Protest-Plakat
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Quer durch Europa

Wachsende Proteste gegen CoV-Maßnahmen

Trotz erster Lockerungen wächst in Europa der Protest gegen die Coronavirus-Maßnahmen: In London gingen Tausende auf die Straße, im belgischen Lüttich protestierten Hunderte gegen die nächtlichen Ausgangsbeschränkungen, und in Frankreich wurde eine Öffnung der Skilifte sowie der Restaurants und Bars in den Wintersportorten gefordert.

Bei den Protesten im Zentrum Londons kam es am Samstag vereinzelt zu Zusammenstößten mit der Polizei. Diese meldete über 60 Festnahmen, unter anderem wegen Verstoßes gegen die CoV-Schutzauflagen. Großbritannien verzeichnet mit inzwischen mehr als 58.000 Coronavirus-Toten die höchsten Opferzahlen in Europa.

Am Dienstag endet in England nach vier Wochen ein zweiter Lockdown. Für Millionen Menschen im Land bleiben jedoch strikte Beschränkungen bestehen. Mehrere Großstädte wie Birmingham, Leeds, Manchester und Sheffield fallen unter die höchste Warnstufe eines Dreistufenplans der Regierung. Dort bleiben Gastronomie und Freizeiteinrichtungen auch nach dem Ende des Lockdowns am Dienstag geschlossen.

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Proteste gegen Covid-Maßnahmen in Polen
Reuters/Hannibal Hanschke
In vielen Ländern Europas finden Proteste gegen die Coronavirus-Maßnahmen statt
Proteste gegen Covid-Maßnahmen in London
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In London gingen Tausende Menschen auf die Straßen
Proteste gegen Covid-Maßnahmen in Berlin
Reuters/Hannibal Hanschke
Auch in Berlin wurden Forderungen nach schnellen Lockerungen laut
Proteste gegen Covid-Maßnahmen in Leipzig
Reuters/Hannibal Hanschke
Mit Tafeln, aber teils ohne Mund-Nasen-Schutz protestierten die Teilnehmer und Teilnehmerinnen
Proteste gegen Covid-Maßnahmen in Frankreich
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In Frankreich gehen Wirschaftstreibende – etwa Lokalbesitzerinnen und -besitzer – auf die Straße …
Proteste gegen Covid-Maßnahmen in Lyon
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… und das schon seit Wochen
Proteste gegen Covid-Maßnahmen in Bratislava
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Viele Menschen sehen in den CoV-Maßnahmen eine Einschränkung ihrer persönlichen Freiheiten
Proteste gegen Covid-Maßnahmen in den USA
Reuters/Mike Blake
Freilich sind die Proteste kein Phänomen Europas – auch in den USA wird seit Monaten demonstriert
Proteste gegen Covid-Maßnahmen in Istanbul
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… und auch in der Türkei

Verhaftungen und Anzeigen in Belgien

In Lüttich im Osten Belgiens demonstrierten rund 500 Menschen gegen die zwischen 22.00 und 6.00 Uhr geltende Ausgangssperre, die sie als Beschränkung ihrer Freiheit anprangerten. Gegen 22.15 Uhr stoppte die Polizei die Kundgebung und nahm Ausweiskontrollen vor. Insgesamt 400 Betroffene müssen nach Angaben der Polizei vom Sonntag mit Geldstrafen rechnen. Knapp 20 Teilnehmer wurden nach vereinzelten Ausschreitungen in Gewahrsam genommen. Bei Auseinandersetzungen seien vier Polizisten und drei Demonstranten verletzt worden, meldete das Internetportal L’Avenir.net.

Belgien zählt bei den Todesraten zu den am schwersten betroffenen Ländern weltweit. Seit Ende Oktober gilt in dem Land ein Teil-Lockdown, doch dürfen ab Dienstag die Geschäfte wieder öffnen. Alle anderen Beschränkungen, darunter auch die Begrenzung der Sozialkontakte und die Schließung von Restaurants, Bars und Cafes, bleiben aber in Kraft.

