Sie kenne Kurz (ÖVP) seit seiner Zeit als Außenminister und habe ihn ein paarmal getroffen, erzählte Pagitz, seltener mit ihm gesprochen. Bei einem Treffen seien Telefonnummern ausgetauscht worden, und sie habe Kurz in weiterer Folge im Jänner 2017 zu ihrer privaten Veranstaltung mit ihren „engsten Freunden“ eingeladen. Sie sei nie bei einer Veranstaltung gewesen, bei der Kurz sein Programm vorgestellt oder Spenden eingesammelt habe, sagte Pagitz zuvor.
Ob bei ihrer privaten Veranstaltung auch ÖVP-Spender anwesend gewesen seien, wollte die Auskunftsperson nach längerer Beratung mit ihrer Vertrauensperson und auch Beratungen der Fraktionsführer im Ausschuss mit Verweis auf ihre Privatsphäre nicht beantworten. Sie pochte mehrfach darauf, dass sie selbst das Thema der Veranstaltung gesetzt habe, und auch die Veranstaltung sei alleine von ihr initiiert gewesen – nach ihrer Auffassung sei auch nicht über Spenden gesprochen worden.

Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl und die Ausschussvorsitzende Doris Bures wollten die Entschlagung nicht gelten lassen. Bures informierte die Auskunftsperson über die Möglichkeit einer Beugestrafe. Schließlich fragte SPÖ-Fraktionsführer Jan Kai Krainer einzelne Namen ab, Pagitz wollte aber weiterhin keine Angabe machen, ob eine bestimmte Person bei dem Abend mit Kurz dabei war.
Öffentliches Interesse vs. Privatsphäre
Es liege ihrer Ansicht nach kein öffentliches Interesse vor, der den Schutz ihrer Privatsphäre übersteige, argumentierte Pagitz ihre Entschlagung. Es gehe um ihre engsten Freunde und um die Intimsphäre dieser Personen, die teilweise auch in der Öffentlichkeit stehen würden. Der Abend bei ihr habe nichts mit Kurz und seinem Programm zu tun gehabt.

Krainer argumentierte, dass es ab 2016 Veranstaltungen gegeben habe, bei denen Kurz sich für die Übernahme der ÖVP vorbereitet habe – auch in Sachen Finanzierung. Er vermutete, dass auch die Veranstaltung bei Pagitz eine solche war. Er verwies zudem auf den Untersuchungsgegenstand von Personen, die Parteien begünstigen. Pöschl meinte, dass die Einladung von Kurz der Privatveranstaltung durchaus einen „offiziellen Anstrich“ verpasst habe. Im Laufe der Befragung stellte sich heraus, dass Kurz 2019 in Pagitz’ Hotel „ganz privat auf Urlaub“ war.
Spenden bei beiden Wahlkämpfen
Pagitz spendete laut eigenen Angaben zweimal an die ÖVP, 2017 und 2019 im Wahlkampf jeweils 15.000 Euro. Die Spenden seien „transparent, privat und aus Überzeugung“ erfolgt, gab sie an. Sie habe sich niemals eine Gegenleistung erwartet, eine Spende sei ihr nicht nahegelegt worden. Sie verwies auch auf eine entsprechende Erklärung, die sie im Rahmen der Spende habe unterschreiben müssen.
Nach „jahrelangem Stillstand“ sei ein Wechsel überfällig gewesen, erklärte Pagitz ihre finanzielle Unterstützung, es habe eine Demokratieverdrossenheit geherrscht, die bedenklich gewesen sei und sie als Unternehmerin frustriert habe. Sie sei froh, dass nun eine neue Generation die Führung übernommen habe – dazu habe sie ihren Beitrag leisten wollen.

Keine Werbung für Kurz
Sie sei über die breit angelegte ÖVP-Kampagne auf die Spendenmöglichkeit aufmerksam geworden und von einem Spenderwerber angesprochen worden, dessen Namen sie aber nicht mehr kenne, sagte Pagitz zuvor. Sie sei kein Mitglied der ÖVP oder einer Vorfeldorganisation, beim Wirtschaftsbund sei sie vor Jahren gewesen.
Sie habe ihrerseits durchaus mit engen Freunden und Familie über die Spendenmöglichkeit an die ÖVP gesprochen, gekeilt – wie es in einer anonymen Anzeige, die am Anfang der Befragung bekanntwurde, heißt – habe sie aber nicht, so Pagitz. Ob dann jemand gespendet habe, mit dem sie darüber gesprochen habe, wisse sie nicht. Ihre Mutter habe 2017 1.000 Euro gespendet, fügte sie später hinzu.
Ottenschläger bot Posten an
Der Posten als Aufsichtsrätin in der ÖBB Personengesellschaft sei ihr im Jänner 2018 vom ÖVP-Abgeordneten und Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger angetragen wurden – sie sei „ganz konkret“ gefragt worden, ob sie sich vorstellen könne, diesen Posten zu besetzen. Ottenschläger sei ihr bekannt gewesen, aber über private Kontakte, so Pagitz.

Für ihre Tätigkeit im Aufsichtsrat bekommt Pagitz 14.000 Euro im Jahr – der Betrag wurde erst kürzlich von zuvor 10.000 Euro hinaufgesetzt. Bei der Erhöhung habe es geheißen, dass der Satz schon länger nicht angepasst wurde, so Pagitz. Zusätzlich gibt es für jede Sitzung 800 Euro – zuvor waren es 200. Dahinter stehe die Absicht, einen Stundensatz zu schaffen, „zu dem qualifizierte Leute das auch machen“, so die Auskunftsperson – vergleichbar mit einem guten Anwalt.
„Wo wird nicht gemauschelt?“
Sie habe ihre Kollegen und Kolleginnen im ÖBB-Aufsichtsrat auch nicht nach Parteibüchern gefragt, so Pagitz auf eine entsprechende Frage von NEOS-Mandatar Helmut Brandstätter. Eine parteipolitische Zuordnung von Kandidaten und Kandidatinnen für den Vorstand habe sie persönlich interessiert, sie habe rein auf die Qualifikation der Personen geachtet. Auch wisse sie nichts von dem 2:1-Verteilungsschlüssel bei der Postenvergabe, den sich ÖVP und FPÖ ausgemacht hatten.
Sie habe sich auf den Personalausschuss bei den Vorstandsbesetzungen verlassen, so Pagitz weiter. Auf die Frage, ob sie das nicht hinterfragt habe, sagte Pagitz, dass ihr egal sei, „was im Hintergrund gemauschelt wird“. Auf Nachfrage meinte sie: „Wo wird in diesem Land nicht gemauschelt?“ Später sagte Pagitz, sie habe das etwas flapsig gesagt.