Schülerinnen und Schüler halten einen stillen Protest in Turin ab.
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Schulen zu, Handel offen?

Proteste gegen Roms CoV-Weihnachtspläne

Im Rahmen der Coronavirus-Maßnahmen für die Weihnachtszeit will die italienische Regierung die Schulen bis zum 7. Jänner geschlossen halten. Fast alle Schulen – mit Ausnahme von Volksschulen – sowie die Universitäten sollen bis dahin auf Fernunterricht setzen. Bei Eltern, Schülern und der Bildungsministerin Lucia Azzolina sorgte das für Unmut – nicht zuletzt, weil für Handel und Lokale andere Regeln gelten sollen.

Schulen und Universitäten seien keine Infektionsherde, protestierte die Ministerin. Die Bedingungen, um einen sicheren Unterricht zu garantieren, seien vorhanden. Es gebe keinen Grund, die Schulen geschlossen zu halten, so Azzolina. Doch die Regierung bleibt hart. Sie will eine Belastung der öffentlichen Verkehrsmittel verhindern und hält die Schulen geschlossen.

In Italien wächst der Protest von Eltern, Lehrern und Schülern gegen die Schließung der Schulen in mehreren Regionen. In Turin bildete sich spontan die Schülerbewegung „Schools for Future“, die mit Flashmobs gegen den Fernunterricht protestiert. Nach Vorbild des von der schwedischen Aktivistin Greta Thunberg initiierten Klimastreiks wollen die italienischen Schüler gegen Ferndidaktik protestieren.

Die italienische Bildungsministerin Lucia Azzolina.
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Bildungsministerin Lucia Azzolina sieht keinen Grund für die Schulschließungen

„Fernunterricht ist keine Schule“

„Fernunterricht ist keine Schule“, lautet der Slogan der Schüler, die von vielen Eltern unterstützt werden. „In anderen Ländern sind Schulen offen geblieben, nur hier in Italien sind sie geschlossen. Es sind nicht die Schüler, die das Coronavirus verbreiten“, so die Schüler. Das bestätigt auch Bildungsministerin Azzolina, laut der die Zahl der Infektionen in den Schulen niedrig sei.

Einen endgültigen Beschluss bezüglich der Regeln für die Weihnachtszeit will die Regierung bis 3. Dezember fassen. An diesem Tag läuft die Verordnung aus, mit der in Italien ein „Ampelsystem“ aus gelben, orange und roten Regionen mit unterschiedlichen Restriktionen je nach Risikogruppe eingeführt wurde. „Die Regierung gewährt den Italienern einen Lichtblick vor Weihnachten“, kommentierte die römische Tageszeitung „La Repubblica“ die Pläne bereits am Freitag.

Italien: Schulen bis 7. Jänner geschlossen

Auch Italien versucht, die Coronavirus-Pandemie bis Weihnachten in den Griff zu bekommen. So sollen bis 7. Jänner etwa Schulen für Kinder ab elf Jahren und Universitäten geschlossen bleiben. Eltern und Schülerinnen wehren sich dagegen und verstehen nicht, wieso gleichzeitig Geschäfte im Dezember bis 22.00 Uhr öffnen dürfen.

Regierung will Konsum in Adventzeit ankurbeln

Aktuell plant die Regierung in Rom, Geschäfte bis 22.00 Uhr offen zu lassen, um Weihnachtseinkäufe ohne Massenandrang zu ermöglichen, berichtete die Mailänder Tageszeitung „Corriere della Sera“ (Sonntag-Ausgabe). Damit will die Regierung gerade in der Adventzeit den Konsum ankurbeln. In den Regionen mit niedrigerem Reproduktionswert sollen Lokale auch abends geöffnet werden, allerdings dürfen nicht mehr als vier Gäste pro Tisch sitzen. Geprüft wird noch, ob Reisefreiheit zwischen den Regionen bestehen darf.

Bild zeigt italienische Schülerinnen und Schüler mit Mund-Nasen-Schutz im Unterricht.
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Rom will alle Schulen – ausgenommen Volksschulen – bis zum 7. Jänner geschlossen halten

Der italienische Handel rechnet mit dramatischen Einnahmenverlusten wegen der Coronavirus-Epidemie. „In Sachen Konsum werden wir in der Weihnachtszeit einen Sprung zurück von einem Vierteljahrhundert machen“, kommentierte der Präsident des Handelsverbands Confcommercio, Carlo Sangalli, im Interview mit der Tageszeitung „La Stampa“ (Freitag-Ausgabe). Der Handel rechnet in Italien heuer mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung von neun Prozent.

Feiern nur im engsten Kreise

Trotz positiver Signale im Kampf gegen Neuansteckungen rechnet die Regierung in Rom mit Weihnachtsfeierlichkeiten nur im engsten Kreise der Familie. „Eine Woche wilder Feierlichkeiten würde eine Zunahme der Epidemiekurve im Jänner bedeuten. Dies können wir uns nicht erlauben“, mahnte Regierungschef Giuseppe Conte laut Medienangaben vom Freitag.

In Italien ist am Samstag sowohl die Zahl der Coronavirus-Infizierten als auch jene der Todesopfer in den letzten 24 Stunden gesunken. Die Zahl der Neuansteckungen sank von 37.242 auf 34.767. 692 Tote wurden gemeldet, am Vortag waren es sieben mehr, teilte das Gesundheitsministerium mit. Somit starben seit Beginn der Pandemie am 20. Februar in Italien 49.261 Personen mit oder am Coronavirus.

Stützungspaket für Wirtschaft beschlossen

In der Nacht auf Samstag beschloss die Regierung zudem ein Hilfspaket für jene Berufsgruppen und Wirtschaftssektoren, die besonders stark von einem vor zwei Wochen in Kraft getretenen Teil-Lockdown in mehreren Regionen betroffen sind. Die Maßnahmen in der Größenordnung von zwei Milliarden Euro stützen vor allem die Gastronomie, die Kultur und den Tourismus. Es handelt sich um das dritte Hilfspaket seit Beginn der zweiten Welle im Herbst.

Seit Samstag ist auch die Apennin-Region Abruzzen eine rote Zone mit einem Teil-Lockdown und geschlossenen Geschäften. Geprüft wird, ob Kärntens Nachbarregion Friaul-Julisch Venetien, die als orange Zone eingestuft wurde, zur roten Region werden soll. Gesundheitsminister Roberto Speranza verabschiedete am Freitag eine Verordnung, laut der die Maßnahmen, die für die roten Regionen Lombardei, Piemont, Aostatal, Apulien, Kalabrien und Sizilien gelten, bis zum 3. Dezember ausgedehnt werden.

Die Maßnahmen der italienischen Regierung scheinen zu greifen. In mehreren Regionen sank der Reproduktionswert unter 1, das bedeute, dass die Epidemiekurve sinke, berichtete Gesundheitsminister Speranza. In keiner der gelb und orange eingestuften Regionen verschlechterte sich die Lage. Italien könne jedoch nicht die Maßnahmen lockern, weil der Druck auf die Krankenhäuser und auf die Intensivstationen weiterhin stark sei.