Skifahrer
ORF.at/Christian Öser
Gesperrte Pisten bis Jänner?

Weiter Clinch über Dezember ohne Skifahren

Das Thema Skifahren über Weihnachten trotz Pandemie bleibt heiß umkämpft. Nach Italiens Regierungschef Giuseppe Conte stößt nun auch Deutschland in dasselbe Horn, dass die Skigebiete frühestens ab 10. Jänner schrittweise geöffnet werden sollen. Die EU-Kommission will sich nicht einmischen. Österreich bleibt bei seiner Linie und will die Skigebiete öffnen.

So sagte Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) erst Donnerstagfrüh im Ö1-Morgenjournal, dass er mit einem Aufsperren der Skigebiete rund um den 19. und 20. Dezember rechne. Letztlich entscheide zwar die Regierung, man sei aber gut aufgestellt, und über den Sommer seien gute Konzepte entwickelt worden: „Es gibt kein Apres-Ski. Auch die Gastronomie wird anders organisiert.“ Er gehe davon aus, dass es kein erhöhtes Infektionsrisiko beim Skifahren gebe.

Auch Vorarlbergs Skigebiete planen mit einem Saisonstart Mitte Dezember – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at. Steirische Wintersportorte bereiten sich ebenfalls auf einen baldigen Saisonstart vor. „Es muss ja auch eine Perspektive für die Mitarbeiter, für die Betriebe, aber auch für die gesamte Region geben“, sagt Mathias Schattleitner, Geschäftsführer der Schladming-Dachstein Tourismusmarketing GmbH – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

„Machen uns Sorgen, was Österreich betrifft“

Italien und Deutschland sehen das anders. Es gehe nicht darum, Spaß und Freude am Skifahren zu verbieten, bekräftigte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) Mittwochabend in der ZDF-Sendung „Markus Lanz – Das Jahr 2020“. „Aber wir machen uns Sorgen, was Österreich betrifft.“ Massenhaftes Anstellen bei Skiliften, Gondeln und Apres-Ski könne er sich nicht vorstellen. Er appellierte an die Bevölkerung, Skiurlaube in diesem Jahr zu unterlassen. Diese Art von Tourismus „konterkariere alle Bemühungen der Bevölkerung“, das Virus zu bekämpfen.

Die Tourismuswirtschaft der Alpen habe aus dem Fall Ischgl nichts gelernt, kommentierte die „Süddeutsche Zeitung“ („SZ“): „Die Skishow muss weitergehen. Koste es, was es wolle.“ Es stehe zu viel Geld auf dem Spiel. Dennoch sei diese Haltung „jedoch so unverantwortlich wie unsolidarisch“, so die „SZ“.

Merkel wirbt für Schließung

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte zu, sich in der EU dafür einzusetzen, dass es bis 12. Jänner keine Skiurlaube in Europa geben solle. Italien und Frankreich hätten Deutschland darum gebeten, die Skiferien abzusagen, sagte auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU). Bisher habe man sich auf europäischer Ebene auf ein Verbot von Skigebieten nicht verständigen können, ergänzte Söder. Möglich sei aber zumindest eine Reduzierung der Angebote.

 Skipiste und Sessellift im Skigebiet Flachau-Wagrain-St. Johann
APA/Barbara Gindl
Deutschland und Italien wollen Skiurlaube über Weihnachten europaweit unterbinden

„Wir werden uns in Europa um eine Abstimmung bemühen, ob wir alle Skigebiete schließen könnten“, sagte Merkel am Donnerstag im Bundestag in Berlin. Sie gibt sich aber wenig optimistisch, das umsetzen zu können: „Es sieht leider nicht so aus, wenn man die österreichischen Verlautbarungen hört, dass uns das so einfach gelingen könnte, aber wir werden es noch einmal versuchen.“

Selmayr: EU hat keine „Skifahr-Kompetenz“

Die EU will sich in die Debatte über die Dauer der Skisaison nicht einmischen. Das werde in den Mitgliedsstaaten und nicht auf EU-Ebene festgelegt, ließ Martin Selmayr, Leiter der Vertretung der EU-Kommission in Österreich, via Aussendung verkünden.

