Blick ins U-Ausschuss-Lokal
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„Ibiza“-U-Ausschuss

Novomatic-Geld für alle Parteien nur „Idee“

Im „Ibiza“-U-Ausschuss ist am Mittwoch Novomatic im Fokus gestanden. Es steht der Verdacht im Raum, dass der Glücksspielkonzern Gesetze der ÖVP-FPÖ-Regierung beeinflussen konnte. Zugeknöpft gab sich dazu Novomatic-Manager Alexander M., gegen ihn laufen Ermittlungen – es gilt die Unschuldsvermutung. Weit redefreudiger war Stefan K., Marketing- und Kommunikationschef im Konzern.

In seinem Eingangsstatement gab K. an, seine Karriere im Parlament begonnen zu haben – im Jahr 2000, als parlamentarischer Mitarbeiter von Reinhold Lopatka (ÖVP). Danach habe er für die PR-Agentur von Peter Hochegger gearbeitet. Ab 2007 sei er mit einer Beratungsfirma selbstständig gewesen, seit Herbst 2015 arbeite er für Novomatic. Bei Hochegger hatte K. 2005 den „Masterplan Novomatic“ mitverfasst. Darin ging es um „langfristige Zielsetzung der Imageverbesserung“, auch die Gewinnung von Verbündeten war genannt worden. Er habe aber nicht entschieden, was im „Masterplan“ steht, gab K. an.

Nach einem ausführlichen Loblied auf seine Firma verwies auf die Kooperation mit sehr vielen Initiativen weltweit und hierzulande. Diese seien für die Wirtschaft „enorm wichtig“. Man fördere das Vereinsleben im Land, man arbeite nach transparenten Regeln. „Man kommt nicht durch Sponsoring zu einer Lizenz“, so K. Novomatic bekomme jährlich Hunderte Anfragen für Sponsorings, viele müsse man ablehnen. Den „Ibiza-Sager“ von Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache („Novomatic zahlt alle“) wies er „auf das Schärfste zurück“.

Auskunftsperson Stefan K.
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K. bei der Ankunft vor dem Ausschusslokal

„Nein, Novomatic zahlt nicht alle“

„Nein, Novomatic zahlt nicht alle, aber sehr viele wollen die Unterstützung von Novomatic“, gab K. zu Protokoll. Strache habe mit der Aussage einen falschen Eindruck erweckt, sagte K. auf Fragen von Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl. „Nichts davon stimmt, Novomatic hat keine Vorteile erhalten“, so K. „Nach meinem Wissensstand hat Novomatic keine Gelder an politische Parteien gezahlt“, sagte er Pöschl auf entsprechende Frage.

Die Grünen brachten Chats zwischen Ex-Novomatic-Sprecher Bernhard K. an Ex-Chef Harald Neumann auf. Anlass waren die Spenden von KTM-Chef Stefan Pierer an die ÖVP. Neumann habe im Sommer 2017, also im damaligen Nationalratswahlkampf, die Idee gehabt, dass Novomatic an alle Parteien spenden könnte. Motto: Wenn Parteispenden, dann an alle. Es sei eine Idee gewesen, wie es viele Ideen gegeben habe – manche würden umgesetzt, manche eben nicht. Diese sei nicht umgesetzt worden, die Novomatic habe entsprechend auch nicht gespendet, so K.

Nie abgeschickter Brief

Auf dieses Thema verlagerte sich auch NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper. Sie legte einen weiteren Chat von Novomatic-Sprecher Bernhard K. vor: Darin wurde thematisiert, dass ein Brief an die Parteien nie abgeschickt worden sei. Bei der Frage nach dem Grund dafür, hatte K. auf die heutige Auskunftsperson verwiesen. Dazu konnte der Novomatic-Chefkommunikator aber nichts sagen.

Stephanie Krisper (NEOS)
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Krisper erfragte Details zur Novomatic-Kooperationen mit mehreren Vereinen

„Schon fast eine Frotzelei“

Auch wollte Krisper mehr über K.s Tätigkeit als selbstständiger Berater (zwischen 2007 und 2015) wissen. Im Zuge dessen habe er über einen Vertrag mit Novomatic verfügt – so habe er das Unternehmen auch kennengelernt. Im Raum stand die Frage, ob dann an ÖVP-Politiker oder deren Verwandte Geld geflossen sei. „Ich darf ihre Frage so beantworten, dass ich sie nicht beantworte, da sie nicht Sache des U-Ausschusses ist“, so K. Sein privates Unternehmen habe nichts mit dem Ausschuss zu tun, es sei „schon fast eine Frotzelei“, klagte K.

„Klare Leistungen und Gegenleistungen“

Thematisiert wurde eine ganze Reihe von Vereinen, mit denen Novomatic über Verträge verfügt. Dass speziell Niederösterreich so im Fokus stehe, erklärte K. so: „In Niederösterreich ist unser Headquarter, dort liegt ein besonderer Schwerpunkt unseres Sponsorings“. Man wolle dort als Arbeitgeber wahrgenommen werden, „unsere Marke dort präsentieren können“, so K. Es sei aber „wichtig, dass es klare Leistungen und Gegenleistungen gibt“.