Auch andere EU-Länder versprachen Lockerungen für die Vorweihnachtszeit, darunter Italien und Irland. In Tschechien kündigte die Regierung am Sonntag an, dass ab 3. Dezember Geschäfte, Restaurants und Museen wieder öffnen dürfen. In Frankreich durften bereits am Samstag alle Geschäfte unter Hygieneauflagen wieder öffnen. Im Pariser Edelkaufhaus Galeries Lafayette wurden die ersten Kunden und Kundinnen von applaudierenden Angestellten begrüßt.

Proteste gegen Covid-Maßnahmen in London
APA/AFP/Tolga Akmen
In London sind Tausende Menschen auf die Straße gegangen

Frankreich: Verwaltungsgericht kippte Beschränkung

Auch die seit vier Wochen geltenden strikten Ausgangsbeschränkungen wurden in Frankreich gelockert. Bisher waren Spaziergänge und Sport im Freien auf täglich eine Stunde und einen Radius von nur einem Kilometer um den Wohnort begrenzt, jetzt dürfen die Franzosen und Französinnen ihre Häuser für drei Stunden verlassen und sich in einem Radius von 20 Kilometern bewegen.

Restaurants, Bars und Cafes sowie Sport- und Kultureinrichtungen bleiben aber geschlossen. Auch in den französischen Skigebieten, die in den Weihnachtsferien öffnen dürfen, müssen Restaurants und Bars geschlossen bleiben, ebenso die Skilifte. In der Stadt Gap folgten nach Angaben der Polizei rund 400 Menschen am Samstag einem Aufruf der Skigebiete im Departement Hautes-Alpes und demonstrierten gegen die Anordnung.

Das oberste französische Verwaltungsgericht kippte am Sonntag eine von der Regierung angeordnete Begrenzung der Teilnehmer und Teilnehmerinnen an Gottesdiensten auf maximal 30. Das Gericht bezeichnete die Maßnahme angesichts der Größe vieler Gotteshäuser als unverhältnismäßig. Die Regierung in Paris erhielt nun eine dreitägige Frist zum Überarbeiten ihres Dekrets.

Proteste gegen Covid-Maßnahmen in Lyon
APA/AFP/Jeff Pachoud
Im französischen Lyon forderten die Menschen die Öffnung von Restaurants

Länderübergreifender Protest in Deutschland

In Frankfurt/Oder demonstrierten bis zu 1.500 Menschen aus Deutschland und Polen gegen die Beschränkungen. Bei der Kundgebung der Initiative „Querdenken“ aus Duisburg wurde am Samstag auf Deutsch und Polnisch „Frieden“ und „Freiheit“ gerufen und gegen eine Einschränkung von Grundrechten protestiert. Es war die erste länderübergreifende Aktion dieser Art. Aus Slubice auf polnischer Seite kamen Hunderte nach Frankfurt.

Veranstalter und Polizei mussten mehrfach dazu aufrufen, den Mindestabstand einzuhalten und Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Viele Besucher und Besucherinnen hielten sich nicht an die Maskenpflicht. Die Polizei zog eine positive Bilanz ihrer Linie der Deeskalation. Zeitweise lag die Zahl der Teilnehmenden nur bei einigen hundert Demonstranten.

Zu einer Gegendemonstration kamen laut Polizei rund 150 Menschen. Dazu hatte das Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ unter dem Motto „Solidarität statt Rücksichtslosigkeit – Maskenball statt Corona-Leugner“ aufgerufen. Der deutsche Verfassungsschutz hat die „Querdenken“-Bewegung nach Angaben von Bayerns Innenministers Joachim Herrmann (CSU) bisher nicht förmlich zum Beobachtungsobjekt erklärt. Die Bewegung, die seit Monaten Proteste gegen die Politik zur Eindämmung der Pandemie organisiert, sei eine äußerst heterogene Gruppierung, die man genau im Blick habe, sagte Herrmann dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND, Sonntag).