Covid-19-Test
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Massentests

Kritik an hohen Anschaffungskosten

Die im Dezember geplanten Antigen-Massentests haben am Samstag weiter für Empörung seitens der Opposition gesorgt. Im Zentrum der Kritik: die hohen Anschaffungskosten. In Summe handelt es sich dabei um rund 67 Millionen Euro. Vor allem im Vergleich zur Slowakei seien dabei Mehrkosten von knapp 30 Millionen Euro entstanden, so die SPÖ. Unterdessen lobte Kurz das Engagement der Länder und Gemeinden.

Anfang Dezember sollen die Coronavirus-Massentests in der Bevölkerung starten – ab Freitag (4. Dezember) in Wien, am Wochenende darauf in Vorarlberg und Tirol, danach in den anderen Bundesländern. Die Kosten werden zum „wesentlichen Teil“ vom Bund übernommen, sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) am Freitag.

Die Bestellung habe das Bundesheer übernommen und insgesamt zehn Millionen Stück der Schnelltests gekauft – im Schnitt um 6,70 Euro pro Stück. Die Slowakei hingegen habe für die gleiche Menge (zehn Millionen Tests) nur vier Euro pro Stück bezahlt, wie das Ö1-Mittagsjournal am Samstag berichtete.

Große Nachfrage, großer Zeitdruck

Als Lieferanten wurden Siemens mit fünf Millionen, Roche mit vier Millionen und die Wiener Firma IFMS Med mit einer Million Tests genannt. Alle drei Firmen seien bei der Bundesbeschaffung Gesellschaft (BBG) gelistet. Es gebe also Liefervereinbarungen, was bedeute, dass Bundes- und Landesstellen Leistungen über die BBG abrufen könnten.

BBG-Geschäftsführer Gerhard Zotter sprach im Mittagsjournal von „einer großen Marktmacht auf der Angebotsseite“, da natürlich eine hohe Nachfrage bestehe. Den günstigeren Einkauf der Slowaken könne er sich nicht erklären. Seitens des Bundesheeres begründete man die hohen Anschaffungskosten damit, dass lediglich die drei Unternehmen zu diesem Zeitpunkt die entsprechend hohe Anzahl von Tests liefern hätten können.

Michael Bauer, Sprecher des Verteidigungsministeriums, verwies jedoch auf die hohe Qualität der Tests, diese würden dem „höchsten Standard“ entsprechen – daher müsse man bei einem niedrigeren Preis auch immer vergleichen, „was kann dieses Produkt mit dem niedrigeren Preis“, so Bauer gegenüber Ö3.

Doch nicht nur die Slowakei, sondern auch die USA und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hätten günstigere Tests eingekauft, nämlich beim US-Pharmakonzern Abbott, der Tests zu einem Stückpreis von 4,30 Euro anbiete, so das Mittagsjournal. Doch Abbott sei bei der BBG gar nicht gelistet. Vorarlberg habe sich bereits Anfang Oktober, großteils bei Abbott, 230.000 Schnelltests um 1,1 Millionen gesichert. Die Massentests werde Vorarlberg dennoch mit den teureren Schnelltests des Bundes durchführen, hieß es in dem Beitrag.

Teststraße in Wien
APA/Roland Schlager
Eine Coronavirus-Teststraße in Wien. Der Preis für einen Schnelltest beläuft sich im Schnitt auf 6,70 Euro.

SPÖ: Kritik an Vorgehensweise

An den Anschaffungskosten stieß sich am Samstag auch die SPÖ. „Während die WHO, USA aber auch das kleine Land Slowakei einen Test um rund vier Euro erwarben, hat das Bundesheer knapp sieben Euro pro Test hingelegt.“ Hochgerechnet auf die insgesamt zehn Millionen angeschafften Tests seien das Mehrkosten von knapp 30 Millionen Euro. Für diese müssten nun die österreichischen Steuerzahler „blechen“, so SPÖ-Wehrsprecher Robert Laimer.

Er machte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) dafür mitverantwortlich. Denn dieser sei mit einer Maßnahme „vorgeprescht“, ohne die notwendigen Vorbereitungen dafür zu treffen. Ohne die mediale Ankündigung wäre der Handlungsdruck nicht so groß gewesen, und man hätte sich den Markt und die handelsüblichen Preise besser anschauen können, so Laimer.

Kritik kam auch seitens der SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner: Die Massentest würden nur Sinn ergeben, wenn sie nach einigen Tagen wiederholt werden, um auch die Leute in der Inkubationszeit zu erfassen. Sie nehme aber an, „dass die Bundesregierung nicht so weit gedacht hat“, so die SPÖ-Chefin am Samstag.

„Gesundheitspolitische Schnapsidee“

FPÖ-Gesundheitssprecher Gerhard Kaniak bezeichnete die Massentestungen unterdessen als „gesundheitspolitische Schnapsidee“. Er kritisierte die seiner Meinung nach zu hohe Fehlerquote und dass viel zu viele Ressourcen gebunden bzw. zu hohe Kosten verursacht würden. Die Massentestung sei „hochgradig ineffizient“ und würde „wirklich notwendige Testungen“ verlangsamen oder gar verhindern, weil Kapazitäten blockiert würden.

Kurz lobt Engagement der Länder und Gemeinden

Kurz hatte unterdessen am Freitag das Engagement der Länder und Gemeinden für die im Dezember geplanten Antigen-Massentests gelobt. „Dass sich alle Bundesländer beteiligen und bereits Termine vorgezogen und fixiert haben, ist sehr erfreulich“, sagte der Kanzler, der sich überzeugt zeigte, dass mit den Massentests das Infektionsgeschehen bis zur Impfung unter Kontrolle gebracht werden könne.

Kurz dankte den Vertretern der Länder und Gemeinden sowie den verschiedenen ehrenamtlichen Organisationen wie beispielsweise der Freiwilligen Feuerwehr und den Rettungsorganisationen, die bei den Testungen mithelfen werden. Innerhalb weniger Tage hätten die Länder und Gemeinden mit dem Bundesheer und den Gesundheitsbehörden alle Vorkehrungen getroffen, damit ab kommender Woche mit den ersten Massentests begonnen werden könne, so der Kanzler.

Aufruf zu hoher Beteiliung

Aus den Rückmeldungen der Länder und Gemeinden vernehme er, „dass sich viele an den Tests beteiligen werden“, so Kurz. Das hätten auch die Testungen in Südtirol gezeigt. Dort sei es mit dem Massentest und der starken Beteiligung der Bevölkerung gelungen, den entscheidenden Reproduktionsfaktor „R“ von 1,4 Richtung 0,5 runterzudrücken. Ähnlich in der Slowakei.

Kurz rief abermals zu einer hohen Beteiligung auf. Denn je höher diese sei, desto eher könne es gelingen, asymptomatische, mit dem Coronavirus Infizierte zu identifizieren und Infektionsketten zu durchbrechen. Auch die gestern präsentierte Dunkelzifferstudie habe gezeigt, „wie wichtig diese Testungen sind und dass das Testen breiter Bevölkerungsgruppen notwendig ist“, argumentierte Kurz. Laut einer Umfrage des „profil“ kann sich mehr als die Hälfte der Bevölkerung vorstellen, an den Tests teilzunehmen.