So brachte Krisper etwa eine Novomatic-Zahlung von 15.000 Euro für einen „Verein zur Förderung des Journalismus in Niederösterreich“ 2018 auf. K. sprach von einer „tollen Kooperation“, der Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand sei aber unklar. Krisper brachte Vereinsfunktionäre ins Spiel, darunter seien etwa ein Flughafenvorstand dabei sowie der Onlinechefredakteur einer großen Tageszeitung – beide gelten als ÖVP-nahe.

Auch zur Sprache kam das Waidhofner Kammerorchester, das von der Novomatic finanziell unterstützt wurde und bei dem Ausschussvorsitzender Wolfgang Sobotka (ÖVP) Dirigent ist. Krisper wollte wissen, warum die Novomatic das Kammerorchester sponserte. Verfahrensrichter Pöschl sah jedoch keinen Zusammenhang zum Untersuchungsgegenstand: Die Tatsache, dass Sobotka dort aufgetreten ist, bedeute nicht, dass damit eine Einflussnahme auf Regierungsmaßnahmen erfolgt sei. Fragen wurden entsprechend nicht zugelassen.

„Mock-Institut schon wegen Namens förderungswürdig“

Ob es seitens der Politik Begehrlichkeiten gebe, wurde auch in Bezug auf die Kooperation mit dem Alois-Mock-Institut (Ausschussvorsitzender Sobotka fungiert dort als Präsident) erfragt. Als Antwort erhielten die Fragenden allerhand Feingeschliffenes: Allein schon das Wesen dieses Vereins, das sich ja schon aus seinem Namensgeber erschließe, „erscheint mir förderungswürdig“, gab K. etwa an. Man wolle mit dem Namen des ehemaligen Außenministers Alois Mock (ÖVP) und dem europäischen Gedanken, für den dieser stehe, assoziiert werden, so K.

NEOS fragte zu einer Kostennote des Mock-Instituts aus 2014, aber da war K. noch nicht bei Novomatic. Er wisse daher auch nicht, wie es zu der Kooperation gekommen sei, gab er an. Die Grünen machten die Novomatic-Inserate in der Vereinszeitung des Mock-Instituts zum Thema, die ja stets nur in sehr geringer Auflage erschienen sei. Zweifel an der (von K. oft betonten) „Werthaltigkeit“ ließ der Novomatic-Kommunikationschef nicht gelten, immerhin würden 350 Meinungsträger gezielt angesprochen.

Novomatic-Kontakte zu Regierung „wahrscheinlich“

NEOS fragte nach Wahrnehmungen zum Kontakt von Novomatic-Vertretern zu Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bzw. anderen Mitgliedern der Bundesregierung. Von Novomatic-Gründer Johann Graf wisse er das nicht, Neumanns Terminkalender habe er nicht gekannt, und auch Ex-Pressesprecher Bernhard K. habe seine Termine nicht mit ihm abgestimmt. So pauschal könne er also die Frage nicht beantworten, es sei „möglich und sogar wahrscheinlich“, dass es solche Termine gegeben habe.

Ibiza-U-Ausschuss am 02.12.2020
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Der U-Ausschuss – das Bild entstand beim „Kameraschwenk“ vor der Befragung, währenddessen sind Aufnahmen nicht erlaubt

Gefragt nach der Kooperation mit dem freiheitlichen Institut für Sicherheitspolitik (ISP) verwies er auf eine aufrechte Partnerschaft mit dem Verteidigungsministerium. Entsprechend könne die Kooperation der Novomatic nicht so schlimm sein, schließlich sei ja auch die Republik dabei. Es gehe um Sicherheitsfragen, die für einen Glücksspielkonzern wichtig seien. Und die Leistungen? Es sei um einen Zeitraum von drei Jahren gegangen und 200.000 Euro. Es seien Studien gemacht worden.

„Ganz liebe Grüße von Hanni Mikl-Leitner“

Auch der Verein „Wir Niederösterreicher in Wien“ war Thema, dafür bezahlte Novomatic das Catering. Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) habe die Novomatic sehr hervorgehoben, erzählte K., was ihn sehr gefreut habe. Darum habe er das Neumann per SMS geschrieben: „Ich soll Dir ganz liebe Grüße von Hanni Mikl-Leitner ausrichten. Ich habe (…) in Deinem Namen die Begrüßung gemacht und Hanni hat in ihrer Rede eine 2 Minuten lange Lobeshymne gehalten“, hieß es darin.

Nichts mit Sidlo-Bestellung zu tun

Ferner sagte K., Novomatic habe nichts mit der Bestellung von FPÖ-Bezirksrat Peter Sidlo zum Finanzvorstand der Casinos zu tun gehabt, das sei Sache des Casinos-Aufsichtsrats gewesen, der aus vielen Mitgliedern bestehe. Er selbst sei damit nicht befasst gewesen, so K. – einen politischen Deal hinter der Bestellung schloss K. aus.

Die Schenkungen von Novomatic-Gründer Graf an diverse Personen seien „eine Privatsache Grafs, das ist sein versteuertes Geld, was er damit macht, ist seine Privatangelegenheit“, so K. auf eine entsprechende Frage. Das zeige seine Großzügigkeit, meinte der Kommunikationschef.