom Weißen Haus zu seinem Golfclub im benachbarten Bundesstaat Virginia, wie Journalisten berichteten.

Donald Trump auf einem Golfplatz
APA/AFP/Tasos Katopodis
Trump spielt lieber Golf, als an der Videokonferenz teilzunehmen

In der ersten Stunde des Gipfels hatte sich Trump mit Nachrichten zum angeblichen Wahlbetrug in den USA und mit Neuigkeiten zum Gesundheitszustand seines Sohnes Donald Trump Junior zu Wort, der sich Medienberichten zufolge mit dem Coronavirus infiziert hat. Trump lobte nach Teilnehmerangaben in seinem Beitrag vor allem das amerikanische Vorgehen in der Coronavirus-Krise und sagte, dass die US-Unternehmen Moderna und Pfizer Impfstoffe entwickelt hätten.

Merkel und Macron fordern Zugang für alle

Merkel rief die G-20-Partner ausdrücklich zur finanziellen Unterstützung der COVAX-Initiative auf. Um die Coronavirus-Pandemie einzudämmen, müsse der Zugang zur Impfung für jedes Land möglich und bezahlbar sein. „Dazu reichen die bisher zugesagten Mittel noch nicht aus“, sagte Merkel. Ziel der Initiative sei es, bis Ende kommenden Jahres zwei Milliarden Impfdosen zu verteilen.

Es gibt Warnungen, dass die ärmeren Länder nicht genug Impfstoffe bekommen könnten. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron forderte, es müsse vermieden werden, „dass nur Reiche Zugang haben“. Über die Verteilung dürfe nicht die Kaufkraft der Länder entscheiden.

Merkel zufolge sind bisher fünf Milliarden US-Dollar (rund 4,2 Mrd. Euro) für COVAX zusammengekommen. Deutschland beteilige sich daran mit über einer halben Milliarde Euro. Bis Ende 2021 werden für die Initiative insgesamt elf Milliarden US-Dollar benötigt. An ihr beteiligen sich 150 Länder, darunter auch China, aber nicht die USA.

Putin wirbt für „Sputnik V“

Russlands Präsident Wladimir Putin bot der internationalen Gemeinschaft einen breiten Zugang zu dem in Russland entwickelten Impfstoff „Sputnik V“ an. Sein Land unterstütze die Entscheidung des G-20-Gipfels, die Impfstoffe für die gesamte Bevölkerung des Planeten zugänglich zu machen, sagte Putin. Russland hatte mit „Sputnik V“ bereits im August als weltweit erstes Land einen Impfstoff zugelassen und damit Kritik von Experten auf sich gezogen, da er erst weniger als zwei Monate an Menschen getestet worden war. Jüngsten Angaben zufolge soll er eine 92-prozentige Wirksamkeit zeigen.

Hohe CoV-Neuinfektionsrate in Russland

Trotz eigenem Impfstoff sind die Coronavirus-Neuinfektionen in Russland auf Rekordniveau. Die Regierung will die Wirtschaft schonen und verhängt keine strengen Regeln. Die Spitäler sind am Limit.

Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping will im Kampf gegen die Pandemie die Kooperation mit anderen Ländern bei der Forschung, Entwicklung, Produktion und Verteilung von Impfstoffen verstärken. China wolle Entwicklungsländer unterstützen, indem Impfstoffe als „öffentliches Gut“ zugänglich und erschwinglich werden.

Sorge um saudischen König Salman

Saudi-Arabiens König Salman äußerte sich ähnlich. Als Gipfelgastgeber mahnte er, dass genug bezahlbarer Impfstoff für Entwicklungsländer zur Verfügung stehen müsse. Sein Auftritt ließ jedoch die Sorgen um den Gesundheitszustand des Monarchen wachsen. Der 84-Jährige hatte große Mühe, seine rund zehnminütige Eröffnungserklärung vorzutragen. Den vorgefertigten Text las er nuschelnd ab. Mehrfach musste er neu ansetzen und sich räuspern.

Kritik an Saudi-Arabien

Am Rande des Gipfels kritisierte die Organisation Reporter ohne Grenzen, Saudi-Arabien sei einer der „erfolgreichsten Kerkermeister für Journalisten“ weltweit. Das Königreich schränke die Pressefreiheit so stark ein wie kaum ein anderes Land. 34 Journalisten säßen wegen ihrer Arbeit dort derzeit im Gefängnis. Die französische Organisation verwies auch auf den brutalen Mord am regierungskritischen Journalisten Jamal Khashoggi im Oktober 2018.

Saudi-Arabien steht wegen Menschenrechtsverletzungen immer wieder in der Kritik. Bundestagsabgeordnete mehrerer Fraktionen hatten Merkel vor dem Gipfel aufgefordert, bei der Videokonferenz die Menschenrechtslage in dem Golf-Staat zu thematisieren.

WHO-Chef will „faire Verteilung“

WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus forderte die G-20-Staaten auf, weltweit eine „faire Verteilung“ der CoV-Impfstoffe zu gewährleisten. Diese sei die Voraussetzung zur Eindämmung der Pandemie und für eine schnellere Erholung der Weltwirtschaft. Den Ländern der G-20 komme dabei besondere Verantwortung zu, sagte er dem von der WHO verbreiteten Redetext zufolge.

Erklärung am Sonntag

In einem Entwurf für die am Sonntag geplante Abschlusserklärung des Gipfeltreffens wird ärmeren Ländern den Zugang zu Coronavirus-Impfstoffen, Medikamenten und Tests zugesichert. In dem Entwurf heißt es, die Gruppe werde keine Mühen scheuen, dass alle Menschen einen „bezahlbaren und gerechten“ Zugang zu den Mitteln bekämen.

Die G-20-Gruppe werde alles ihr Mögliche tun, um die Pandemie einzudämmen und Leben, Jobs und Einkommen zu schützen. Zugleich wird davor gewarnt, dass die globale wirtschaftliche Erholung „unausgeglichen, höchst unsicher“ bleibe und mit „erhöhten Abwärtsrisiken“ behaftet sei. Einige ärmere Länder bräuchten womöglich weiterreichende Schuldenerleichterungen. Die Pandemie treffe die Schwächsten in der Gesellschaft am härtesten.

Weiteres Thema Klimawandel

Zum Abschluss wollen die G-20 am Sonntag auch über den Kampf gegen den Klimawandel diskutieren. Mit diesem Thema hatten sie sich zuletzt besonders schwergetan, nicht zuletzt, weil Trump aus dem Pariser UNO-Klimaabkommen zur Reduzierung von Treibhausgasen ausgestiegen war. An den Beratungen nehmen auch die Präsidenten internationaler Organisationen wie des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank teil.

Eigentlich sollte der Gipfel ein Großereignis mit Tausenden Gästen in der saudi-arabischen Hauptstadt Riad werden. Es wäre das erste Spitzentreffen der G-20 in der arabischen Welt gewesen. Wegen der Coronavirus-Pandemie konferieren die Staats- und Regierungschefs per Video.

Gemeinsam repräsentieren die Mitglieder der G-20 mehr als 85 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung und zwei Drittel der Weltbevölkerung. Zur G-20 gehören neben der EU als Staaten Argentinien, Australien, Brasilien, China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Indien, Indonesien, Italien, Japan, Kanada, Mexiko, Russland, Saudi-Arabien, Südafrika, Südkorea, Türkei und die USA.