Vorbereitete Corona-Teststation In einem Turnsaal
APA/EXPA/Erich Spiess
Massentests

Kritik und fast 100.000 Anmeldungen

Seit gut 32 Stunden ist die Onlineregistrierung für die Massentests in Österreich möglich. Bisher gab es fast 100.000 Anmeldungen, teilte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) am Donnerstag bei einem Pressetermin mit. „Das ist das Zeichen und das Signal, dass die Bevölkerung gut mitmacht, und dafür bedanke ich mich recht herzlich.“ Die anfänglichen Probleme bei der Anmeldung sorgten indes weiter für Kritik.

Eine Anmeldung für die Teilnahme bei dem Massentest ist über die Onlineplattform Oesterreich-testet.at möglich. Am Mittwoch musste die Plattform vorübergehend wegen einer Datenleckgefahr vom Netz genommen werden. Die Probleme wurden behoben und die Plattform ging wieder online.

Anschober ist mit dem bisherigen Zulauf jedenfalls zufrieden. Aufgrund der bereits erfolgten 100.000 Anmeldungen schlussfolgerte er: „Das heißt, der Zulauf, das Interesse der Bevölkerung ist sehr, sehr groß, obwohl es gestern, Sie wissen es, eine erste Startunterbrechung gegeben hat von rund zwei Stunden.“

Zeitplan in Wien hält, Start am Freitag

In der Wiener Stadthalle begann am Donnerstag indes der Probebetrieb für die am Freitag beginnenden Massentests. Im Rahmen eines Pressetermins wurden vom mit der Durchführung beauftragten Bundesheer die Organisation und die Abläufe präsentiert. Neben Anschober nahmen Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) und der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) teil. Hacker betonte: „Ich bin sehr zufrieden, dass wir den Zeitplan einhalten können.“

Ab Freitag und bis zum 13. Dezember können sich die Wienerinnen und Wiener an drei Standorten testen lassen. Die Testzentren sind neben der Stadthalle in der Messe Wien und der Marx-Halle eingerichtet. Insgesamt werden 286 Testlinien für Schnelltests und 20 für PCR-Tests installiert. Der Betrieb findet täglich von 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr statt. Die Kapazität an den drei Standorten sind insgesamt für bis zu 150.000 Testungen pro Tag ausgelegt – mehr dazu in wien.ORF.at.

In Tirol begannen das Bundesheer und die Freiwilligen Feuerwehren mit der logistisch herausfordernden Verteilung der 600.000 Testkits – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Kurz verteidigt Massentests

Zuvor hatte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Mittwoch in der ZIB2 einmal mehr die Massentests verteidigt. „Die Anmeldung läuft jetzt wieder sehr gut“, sagte der Kanzler hinsichtlich der großen Probleme bei der Anmeldung dann am Abend.

„Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheits- und Verteidigungsministerium haben auf Hochtouren gearbeitet“, so Kurz in der ZIB2, damit alles wieder funktioniere. Dass es Herausforderungen bei der Anmeldung gebe bei einem System, das gerade erst in kürzester Zeit programmiert worden sei, sei „vollkommen klar“. Die Expertinnen und Experten hätten aber rasch wieder alles im Griff gehabt, was ihn auch stolz mache. Er bat darum, „nicht überall das Haar in der Suppe“ zu suchen.

Als Grund nannte Kurz ein „technisches Problem“. Laut der vom Gesundheitsministerium beauftragten A1-Tochter World Direct sei vergessen worden, Testdaten zu löschen. Es habe keine Gefahr eines Datenlecks und auch keinen Hackerangriff gegeben, wurde seitens World Direct gegenüber der APA versichert. Die Plattform sei unter großem Zeitdruck erstellt worden. Dennoch sei sie natürlich auf Sicherheit getestet worden – mit Testdaten. Und im Zeitdruck sei dann offensichtlich vergessen worden, die Testkonfiguration zurückzustellen.

