Postbediensteter neben Paketstapeln
APA/Hans Punz
Zusteller, Handel

„Black Friday“ als Härtetest

Für Kundschaft, Handel und Zusteller findet der vorweihnachtliche Geschenkekauf heuer unter neuen Vorzeichen statt. Wegen der Pandemie boomt das Geschäft für den Onlinehandel, es wird eine Paketflut erwartet. Schon am Freitag fällt mit der Rabattaktion „Black Friday“ der Startschuss für das Weihnachtsgeschäft im Ausnahmejahr.

Der „Black Friday“, in den USA der Freitag nach Thanksgiving, ist auch hierzulande ein Fixpunkt im Handel geworden. Rund um das Wochenende bis zum „Cyber Monday“ am 30. November übertrumpfen sich die Händler rund einen Monat vor Weihnachten mit Angeboten. Heuer wird die Rabattschlacht fast ausschließlich online stattfinden, freilich auch weil der stationäre Handel noch im Lockdown ist.

Insgesamt dürfte der Handel heuer weniger umsetzen als voriges Jahr um diese Zeit. Der Handelsverband schätzte kürzlich, dass sich nicht alle geplanten Ausgaben auf den Onlinemarkt verschieben. Zumindest fünf Prozent würden gar nicht realisiert. Der Verband prognostizierte einen Umsatz von rund 370 Millionen Euro, das wäre ein Rückgang von acht Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Der eCommerce-Anteil aber steigt, gerade am „Black Friday/Cyber Monday“-Wochenende, das für den Onlinehandel schon immer eine größere Bedeutung als für den stationären Handel hatte. Fast 60 Prozent der Österreicher wollen laut einer Umfrage des Handelsverbands heuer online auf Schnäppchenjagd gehen. Im Vorjahr waren es nur knapp 40 Prozent. Zu den am stärksten nachgefragten Produktgruppen zählen heuer Elektrogeräte, Bekleidung, Haushaltsgeräte, Kosmetikprodukte, Spielzeug und Schuhe.

Lockdown als Motor

Nach dem starken Einkaufswochenende geht es für den Handel direkt in die Weihnachtszeit. In Kombination ergibt sich daraus eine Flut von Paketen über den Advent hinweg – die Weihnachtstransporte kommen zum ohnehin schon stark erhöhten Paketaufkommen dazu. Bisher gab es bei der Post heuer einen Anstieg um ein Drittel, im Spitzenmonat April in der ersten Lockdown-Phase sogar um etwa 70 Prozent zur Vorjahresperiode. An Spitzentagen im Lockdown gab es etwa 750.000 Pakete – so wie zu Weihnachten 2019.

Für die heurigen Festtage rechnet man bei den diversen Paketdiensten mit Rekorden. Der führende private Paketzusteller DPD liefert derzeit um ein Viertel mehr Pakete aus, die Post erwartet Tagesspitzen von einer Million Paketen – mehr dazu in oesterreich.ORF.at. Das bringt die Kapazitäten mancherorts an ihre Grenzen. In der Zustellung muss daher derzeit in Einzelfällen auch bis zu zwölf Stunden gearbeitet werden. Wegen der Pandemie sollen sich zudem nicht zu viele Menschen in den Postzentren aufhalten, weshalb manche Auslieferer später anfangen und am Abend, teilweise mit Stirnlampen, unterwegs sind, wie ein Gewerkschafter am Donnerstag gegenüber Ö1 sagte. Die Post beschäftigt nun temporär zusätzlich Frächter.

Im Logistikzentrum Hall wird seit März auch am Sonntag sortiert. Zu Ostern musste man zusätzlich auch wieder auf händische Sortierung ausweichen. Und auch zu Weihnachten stellt man sich wieder auf große Mengen ein – mehr dazu in tirol.ORF.at. Die Postgewerkschaft in Oberösterreich warnt sogar vor einem Kollaps in der Zustellung. Die Zulieferer seien angesichts der aktuellen Paketflut am Limit, heißt es – mehr dazu in ooe.ORF.at.

Kampf gegen Amazon: Wie heimische Händler dem Onlinegiganten trotzen

Der zweite Lockdown mitten im Weihnachtsgeschäft wird für viele Händler zum Existenzproblem. Der Kauf, der im Geschäft nicht stattfindet, geschieht online – und das oft bei ausländischen Konzernen. Die Vorherrschaft von Amazon & Co. ist riesig. Der heimische Einzelhandel hat zwar digital stark aufgerüstet, aber online Umsatz zu erwirtschaften, ist kein leichtes Unterfangen.

Die Post hatte mit shöpping bekanntlich einen eigenen Onlinemarktplatz gegründet. Über diese Plattform heimischer Händler werden inzwischen am Tag rund 900 Pakete versandt, über viermal so viele wie im Vorjahr.

Es gibt viele Aufrufe gerade heuer im starken Jahr des Onlinehandels, auch im Netz heimisch zu kaufen. In den letzten Jahren sprangen immer mehr klassische Händler auf den Zug auf und investierten in ihre Webshops. Auf diversen Plattformen können sich die Händler organisieren. Die Konkurrenz aus Übersee scheint aber übermächtig. Dominiert wird der Onlinehandel in Österreich von einigen wenigen Playern an der Spitze. Amazon liegt dabei seit Jahren unangefochten mit einem geschätzten Umsatz 2019 von 834 Mio. Euro an der Spitze. Dahinter folgen weit abgeschlagen Zalando.at und Universal.at.

Widerstand und Streikaufruf

Die Rabattschlacht rund um den „Black Friday“ zeigt jedes Jahr am deutlichsten das Ungleichgewicht auf dem Markt. Der Widerstand gegen Amazon und andere Netzriesen wie das chinesische Alibaba wächst auch von Jahr zu Jahr. In Deutschland rief die Gewerkschaft am Donnerstag – also nur wenige Stunden vor dem „Black Friday“ – zu Streiks bei Amazon auf.

Der weltweite „Buy Nothing Day“ ruft jährlich Ende November dazu auf, einen Tag lang gleich gar kein Geld auszugeben. So sollen die Menschen für ein nachhaltigeres Kaufverhalten sensibilisiert werden. In Frankreich mussten Amazon und andere Händler heuer den „Black Friday“ gleich ganz verschieben, auf Druck der Regierung in Paris. Die Einzelhändler hatten befürchtet, dass sie wegen des Lockdowns komplett leer ausgehen.

Eine Schweizer Befragung zeigte kürzlich auf, dass viele Konsumenten dort den „Black Friday“ am liebsten gänzlich abschaffen würden. Die Hälfte der Befragten gab bei der Erhebung des Umfrageinstituts DemoSCOPE an, dass Themen wie Überkonsumation, Klimakrise und die Pandemie Gründe dafür seien, den Einkaufstag abzuschaffen.

Auch Greenpeace in Österreich machte auf die Problematik von der Rabattschlacht und Paketflut aufmerksam. Schon im Vorjahr habe allein die Zahl der Retoursendungen 33 Millionen betragen, also 3.800 Pakete pro Stunde. Für heuer wird freilich noch mehr erwartet. Das führe zum Ausstoß von großen Mengen an Treibhausgasen sowie auch viel Abfall. Nicht nur die Verpackungen landeten im Müll, sondern auch rund vier Prozent der im europäischen Onlinehandel zurückgeschickten Artikel. Für Österreich entspreche diese Menge für 2019 rund 1,3 Millionen Paketen.