Auskunftsperson Alfred H.
ORF.at/Peter Pfeiffer
„Ibiza“-U-Ausschuss

Glücksspielbeamter sah keinen Sidlo-Deal

Nach der Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsanwaltschaft (WKStA), Ilse Vrabl-Sanda, hat der „Ibiza“-U-Ausschuss zum Jahresfinale Alfred H., einen leitenden Beamten im Finanzministerium, angehört. Während sich bei der Befragung Vrabl-Sandas Hinweise auf politische Beeinflussung der WKStA aufkamen, wurde H. zu einem möglichen Deal hinter der Bestellung von Peter Sidlo in den Casinos-Vorstand befragt.

H. ist im Finanzministerium unter anderem für den Bereich Glücksspiel zuständig. Die Regierungsprogramme würden seine Tätigkeiten vorgeben, man sei aber im Rahmen der Legistik „proaktiv tätig“, so Auskunftsperson H. Das ÖVP-FPÖ-Programm sei „besonders herausfordernd“ gewesen, einen Auftrag für die Liberalisierung des Glücksspiels habe er aber nie erhalten – das sei auch nicht im Programm gestanden.

Zum Fall Sidlo nahm der Glücksspielbeamte gleich eingangs Stellung – dessen Bestellung steht im Mittelpunkt der Casinos-Affäre. Der ÖVP-FPÖ-Regierung wird ja vorgeworfen, den FPÖ-Bezirksrat durch Postenschacher in den Casinos-Vorstand gehievt zu haben. Der Aufsichtsrat sei für die Bestellung zuständig, führte H. aus. Man habe keine Hinweise auf ungesetzliches Verhalten der Organe erhalten, und es habe daher keinen Grund für die Einleitung eines Verwaltungsverfahrens gegeben.

Auskunftsperson Alfred H.
ORF.at/Peter Pfeiffer
H. (r.) bei der Ankunft zur Befragung vor dem Ausschusslokal

Eine „Auffälligkeit“ bei Sidlo

Auf die Frage, welche Unterlagen die Auskunftsperson zur Bestellung Sidlos erhalten habe, verwies der befragte Finanzministeriumsbeamte auf übliche Praktiken. So sei beispielsweise der Lebenslauf übermittelt worden. Er habe bei Ansicht der Unterlagen keine Auffälligkeiten entdeckt. Doch nannte er aus persönlicher Sicht, wie er betonte, dann doch eine Auffälligkeit: nämlich, dass Sidlo ein Jahr zuvor in das Aufsichtsgremium der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) – in den Generalrat – bestellt wurde.

Kein Verdacht auf Qualifikationsdefizite

SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer wollte von H. wissen, ob er wahrgenommen habe, dass dem Aufsichtsrat nicht alle Berichte des Personalberaters Egon Zehnder vorgelegt wurden bzw. deren Langfassung der Aufsichtsrat nicht wollte. H. sagte, dass es bei der Entscheidung im Aufsichtsrat nur eine Stimmenthaltung gegeben habe (vom Sazka-Vertreter). Das sei für ihn kein Alarmsignal gewesen, äußerte er sich dazu sinngemäß.

Verdachtsmomente auf Qualifikationsdefizite habe es nicht gegeben, das sei seine Rechtsansicht, so H. Er wiederholte auch gegenüber Krainer, dass man keine Auffälligkeiten gefunden habe. Der SPÖ-Mandatar blieb bei der Frage, wieso er das Zehnder-Gutachten nicht von der Casinos Austria AG verlangt habe. Im Gutachten hätten Empfehlungen gefehlt, so H. – der Aufsichtsrat habe entschieden, und der Personalberater habe „keine negativen Aussagen über Herrn Sidlo gemacht“. Alles andere habe sich nach der Bestellung ergeben.

