Skigondeln im Gegenlicht
APA/Barbara Gindl
Skifahren vor Weihnachten?

Köstinger hält alle Optionen offen

In der Frage, ob die heimische Tourismusindustrie noch in diesem Jahr in die Wintersaison starten kann oder die Skigebiete wie zuletzt von Italien, Frankreich und Deutschland eingefordert bis in den Jänner geschlossen bleiben, steht laut Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) die Antwort weiter aus.

„Es wird von den Infektionszahlen abhängen, wann wir mit der Öffnung beginnen“, sagte Köstinger dazu gegenüber der ZIB2. Von den Vorgaben aus Italien und Frankreich halte sie jedenfalls nichts – man werde in Österreich vielmehr selbst eine Entscheidung treffen. Wann diese zu erwarten ist, bleibt offen. Köstinger verwies in diesem Zusammenhang unter anderem auf den laufenden Lockdown und dessen demnächst erwartete Auswirkungen auf die CoV-Lage. Hohe Erwartungen hat Köstinger zudem mit Blick auf die nun auch in Österreich anstehenden Massentests.

Sollten es die Zahlen zulassen, spreche nichts gegen ein „behutsames Hochfahren“. Was die Sicherheitskonzepte betrifft, sieht Köstinger Österreichs Tourismus- und Gastronomiebranche bestens gerüstet. Was die Skilifte betrifft, würden ähnliche Konzepte greifen wie im öffentlichen Verkehr. Und in der Gastronomie sei ohnehin schon „viel getan“ worden, sagte Köstinger mit Verweis auf die Erfahrungen in der Sommersaison.

Köstinger: „Werden Entscheidungen in Österreich selber treffen“

Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) geht davon aus, dass durch behutsame Öffnungsschritte, Massentests und Sicherheitskonzepte in den Skigebieten die Wintersaison funktionieren kann.

„Wir werden alles dafür tun, dass die Menschen gesund bleiben“, so Köstinger, der zufolge sich das Virus nicht auf den Skipisten verbreite, sondern in geschlossenen Innenräumen und bei den Feiern danach. Ein wichtiger Schlüssel sei somit, dass es etwa Apres-Ski, so wie man es bisher kannte, nicht geben werde. Abhängig sei die Öffnung der Skigebiete aber vom Faktor Planungssicherheit. Ein Hotel könne man nicht einfach schnell hochfahren – hier benötige man Köstinger zufolge mindestens zwei Wochen. Das heißt im Umkehrschluss freilich auch, dass eine Entscheidung in Sachen Skigebiete demnächst fallen muss: Sonst geht sich ein Saisonstart vor Weihnachten ohnehin nicht mehr aus.

Kurz: „Lift wie öffentliches Verkehrsmittel“

Eine internationale Abstimmung dazu sei „übertrieben“, hatte dazu am Mittwoch auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gesagt. Öffnungsschritte in allen Bereichen, darunter auch beim Sport, würden von den Staaten unterschiedlich gehandhabt: „Ich kann Ihnen nur sagen, wenn jemand alleine laufen geht im Moment, dann ist das ähnlich gefährlich, wie wenn jemand alleine eine Skitour geht“, so Kurz. „Wenn jemand einen Lift verwendet, dann ist das ähnlich, wie wenn er ein öffentliches Verkehrsmittel verwendet. Anhand dieser Gesichtspunkte muss man Entscheidungen treffen.“

Hygienehinweise in Ischgl
Reuters/Leonhard Foeger
Die Skigebiete argumentieren mit umfassenden Sicherheits- und Hygienemaßnahmen

Perspektive gesucht

Ungeachtet der ausstehenden Entscheidung bereiten die meisten Länder sich weiter auf eine Skisaison ab Mitte Dezember vor. Sie verweisen auf ausgeklügelte Sicherheitsmaßnahmen und Sicherheitskonzepte. Vor allem Salzburg und die Steiermark sind weniger auf ausländische Gäste angewiesen als etwa Vorarlberg und Tirol. Hier stelle sich die Frage, ob ein Aufsperren über Weihnachten überhaupt Sinn mache angesichts der bestehenden Reisewarnungen, stellte WIFO-Ökonom Oliver Fritz im Ö1-Mittagsjournal in den Raum.

Auf die Vermittlung von Sicherheit setzt heuer die Tiroler Tourismusbranche. Statt Werbung ist derzeit bei potenziellen Gästen vor allem Information gefragt – mehr dazu in tirol.ORF.at. Fast 60 Prozent aller Gäste in Vorarlberg kamen in der vergangenen Wintersaison aus Deutschland. Der Anteil der heimischen Gäste machte hier nur acht Prozent aus. Unterdessen diskutiert man einmal mehr über Skiliftrabatte für Einheimische – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Steirische Skigebiete bereiten jedenfalls einen baldigen Saisonstart vor. „Es muss ja auch eine Perspektive für die Mitarbeiter, für die Betriebe, aber auch für die gesamte Region geben“, sagte Mathias Schattleitner, Geschäftsführer der Schladming-Dachstein Tourismusmarketing GmbH, – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Hoteliers pochen auf Planungssicherheit

Vorarlbergs Skigebiete planen ebenfalls mit einem Saisonstart Mitte Dezember – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at. Gregor Hoch, Hotelier in Vorarlberg und Ehrenpräsident der Hoteliervereinigung, kann im Ö1-Mittagsjournal die aktuelle Debatte über ein länderübergreifendes Verbot des Skifahrens bis Anfang Jänner nicht nachvollziehen. Schließlich gebe es ja nach wie vor die Reisewarnung aus Deutschland. Er rechne daher eigentlich nicht mehr mit einem Weihnachts- und Silvestergeschäft. Die österreichischen Gäste könnten das Ausbleiben der deutschen Gäste nicht kompensieren.

