Blick von oben auf Displays, die wiederum Klaviertastatur zeigen
Gerald Heidegger / ORF.at
Beethoven-ABC

D wie Diabelli-Variationen

Franz Liszt hat sich öffentlich nicht drübergetraut – und für jeden Beethoven-Interpreten am Klavier sind sie so etwas wie das Meisterstück: die 1824 veröffentlichten „33 Veränderungen über einen Walzer für das Pianoforte“, die meist unter dem Title Diabelli-Variationen verhandelt werden. Beethoven reizte der simple Walzer, den der Klavierlehrer Anton Diabelli als Variationsaufgabe „an die vorzüglichsten Virtuosen Wiens“ herausgegeben hatte, so sehr, dass er sein ganzes Variantenspiel daran rauf und runter deklinierte.

Egal, ob man jetzt der von Anton Schindler überlieferten Version glauben mag, dass Ludwig van Beethoven den Walzer von Diabelli für einen „Schusterfleck“ gehalten hat, bleibt als Befund: Es ist ein simples Stück Musik, das hier als Aufgabe für die Bearbeitung an die teils sehr berühmten Musiker der Zeit gestellt wurde. Franz Schubert, der neunjährige Franz Liszt, Johann Nepomuk Hummel und viele mehr sandten Variationen auf die von Diabelli im Frühjahr 1819 gestellte Aufgabe ein. Beethoven brauchte für seine Beantwortung länger – und demonstrierte am Beispiel des Diabelli-Walzers seinen Arbeitsstil. Das findet auch Michael Korstick beim Buchstaben D des Beethoven-ABC.

Beethoven-ABC: D wie Diabellivariation

D wie Diabellivariation

Demonstration einer Arbeitsweise

„Man kann Beethovens ganze Arbeitsweise in diesem späten Stück wie mit dem Seziermesser bearbeitet betrachten“, befindet Korstick: „Wir hören am Anfang den Walzer im Dreivierteltakt, ein bisschen gewürzt mit ein paar ordentlichen Akzenten, aber ansonsten harmonisch, melodisch, weiß Gott nichts Besonderes.“ Erst dann drücke Beethoven dieser Harmlosigkeit seinen Stempel auf, indem er das Thema auf die primitivsten Harmonien herunterbreche: „Das heißt, er zerstört das Thema zunächst mal, um es dann neu aufzubauen.“

Beethoven von A bis Z

Das gesamte bisherige Beethoven-ABC

Was Beethoven uns hier zeige, sei seine Lust, aus der Zersplitterung neue Einheiten zu schaffen: Wenn man die letzte Variation höre, könne man erkennen, welch weite Strecke Beethoven von einem simplen Walzer im Dreivierteltakt zurückgelegt habe. Man lande am Ende in einer „vollkommen vergeistigten Atmosphäre“: „Da ist auch kein Dreivierteltakt mehr zu spüren. Tempo di minuetto, man hört aber den Dreivierteltakt nicht mehr. Es löst sich einfach auf und schwebt in höhere Sphären. Also eigentlich so, wie man es gerne haben möchte. Aber von uns hätte sich sicher keiner getraut, so was zu machen oder auch nur zu denken. Beethoven traute sich.“