Welche Kenntnisse? – „Hat er selbst Lotto gespielt?“

Krainer zitierte aus dem Gesetz und wollte wissen, worin „die theoretischen und praktischen Kenntnisse“ Sidlos über die Tätigkeiten des Konzessionärs (also der Casinos Austria AG) bestanden hätten. „Hat er selbst Lotto gespielt?“, fragte Krainer. Das Gesetz verlange das entsprechende Wissen „im ausreichenden Ausmaß“, so H., auch die FMA-Tätigkeit (Sidlo war dort im Bereich Wertpapiere tätig), die dortige Ablegung des Fit-&-Proper Tests sowie die OeNB-Tätigkeit sei „mitbetrachtet worden“, so H.

Krainer konnte das nicht verstehen und fragte dazu vehement nach: „Was hat das mit Glücksspiel zu tun?“, fragte er und wollte wissen, ob festgestellt worden sei, dass sich Sidlo im Glücksspielbereich ausgekannt habe. „Für den Job des Finanzvorstands muss man nicht unbedingt wissen, wie Pokerspiele ausgespielt werden“, entgegnete Finanzministeriumsbeamter H.

Auskunftsperson Alfred H.
ORF.at/Peter Pfeiffer
H.s Abteilung will keine Interventionen wahrgenommen haben

Keine politischen Interventionen

Zur Casinos-Bestellung führte er aus, dass eine Untersagung durch das Ministerium als Verwaltungsbehörde nicht möglich gewesen wäre, man habe aber vorgehabt, sich an die Staatsanwaltschaft zu wenden. Das sei aber nicht mehr nötig gewesen, weil Sidlo ohnehin beurlaubt worden war (Anfang Dezember 2019 wurde Sidlo ja durch den Aufsichtsrat des Unternehmens von diesem Amt abberufen – im September 2019 stellte Sidlo sein OeNB-Generalratsmandat vorübergehend ruhend).

Politische Interventionen hätten bei ihm nicht stattgefunden, so H. – seinem Wissensstand zufolge auch nicht bei seinen Mitarbeitern. Wenn dem so wäre, hätte er das erfahren. Gefragt nach dem „Deal Sidlo gegen Glücksspiellizenzen“ – der Abtausch wird ja seitens der Opposition vermutet – konnte er nichts sagen. Generell verteidigte er die Arbeit seiner Abteilung – man habe nichts falsch gemacht.

„Zuarbeiter“

Das Thema Glücksspiel habe eine immer größere Rolle gespielt und sei entsprechend auch im Regierungsprogramm vorgekommen, gab H. auf ÖVP-Fragen an – entsprechend habe man die Regierung bedienen müssen. Mehrfach betonte er, sich und seine Abteilung als „Zuarbeiter“ zu sehen. Für ihn sei die Materie sehr interessant, weil sie auch verfassungsrechtliche Komponenten beinhalte.

Wieso kam die Zurückziehung der Glücksspielnovelle?

NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper wollte wissen, wieso ein Mitarbeiter H.s von den Casinos Austria AG erfahren habe, dass die Novelle zum IP-Blocking zurückgezogen wurde. Darin war es um die Möglichkeit von Netzsperren gegen die Anbieter illegaler Onlineglücksspiele gegangen.

Er, H., habe daraufhin bei seinem Sektionschef nachgefragt, was es mit dieser behaupteten Rückziehung auf sich habe. Zur erhaltenen Antwort konnte H. nichts Konkretes äußern. Darüber hinaus gab H. an, keine Wahrnehmungen zu Kontaktaufnahmen von Novomatic zu fachlichen Vertretungen im Finanzministerium zu haben.

Politische Abstimmungen „nicht auf unserer Flughöhe“

Zu den politischen Abstimmungen hinsichtlich der Novelle konnte der Beamte nichts sagen, das finde „nicht auf unserer Flughöhe“ statt, wie er angab. Auch zu Ex-Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs (FPÖ) und zum damaligen Generalsekretär im Finanzministerium, Thomas Schmid, habe er in Sachen Glücksspielthemen keinen Kontakt gehabt.