„Ob Gaststätten- oder Schulschließungen oder auch Beschränkungen von Sport oder Tourismus: Darüber zu beschließen ist nach EU-Recht Aufgabe nationaler Regierungen und Parlamente. Und selbstverständlich hat die Europäische Union keine ‚Skifahr-Kompetenz‘ und kann und will hier nichts verbieten“, so der EU-Kommissionsvertreter weiter. „Was gesundheitspolitisch angesichts der Infektionslage beim Skifahren angezeigt ist, das entscheiden nationale und gegebenenfalls regionale Regierungen sowie nationale und regionale Parlamente eigenverantwortlich.“

EU-Kommission: Keine Aussicht auf europaweites Verbot

EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides sieht vorerst keine Aussicht auf ein europaweites Skiverbot über die Weihnachtszeit. „Es gibt keine Formel, die für alle EU-Staaten gilt, denn jedes Land hat eine unterschiedliche Situation“, sagte die EU-Kommissarin im Interview mit der Mailänder Tageszeitung „Corriere della Sera“ (Donnerstag-Ausgabe).

„Weihnachten ist für jeden wichtig, doch nichts in diesem Jahr 2020 ist wie vorher. (…) Solange kein Impfstoff verfügbar und eine große Masse von Menschen nicht geimpft worden ist, empfehlen wir den EU-Mitgliedsstaaten, ihre Bemühungen zur Eingrenzung der Pandemie fortzusetzen“, sagte die EU-Kommissarin. Aufgrund der Impfstoffe gebe es „Licht am Ende des Tunnels“. Kyriakides warnte aber vor einer zu raschen Aufhebung der Restriktionen: „Die Gefahr ist ansonsten eine Zunahme der Infektionen nach Weihnachten.“

Kurz: Internationale Abstimmung „übertrieben“

Schon der Vorstoß Contes sorgte für Aufregung in Österreich. Erst am Mittwoch war das von Italiens Premier geforderte Verbot für Skiurlaub Thema der parlamentarischen Auslandskommissionen von Wien und Rom. Der Präsident der italienischen Auslandskommission, Piero Fassino, erklärte sich wegen der unterschiedlichen Position Italiens und Österreichs bezüglich der bevorstehenden Wintersaison besorgt. Fassino äußerte die Hoffnung, dass es zu einer Harmonisierung der Regeln für die Wintersaison auf europäischer Ebene komme.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bleibt bei seiner Ablehnung einer länderübergreifend späteren Öffnung der Wintersportgebiete. Eine internationale Abstimmung dazu sei „übertrieben“. Öffnungsschritte in allen Bereichen, darunter auch beim Sport, würden von den Staaten unterschiedlich gehandhabt: „Ich kann Ihnen nur sagen, wenn jemand alleine laufen geht im Moment, dann ist das ähnlich gefährlich, wie wenn jemand alleine eine Skitour geht“, so Kurz. „Wenn jemand einen Lift verwendet, dann ist das ähnlich, wie wenn er ein öffentliches Verkehrsmittel verwendet. Anhand dieser Gesichtspunkte muss man Entscheidungen treffen.“

Es gebe zudem umfassende Sicherheitskonzepte, argumentierte Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP). Auf die Vermittlung von Sicherheit setzt heuer die Tiroler Tourismusbranche. Statt Werbung ist derzeit bei potenziellen Gästen vor allem Information gefragt – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Widerstand auch in Italien und Deutschland

Auch in Italien selbst gibt es Streit über die geforderte Pistensperre über Weihnachten. Sechs norditalienische Regionen, darunter Trentino-Südtirol und Friaul-Julisch Venetien, appellierten an die Regierung in Rom, auf die Pläne zu verzichten. Auch Söders Vorstoß stieß etwa bei Tourismusvertretern, aber auch Naturschützern in Bayern auf Gegenwind. Befürchtet wird von diesen, dass durch ein Skiverbot „Individualsportler querfeldein durch die Berge marschieren“. Es gebe zudem „hervorragende Hygienekonzepte“, hieß es vonseiten des Tourismus.

Bleibt jedenfalls Conte bei seinem Vorstoß, befürchtet die italienische Tourismusbranche ein Ausweichen der Touristen und Touristinnen auf andere Länder. Denn neben Österreich wollen auch Schweizer und slowenische Skigebiete öffnen.