SPÖ-Parteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner
APA/Hans Punz
Gelockerter Lockdown

Mahnung und Kritik von Opposition

Die Lockerungen des Lockdowns haben am Mittwoch Reaktionen aus zahlreichen Bereichen von Politik, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft hervorgerufen. Sie reichen von Freude über Kritik und Mahnung bis hin zu offener Enttäuschung. Während die SPÖ sich weitgehend hinter die Schritte der Regierung stellte, aber mehr Hilfe für die Länder einmahnte, übten FPÖ und NEOS teils scharfe Kritik.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner begrüßte die Maßnahmen der Regierung und betonte, dass die Lockerungen nach dem Lockdown nur „vorsichtig, schrittweise und kontrolliert“ erfolgen dürften. Für die gelockerten Bereiche wie Handel und Schulen brauche es strenge Sicherheitskonzepte, denn die Fallzahlen seien noch immer auf hohem Niveau.

Die Öffnung für Pflichtschulen sei richtig, sieht die Parteivorsitzende ihre Forderung erfüllt. Sie forderte nun auch klare Sicherheitsregeln an den Schulen und Unterstützung der Bundesländer durch die Regierung wie etwa bei den Lehrertestungen und der Ausstattung mit Masken.

Rendi-Wagner zu den Lockerungsschritten

Die SPÖ kritisierte das Krisenmanagement der Regierung, unter anderem die Tatsache, dass es nach wie vor sehr hohe Todeszahlen gibt. SPÖ-Vorsitzender Pamela Rendi-Wagner erklärte im Interview, dass die Lockerungsschritten behutsam erfolgen müssen.

FPÖ kritisiert Lockdown für Gastronomie

Die FPÖ zeigte sich dagegen skeptisch und fürchtet durch die langsamen Öffnungsschritte einen harten Schlag für den Arbeitsmarkt und die Wirtschaft. Für Parteichef Norbert Hofer kommt die Öffnung des Handels zu spät, da er einen Kundenansturm auf die Geschäfte erwartet.

Hofer kritisierte, dass Gastronomie und Hotellerie nicht die Chance bekämen, unter klaren Regeln wieder zu arbeiten. Die Öffnung der Skilifte begrüßte Hofer, da sich Bewegung im Freien positiv auswirke. „Wir unterstützen alle Maßnahmen, die evidenzbasiert umgesetzt werden, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. Nicht nachvollziehbare, ja sogar schädliche Maßnahmen wie die Massentests lehnen wir ab. Wir brauchen diese Kapazitäten dringend in anderen Bereichen“, so Hofer.

NEOS kritisiert Ausgangsbeschränkungen

Auch NEOS übte an den Maßnahmen der Bundesregierung teils scharfe Kritik. Zwar hob Vizeklubobmann Nikolaus Scherak am Mittwoch die Öffnung der Pflichtschulen positiv hervor, kritisierte aber fehlende Planbarkeit für jene Unternehmer, die noch nicht öffnen dürfen.

Klar abgelehnt werden von NEOS die ab Montag in der Nacht geltenden Ausgangsbeschränkungen. „Ich halte das immer noch für unverhältnismäßig“, so der Abgeordnete. Und „gar nicht nachvollziehbar“ seien die geplanten strengen Einreisebeschränkungen rund um die Weihnachtsferien. „Das bedeutet nichts anderes als ein Reiseverbot für knapp eine halbe Million Auslandsösterreicher.“

Scherak verwies auf Lösungen anderer Staaten, etwa in Deutschland: Dort bestehe eine Ausnahmeregelung für den Besuch von engen Verwandten, „das wäre jedenfalls notwendig“. Zudem würden zahlreiche Nachbarstaaten deutlich geringere Infektionszahlen als Österreich aufweisen, auch aus diesem Grund sei das Vorhaben „nicht nachvollziehbar“.

Großer Teil der Kultur bleibt im Lockdown

Je nach eigener Betroffenheit reichten die Reaktionen im Kulturbereich von „wahnsinnig glücklich“ (die Direktorin des Kunsthistorischen Museums Sabine Haag) über enttäuscht, aber verständnisvoll („vorhersehbar“, aber mit dem Zusatz: „die Regierung muss das jetzt in den Griff bekommen“, Burgtheater-Direktor Martin Kusej) bis hin zu deutlich kritischeren Tönen von Gerhard Ruiss von der IG Autorinnen Autoren: Eine Öffnung der Kunst- und Kulturbetriebe sei wohl kein größeres Gesundheitsrisiko als die Öffnung des Handels für das Weihnachtsgeschäft.

Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer bemühte sich, das halb volle Glas zu sehen: Sie freue sich sehr, „dass die Öffnung der Museen, Bibliotheken, Büchereien und Archive wieder unter bestimmten Sicherheitsvorkehrungen möglich ist“.

Wirtschaft zufrieden

Die Wirtschaft reagierte naturgemäß nicht begeistert, aber grundsätzlich zufrieden. Für die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) ist bei der Verlängerung des Lockdowns für Gastronomie und Hotellerie besonders wichtig, dass der Umsatzersatz verlängert wird, auch wenn dieser von 80 auf 50 Prozent gekürzt wird. Es handle sich dabei um ein „Signal der Ermutigung“.

„Wer kann, soll ermutigt werden, den Betrieb aufrechtzuerhalten“, so WKÖ-Präsident Harald Mahrer in einer Aussendung. „Und alle, die schließen müssen, sollen Kräfte sammeln, um so rasch wie möglich wieder durchstarten zu können.“ Es gehe um die „Balance“ zwischen „so vielen Einschränkungen wie notwendig, aber so viel unternehmerischer Freiheit wie möglich“. Wichtig sei nun, dass die unterschiedlichen Coronavirus-Hilfen „nahtlos ineinandergreifen“.

Industrie: „Mehr Planbarkeit“

Die Industriellenvereinigung (IV) sieht im schrittweisen Hochfahren von Wirtschaft, Gesellschaft und Schulen einen „Schritt in Richtung Planungssicherheit“. IV-Präsident Georg Knill betonte ausdrücklich, dass die Industrie alle Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie mittrage.

Als richtige Prioritätensetzung im Zuge der nunmehrigen Öffnung sieht der IV-Präsident, dass die Pflichtschulen und Kindergärten wieder mit Präsenzbetrieb unter besonderen Voraussetzungen starten: „Uns war wichtig, dass nach der aktuellen Lockdown-Phase bei der schrittweisen Öffnung der Fokus auf Grundbildung sowie Übergangs- und Abschlussklassen gelegt wird.“