Entscheidend sei aber für die Betriebe, Planungssicherheit zu bekommen. Allein um sein Hotel wieder hochzufahren, brauche er drei bis vier Wochen. Ähnlich argumentierten auch die Salzburger Hoteliers: „Tausende Mitarbeiter sitzen zu Hause und warten auf diese Informationen“ – mehr dazu in salzburg.ORF.at.

Merkel will alle Skigebiete schließen

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will unterdessen weiter eine EU-weit koordinierte Lösung forcieren. „Wir werden uns in Europa um eine Abstimmung bemühen, ob wir alle Skigebiete schließen könnten“, sagte Merkel am Donnerstag im Bundestag in Berlin. Sie gab sich allerdings wenig optimistisch, das umsetzen zu können: „Es sieht leider nicht so aus, wenn man die österreichischen Verlautbarungen hört, dass uns das so einfach gelingen könnte, aber wir werden es noch einmal versuchen.“

Deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel
AP/Markus Schreiber
Merkel sorgt sich wegen Österreichs Haltung zum Skifahren über Weihnachten

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) warnte am Mittwoch explizit vor Skiurlauben. Es gehe nicht darum, Spaß und Freude am Skifahren zu verbieten. „Aber wir machen uns Sorgen, was Österreich betrifft.“ Massenhaftes Anstellen bei Skiliften, Gondeln und Apres-Ski könne er sich nicht vorstellen, so Söder. Er appellierte an die Bevölkerung, Skiurlaube in diesem Jahr zu unterlassen. Diese Art von Tourismus „konterkariere alle Bemühungen der Bevölkerung“, das Virus zu bekämpfen.

Quarantäne für bayrische Tagesausflügler

Die Tourismuswirtschaft der Alpen habe aus dem Fall Ischgl nichts gelernt, kommentierte die „Süddeutsche Zeitung“ („SZ“): „Die Skishow muss weitergehen. Koste es, was es wolle.“ Es stehe zu viel Geld auf dem Spiel. Dennoch sei diese Haltung „jedoch so unverantwortlich wie unsolidarisch“, so die „SZ“.

Streit um Skisaison

Italien und Frankreich wollen ihre Skigebiete über Weihnachten geschlossen halten. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel setzt sich für eine europaweite Verschiebung des Saisonstarts ein. Österreich ist dagegen, obwohl der heimische Tourismus stark von Gästen vor allem aus Deutschland abhängig ist.

Bayern sorgt jedenfalls vor, sollten die österreichischen Skigebiete öffnen. Am Donnerstag wurde eine Quarantänepflicht für Tagesausflüge etwa zum Skifahren nach Österreich eingeführt. „Touristische Tagesausflüge oder Freizeitvergnügen im Ausland, etwa zum Skifahren, sind vermeidbare Risikoquellen“, hieß es aus Bayern. Die bisherige Möglichkeit, sich im Rahmen des kleinen Grenzverkehrs für bis zu 24 Stunden quarantänefrei ins Ausland zu begeben, werde auf triftige Gründe beschränkt. Dazu zählten eben nicht touristische und sportliche Zwecke.

Italienische Regionen fordern Grenzschließung

Deutschland befindet sich mit seinem Vorgehen in Gesellschaft von Italien und Frankreich. Italiens Premier Giuseppe Conte hatte bereits zuvor appelliert, die europäischen Skigebiete über Weihnachten geschlossen zu halten – trotz Protests vieler italienischer Skiregionen. Die Regionen forderten zuletzt auch eine Grenzschließung, sollte das Skiverbot eingeführt werden. So will man vermeiden, dass italienische Touristen ins benachbarte Ausland fahren. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will sich ebenfalls mit europäischen Nachbarstaaten bei der Skifrage abstimmen.

In Frankreich sollen die Pisten frühestens im Jänner öffnen, wenn die Infektionszahlen gesunken sind. Am Donnerstag präzisierte Premier Jean Castex aber, dass die Skilifte zwar geschlossen sein sollen, aber die Wintersportorte selbst offen bleiben können: „Natürlich wird es für jeden (…) möglich sein, in die Ferienorte zu gehen, um die reine Luft unserer schönen Berge, die Geschäfte, die geöffnet sein werden – außer Bars und Restaurants –, zu genießen.“

EU will sich nicht einmischen

Die EU-Kommission will sich unterdessen nicht in die laufende Debatte einmischen – vielmehr erteilte EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides einem europaweiten Skiverbot über die Weihnachtszeit am Donnerstag eine Absage. „Es gibt keine Formel, die für alle EU-Staaten gilt, denn jedes Land hat eine unterschiedliche Situation“, sagte die EU-Kommissarin im Interview mit der Mailänder Tageszeitung „Corriere della Sera“ (Donnerstag-Ausgabe).

„Weihnachten ist für jeden wichtig, doch nichts in diesem Jahr 2020 ist wie vorher. (…) Solange kein Impfstoff verfügbar und eine große Masse von Menschen nicht geimpft worden ist, empfehlen wir den EU-Mitgliedsstaaten, ihre Bemühungen zur Eingrenzung der Pandemie fortzusetzen“, sagte die EU-Kommissarin. Schon zuvor hatte der Vertreter der EU-Kommission in Österreich, Martin Selmayr, gesagt, dass sich die EU nicht in die Debatte über die Dauer der Skisaison einmischen werde. Die EU habe keine „Skifahr-Kompetenz“ und werde hier nichts verbieten.