„Stehe zum Projekt“

Auch die Durchführung des Großprojekts der Massentests im ganzen Land verteidigte Kurz in der ZIB2 einmal mehr. Einfacher wäre es, das ganze Land zuzusperren, so der Kanzler, doch er habe sich für die Massentestungen entschieden. „Ich stehe zum Projekt der Massentests“, so der Kanzler.

Kanzler Kurz zu den Lockerungen

Die Regierung hat am Mittwoch Regeln für die Zeit nach dem Lockdown präsentiert. Der Handel sperrt wieder auf, die Unterstufen haben Präsenzunterricht, Hotels und Gastronomie bleiben aber zu. Zu den Lockerungen war Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zu Gast in der ZIB2.

Er rechne rund um den 6. Dezember mit etwa 3.000 Neuinfizierten am Tag und wolle auch durch die Massentests das „Infektionsniveau deutlich nach unten pressen“. Der Kanzler erwartet aber auch, dass um Weihnachten herum das Infektionsgeschehen wieder zunimmt. Deshalb appellierte er: „Je weniger Menschen unter dem Weihnachtsbaum sitzen, desto besser.“

Der Bundeskanzler kündigte anschließend „vielleicht rund um die Heiligen Drei Könige“, also am 6. Jänner, eine zweite Phase der Massentests an. Wie hoch die Zahlen am 7. Jänner sein könnten, damit der Lockdown beendet werden kann, wollte Kurz nicht genau sagen. Vielmehr wolle er, dass die Menschen jetzt die Maßnahmen mittragen und sich testen lassen würden, wenn auch der Test nur eine Momentaufnahme sei. „Bitte mitmachen“, appellierte der Kanzler.

Aufruf von Landeshauptleuten

Als Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz rief der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) am Donnerstag via Aussendung dazu auf, an den freiwilligen Massentests teilzunehmen: „Die anstehenden großflächigen Screenings sind ein wichtiges Instrument, um das Infektionsgeschehen in Österreich als Ganzes zu beurteilen und daraus die richtigen Maßnahmen zu ziehen. Deshalb unser dringender Appell an die Bevölkerung: Lassen Sie sich testen!“ Die Bundesländer seien sich darüber einig, dass die anstehenden Testungen ein wirkungsvolles Werkzeug gegen CoV seien. Man hoffe, damit zukünftige Lockdowns weitgehend verhindern zu können.

Eine erste Bilanz gibt es aus zwei CoV-Schnellteststraßen für Unternehmer und Arbeitnehmer in Niederösterreich. Bei den dort von Arbeiter- und die Wirtschaftskammer im November durchgeführten 3.390 Tests gab es 21 positive Ergebnisse – mehr dazu in noe.ORF.at.

„Standard“: Behobene Cyberattacke am Vormittag

Laut „Standard“ ereignete sich die „Distributed Denial of Service“-Attacke, kurz DDoS, auf die Anmeldewebsite für die Massentests am Vormittag. Bei DDoS-Attacken werden in schneller Abfolge so viele Anfragen an einen Server gestellt, bis dieser unter der Last zusammenbricht. Dieses Problem schien man laut „Standard“ aber rasch in den Griff bekommen zu haben – nur um dann die Website wegen anderer Probleme wieder offline nehmen zu müssen.

Screenshot der Webseite österreich-testet.at zeigt Wartungsarbeiten
Screenshot österreich-testet.at
Der Hinweis auf der Anmeldewebsite, bevor wieder alles funktionierte

APA-Informationen zufolge war es dann nämlich nicht möglich, sich für einen Test in seiner Heimatgemeinde anzumelden. Dafür konnte eine Person eine Teststraße für einen ganzen Tag buchen und damit völlig lahmlegen. Auch E-Mail-Adressen der angemeldeten Personen seien verschwunden, hieß es. Damit wäre die Verständigung nach Vorliegen des Testergebnisses erschwert bis unmöglich. Zudem muss bei einem positiven Testergebnis die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde die Absonderung aussprechen. Wenn nun außerhalb des Heimatbezirks getestet wird, können die Behördenmitarbeiter nicht, wie geplant, das gleich erledigen.

