Menschen in Wien
Reuters/Leonhard Foeger
Stichprobenstudie

CoV-Dunkelziffer deutlich gestiegen

Die Zahl der mit dem Coronavirus Infizierten in Österreich ist laut einer neuen Dunkelzifferstudie mehr als doppelt so hoch wie bekannt. Die von der Statistik Austria im Auftrag des Bildungsministeriums kurz vor dem zweiten Lockdown durchgeführte Erhebung kam zu dem Schluss, dass die Gesamtzahl der Infektionen von 12. bis 14. November 228.000 beträgt und damit einen Anteil von 3,1 Prozent der Menschen in Österreich betrifft.

Unter Berücksichtigung der statistischen Schwankungsbreite liegt dieser Wert zwischen 166.000 und 295.000 infizierten Menschen bzw. einer Prävalenz von 2,2 bis 4,0 Prozent. 55 Prozent der in der Studie festgestellten Infizierten waren dabei behördlich noch nicht erfasst. Bei der Anfang April von SORA durchgeführten Studie waren auf Basis der Hochrechnung noch maximal 0,8 Prozent der ab 16-jährigen Personen in Österreichs Privathaushalten infiziert. Ende April und Ende Mai sank der Anteil laut einer weiteren Studie auf unter 0,2 Prozent.

Laut Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas waren die Anteile in Westösterreich signifikant höher als in Ostösterreich. „Im Vergleich zu den letzten Prävalenzstudien im April und Mai zeigt sich damit ein erheblicher Anstieg des Infektionsgeschehens kurz vor dem zweiten Lockdown“, so Thomas.

Grafik zu der Coronavirus-Dunkelzifferstudie
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Statistik Austria

Faßmann: „Massentestungen notwendig“

ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann sieht die hohe Dunkelziffer als deutliches Zeichen, dass „Instrumente wie die bevorstehenden Massentestungen dringend notwendig sind, um die Infektionsketten zu durchbrechen und die Verbreitung der Pandemie einzudämmen“. Auch asymptomatische Personen seien infektiös und könnten das Virus weitertragen, so der Minister in einer Aussendung weiter. „Mit der Massentestung wollen wir möglichst viele dieser Personen orten, damit sie nicht andere Personen anstecken können.“

In der in Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz und der Medizinischen Universität Wien durchgeführten repräsentativen Studie wurden vom 12. bis 14. November 2.263 Personen mittels Nasen-Rachen-Abstrich getestet (die Bruttostichprobe umfasste insgesamt 7.823 in Privathaushalten lebende Personen ab 16 Jahren). Bei 48 Personen ergab die PCR-Analyse des Abstrichs ein positives Testergebnis.

Laut einer Nachbefragung von Personen, die zum Testzeitpunkt nicht erschienen waren, befanden sich zu diesem Zeitpunkt zumindest 24 Personen in behördlich angeordneter Quarantäne aufgrund eines positiven Testergebnisses. In Summe waren somit mindestens 72 Stichprobenpersonen im Testzeitraum mit SARS-CoV-2 infiziert. Hochgerechnet und unter Berücksichtigung der statistischen Schwankungsbreite waren damit zwischen 166.000 und 295.000 Menschen mit SARS-CoV-2 infiziert, die Prävalenz betrug 2,2 bis 4,0 Prozent. Dabei lag diese in Westösterreich (Tirol, Vorarlberg, Salzburg, Oberösterreich) signifikant höher als in Ostösterreich (Wien, Niederösterreich, Burgenland).

Ein Fünftel wurde bereits mindestens einmal getestet

Laut den in der Studie erhobenen Fragebogendaten von 2.711 Personen wurden seit Beginn der Pandemie 20 Prozent der Bevölkerung ab 16 Jahren zumindest einmal auf eine aktuelle SARS-CoV-2-Infektion getestet. Darunter wurden sechs Prozent der Bevölkerung bereits mehrmals getestet. Die Testdichte ist bei Erwerbstätigen (23 Prozent) im Vergleich zu pensionierten Personen (16 Prozent) signifikant höher. Gleichzeitig ist auch die Prävalenz der aktuellen Infektionen bei Erwerbstätigen tendenziell höher, was auf eine geringere Dunkelziffer in dieser Gruppe hindeutet. Die Fallzahlen reichen jedoch nicht für eine gesicherte Aussage.

Deutlich höhere Dunkelziffer

117.000 Menschen in Österreich sind zurzeit als aktiv CoV-infiziert gemeldet. Aber eine Studie zur Dunkelziffer kommt zu dem Schluss, dass es an die 230.000 sein könnten.

Erste Ergebnisse aus den Fragebogendaten zu den von der Regierung gesetzten Maßnahmen zeigen darüber hinaus, dass Mitte/Ende Oktober und somit noch vor dem aktuellen Lockdown 81 Prozent der österreichischen Wohnbevölkerung die Maßnahmen als angemessen empfunden haben oder sich sogar stärkere Maßnahmen wünschten. Unterschiede zeigen sich bezogen auf das Alter: So empfanden mehr als ein Viertel (26 Prozent) der 16- bis 24-Jährigen die Mitte/Ende Oktober geltenden Maßnahmen als (eher) übertrieben. Die Ergebnisse bezogen sich allerdings auf die Zeit vor dem aktuellen Lockdown und könnten, so die Aussendung der Statistik Austria „nicht auf die derzeitige Situation umgelegt werden“.