Eigentlich hätte aus Czerny auch ein Wunderkind werden können. Doch für die ausgedehnten Tourneen durch Europa fehlte Czernys Vater das Geld. So blieb er in Wien. Und hatte Glück: Denn Czerny, der schon früh durch die auswendige Kenntnis von Schlüsselwerken Beethovens auffiel, wurde der erste Schüler des Komponisten aus Bonn, den der Meister mehr für ein symbolisches Entgelt unterrichtete. Im Lauf seiner Karriere sollte sich Czerny zum maßgeblichen Beethoven-Exegeten entwickeln, der nicht nur die Beethoven’sche Fingertechnik im Werk „Die Kunst der Fingerfertigkeit“ (Op. 740) festhielt. Czerny verfasste auch das Werk „Über den richtigen Vortrag der sämtlichen Klavierwerke Beethovens“. Franz Liszt sollte wiederum einer der berühmtesten Schüler Czernys sein – allerdings darf man bei Liszt vermuten, dass er dessen Auslegungsfragen etwas freier angelegt hat.
Beethoven-ABC: C wie Czerny
C wie Czerny
Beethoven-Biograf Jan Cayers bezeichnet Czerny als „typischen Vertreter der bürgerlichen Kultur des frühen 19. Jahrhunderts, der Fleiß für die entscheidende Eigenschaft des Lernenden hielt“. Czerny sei auch der Erste gewesen, der öffentlich die Haltung vertreten habe, dass man bei Auftritten auswendig und nicht vom Blatt zu spielen habe, so Cayers.
Korstick: „Wir wissen, was wir dürfen“
Auf jeden Fall ist Czerny einer der entscheidenden Schlüssel für ein Verständnis der Absichten Beethovens in der Umsetzung der Aufführung seines Werkes und damit, so ist sich auch Michael Korstick sicher, ein wesentlicher Türöffner zum Werk des Komponisten.
Beethoven von A bis Z
Das gesamte bisherige Beethoven-ABC
„Man muss es nicht so machen wie von Czerny vorgegeben“, sagt der Beethoven-Interpret Korstick, aber: „Wir wissen, was wir dürfen“: „Czerny ist natürlich allen armen Klavierschülern verhasst als der Etüdenschreiber, aber er war viel mehr. Er war ein Allroundmusiker und er war immer ein sehr geschätzter Schüler von Beethoven, der viele wichtige Stücke mit ihm einstudieren durfte, und wir haben, überliefert von Czerny, das Glück, seine Vorschläge für alle Tempi in allen Klavierstücken, die Beethoven geschrieben hat, überliefert zu haben als Metronomzahl.“
Aus der Erfahrung des gemeinsamen Unterrichts mit Beethoven heraus habe Czerny wesentliche Bemerkungen weitergegeben, so Korstick. In gewisser Weise, so könnte man schließen, war Czerny einer der Leuchttürme im Universum Beethoven, das einem ein paar Richtungsvorgaben gegen das komplette Irrlichtern durch das Werk vorgegeben hat.