Kärntner bekamen Wiener Daten

Berichte von Problemen mit dem Anmeldesystem kamen unter anderem aus Kärnten. So hätten Kärntner Pädagogen Testtermine und Daten von fremden Personen in Wien bekommen, wie Andreas Schäfermeier, Pressesprecher von Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ), auf dem Kurznachrichtendienst Twitter mitteilte.

„Wenn bis morgen keine Besserung eintritt“, dann werde Kärnten diesen Angaben zufolge auf ein „vorbereitetes analoges Anmeldesystem umstellen“. An dem IT-Anmeldesystem des Bundes nehmen sieben von neun Bundesländern teil. Vorarlberg und Tirol haben eigene Systeme. In Niederösterreich ist das Anmeldungsverfahren noch nicht angelaufen.

Auf Twitter berichteten einige Userinnen und User außerdem, ihnen würden keine Teststationen angezeigt, weder für den Bezirk noch für ihr Bundesland. Andere wiesen auch darauf hin, den Spam-Ordner nach Bestätigungsmails zu durchsuchen, da Gmail offenbar Mails der Website in den Spam-Ordner sortiere.

NEOS „fassungslos“, SPÖ ortete „Lachnummer“

„Fassungslos" reagierte NEOS-Digitalisierungssprecher Douglas Hoyos. „Diese Bundesregierung hantelt sich von einem Datenleck zum nächsten“, urteilte er. Er erwähnte unter anderem das Ergänzungsregister und die Cyberangriffe auf das Außenministerium. „Das neuerliche Datenleck ist nur ein Beispiel für den verantwortungslosen Umgang dieser Regierung mit Datenschutz“, so Hoyos. Die Regierung habe die Cybersicherheit nicht im Griff.

Harte Kritik kam auch von der SPÖ. Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch ortete eine „Lachnummer“. „Nach der gescheiterten Corona-Ampel und dem völlig verkorksten Launch der Plattform ‚Kaufhaus Österreich‘ offenbart die Regierung mit dem Datenleck auf der Anmeldeplattform zu den Massentests den nächsten peinlichen Dilettantismus“, so Deutsch. „Der Kanzler inszeniert sich gerne als Macher und kündigt einfach Maßnahmen an, ohne dafür die notwendigen Vorbereitungen zu treffen.“ SPÖ-Datenschutzsprecher Christian Dobrits sagte: „So etwas darf einfach nicht passieren und ich mache mir mittlerweile ernste Sorgen um die Datensicherheit der ÖsterreicherInnen."

Gesundheitsministerium: Telefonanmeldung Ländersache

Kritik an der an sich um Mitternacht angelaufenen Anmeldung war zuvor auch aus Wien gekommen. Hacker bemängelte, dass keine telefonische Anmeldung möglich ist – mehr dazu in wien.ORF.at . Auch der aktuelle Stand der Anmeldungen bleibt offen. Das Abfragen der Anmeldezahlen sei offenbar noch nicht möglich, hieß es dazu am Nachmittag aus dem Büro von Hacker. Das Gesundheitsministerium verwies in puncto telefonischer Anmeldung wiederum auf die Länder, da das nicht Bundesangelegenheit sei.

FPÖ-Bundesparteiobmann Norbert Hofer kann es laut eigenen Angaben nicht fassen, wie er in einer Aussendung schrieb: „Nach dem veritablen Bauchfleck mit der Onlineplattform ‚Kaufhaus Österreich‘ liefert die Regierung innerhalb von wenigen Stunden die nächste Panne.“ „Die Regierung ist in der digitalen Gegenwart nicht angekommen“, so Hofer weiter. Er fürchte außerdem, dass bereits überlastete Behörden bei der Bescheiderstellung nicht hinterherkommen würden: „Weihnachten wird heuer im Coronavirus-Massentestchaos versinken.“