500-Euro-Geldscheine
ORF.at/Günther Rosenberger
Treffen der Euro-Finanzminister

Einigung bei Euro-Rettungsschirm

Die Stärkung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) hätte schon Ende vergangenen Jahres beschlossen werden sollen. Doch erst jetzt gab Italien seinen Widerstand auf. Montagabend einigten sich die EU-Finanzminister nach Angaben Deutschlands auf die Reform des Rettungsschirms. Damit wollen sich die Euro-Staaten auch inmitten der durch die Pandemie verursachten Rezession besser vor künftigen Banken- und Finanzkrisen schützen.

Diese Reform sei zwar technisch, aber von großer Bedeutung, sagte der deutsche Finanzminister Olaf Scholz (SPD) am Montagabend: „Die ESM-Reform stärkt den Euro und den gesamten europäischen Bankensektor. Denn wir machen die Euro-Zone noch robuster gegenüber den Attacken von Spekulanten.“ Nun müsse in allen Ländern der Ratifizierungsprozess starten. Es seien schon viele Vorarbeiten geleistet worden. Auch Euro-Gruppe-Chef Paschal Donohoe sagte, die Änderungen würden den Euro und die Bankenunion stärken und so Bürger, Bürgerinnen, Unternehmen und Volkswirtschaften unterstützen.

Tatsächlich ist die wirtschaftliche Lage in der Euro-Zone aus Sicht des Internationalen Währungsfonds (IWF) ungünstiger als noch vor wenigen Wochen gehofft. Wegen der zweiten Welle könnte der Aufschwung Anfang 2021 schwächer ausfallen. Der IWF drang deshalb nicht nur auf einen raschen Start des 750 Milliarden Euro schweren CoV-Wiederaufbauprogramms „Next Generation EU“. Auch der Abschluss der ESM-Reform und die Stärkung des Bankenabwicklungsfonds blieben dringende Aufgaben, hieß es.

Der deutsche Finanzminister Olaf Scholz
APA/dpa/Michael Kappeler
Der deutsche Finanzminister Scholz zeigte sich erleichtert über die Einigung

Rom blockierte wegen Detailfragen

Gerade in der durch die Pandemie bedingten Wirtschaftskrise galt die Einigung als wichtiges Signal, dass die Euro-Staaten zusammenhalten. Wegen Detailfragen hatte Italien die eigentlich bereits vor einem Jahr unterschriftsreife Reform lange blockiert. In einer Anhörung im italienischen Parlament signalisierte Finanzminister Roberto Gualtieri aber Zustimmung zu dem ESM-Reformpaket.

„Backstop“

Unter dieser „Letztsicherung“ ist eine staatlich garantierte Rückversicherung bei der Abwicklung von Pleitebanken zu verstehen. Der „Backstop“ soll nun bereits 2022 statt wie bisher geplant 2024 starten.

Die Reform soll den nach der Wirtschafts- und Finanzkrise 2012 gegründeten ESM stärken und vorsorgliche Kreditlinien für Staaten in Wirtschafts- und Finanzkrisen erleichtern. Ein stabiler Bankensektor sei auch eine wichtige Voraussetzung für Wachstum, betonte Scholz. Es bleibt weiterhin Aufgabe des mit einem Stammkapital von 705 Milliarden Euro dotierten Rettungsfonds, Euro-Länder im Krisenfall mit Krediten gegen Reformauflagen vor einem Staatsbankrott zu retten.

Mit der Reform sollen nun aber im Krisenfall leichter „vorsorgliche Kreditlinien“ für wirtschaftlich gesunde Staaten geöffnet werden können. Zudem soll der ESM die Funktion einer gemeinsamen „Letztsicherung“ („Backstop“) für den 2014 gegründeten Bankenabwicklungsfonds (SRF) übernehmen. Der ESM soll künftig zudem enger mit der EU-Kommission bei der Bewertung der Wirtschafts- und Finanzlage der Mitgliedstaaten zusammenarbeiten und eine größere Rolle bei der Überwachung von Krisenprogrammen spielen.

Faule Kredite abgebaut

Diese rasche gemeinsame Absicherung des Bankenfonds ist im Sinne Italiens. Euro-Gruppe-Chef Donohoe sieht den früheren „Backstop“ auch als Konsequenz des großen Fortschritts bei der Reduktion fauler Kredite und Risiken bei den Kreditinstituten. Die Finanzminister rechnen damit, dass dieser positive Trend bei der Beseitigung von Finanzrisiken durch die CoV-Krise „unterbrochen oder verlangsamt“ werden könnte.

Innenpolitisch war der europäische Rettungsfonds ein heikles Thema in Italien. Vor allem die rechte Lega punktete mit Kritik an den Sparprogrammen, die der ESM im Gegenzug für Rettungskredite verlangt.

Kritisiert worden war auch, dass ein Schuldenschnitt oder eine Laufzeitverlängerung von Staatsanleihen mit der Reform leichter würde. Kritiker im hoch verschuldeten Italien hatten befürchtet, dass dadurch Kredite auf dem Kapitalmarkt teurer würden, weil sich Investoren das Risiko bezahlen ließen. Am Inhalt der Reform hat sich seit dem vergangenen Jahr wenig geändert. Die Lage habe sich aber nun geändert, erklärte Finanzminister Gualtieri nun die Zustimmung Italiens.

Blümel begrüßt Einigung

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) begrüßte die Einigung. „Der ESM hat sich in der Finanzkrise bewährt, daher ist diese Aufwertung sinnvoll“, so Blümel am Dienstag gegenüber der APA. Sowohl der Finanzplatz Europa als auch die Krisenfestigkeit von Banken werde gestärkt. „Das hilft letztlich den Kunden und der Wirtschaft in allen Ländern“, so Blümel.