Karl-Heinz Grasser
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Untreue

Acht Jahre Haft für Grasser

Im BUWOG-Prozess ist am Freitag der ehemalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/parteilos) zu einer Haftstrafe von acht Jahren verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Grasser durch Untreue rund um Millionenzahlungen bei der Privatisierung der BUWOG und des Linzer Bürohauses Terminal Tower der Republik Schaden verursacht hatte. Schuldsprüche gab es auch für weitere Mitangeklagte. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.

Grasser habe seine politische Funktion missbraucht, gegen Vermögensinteressen verstoßen und seine auferlegten Verpflichtungen nicht erfüllt, sagte Richterin Marion Hohenecker bei der Urteilsverkündung im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts. Der Schöffensenat unter Vorsitz von Hohenecker verurteilte Grasser wegen Untreue und Geschenkannahme durch Beamte sowie Beweismittelfälschung. Grassers Anwalt Manfred Ainedter kündigte bereits Berufung gegen das Urteil an.

Laut Ausführungen von Hohenecker wären für den Vorwurf der Untreue bis zu 15 Jahre Haft möglich gewesen. Als erschwerend seien die Schwere des Vergehens, die Höhe der Schadenssumme und der lange Tatzeitraum zu rechnen gewesen. Mildernd habe sich hingegen ausgewirkt, dass die Tat schon lange her sei, ebenso Grassers bisheriger Lebenswandel und dass er sich danach nichts mehr zuschulden kommen lassen habe.

Karl-Heinz Grasser und Walter Meischberger
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Als schuldig sah das Gericht auch Ex-FPÖ-Generalsekretär Meischberger an

Als schuldig sah das Gericht auch Ex-FPÖ-Generalsekretär Walter Meischberger und Lobbyist Peter Hochegger an. Meischberger agierte laut Gericht als Mittelsmann zu Grasser. Bei ihm kommt noch der Vorwurf der Bestechung hinzu. Er wurde zu sieben Jahren Haft verurteilt. Der ehemalige Politiker verließ den Saal, noch während die Richterin das Urteil verlas. Meischbergers Anwalt sagte gegenüber dem „Standard“, dass sein Mandant den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof anrufen wolle.

ORF-Reporter Johannes Schwitzer-Fürnsinn zum Urteil

Wie überraschend ist dieses Urteil? Wie hat Karl-Heinz Grasser reagiert? Johannes Schwitzer Fürnsinn berichtet vom Prozess am Wiener Straflandesgericht.

Hocheggers Geständnis nicht strafmildernd

Auch Hochegger leistete laut Urteil Beihilfe zur Untreue. Ihm attestierte das Gericht daneben noch Unterschlagung und falsche Beweisaussage. Sein Urteil lautet sechs Jahre haft. Der Lobbyist hatte zu Beginn des Prozesses überraschend ein Teilgeständnis abgelegt und damit seine Mitangeklagten belastet. Das Gericht sah das Teilgeständnis allerdings nicht als strafmindernd an. Er habe keinen Beitrag zu Wahrheitsfindung geleistet, das sei die Taktik Hocheggers gewesen.

Peter Hochegger
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Lobbyist Hochegger legte zu Prozessbeginn ein Geständnis ab – wurde aber zu sechs Jahren Haft verurteilt

Haftstrafen sprach das Gericht auch gegen Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics (zwei Jahre teilbedingt) und Ex-RLB-OÖ-Bankvorstand Georg Starzer (drei Jahre teilbedingt) aus. Der Anwalt Gerald Toifl wurde zu zwei Jahren teilbedingter Haft und der Schweizer Vermögensverwalter Norbert Wicki zu 20 Monaten bedingter Haft verurteilt. Grasser, Meischberger, Petrikovics und Starzer müssen der Republik überdies Schadenersatz leisten. Von Hochegger müsste sich die Republik einen Schadenersatz hingegen auf dem zivilrechtlichen Weg holen. Bis die Urteile rechtskräftig sind, gilt für alle Angeklagten weiter die Unschuldsvermutung.

Erklärungen der Angeklagten überzeugten Gericht nicht

In seinem Urteil folgte das Gericht über weite Strecken der Anklage. 9,6 Millionen Euro, ein Prozent der Kaufsumme, zahlten die siegreichen Bieter Immofinanz/RLB OÖ 2004 bei der Privatisierung der Bundeswohnungen (BUWOG und andere Wohnbaugesellschaften) an Meischberger und Hochegger. Der Zuschlag für 961 Mio. Euro lag nur eine Mio. Euro über dem der CA Immo.

Bei der Einmietung der Finanzbehörden in das Linzer Bürohaus Terminal Tower flossen laut Anklage 200.000 Euro als Provision. Beides soll laut Anklage Schmiergeld für Grasser und seine Partner gewesen sein, die im Gegenzug wichtige Informationen an die siegreichen Bieter weitergegeben haben sollen.

Die zahlreichen Erklärungen der Angeklagten zu Geldflüssen hätten den Schöffensenat nicht überzeugt, wie Richterin Hohenecker in ihrer Begründung detailliert ausführte. Der Schöffensenat sah es als erwiesen an, dass nur Grasser als Informant Meischbergers für das Angebot der unterlegenen CA Immo infrage kam.

„Verdeckte Provisionsvereinbarung“

Es sei belegt, dass Grasser die Höhe der Finanzierungszusage für die CA Immo kannte, so die Richterin. Die Angaben von Meischberger, er habe die Information vom mittlerweile verstorbenen Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider bekommen, sei eine reine Schutzbehauptung, die nur deswegen gewählt worden sei, weil Haider nicht mehr befragt werden könne.

„Es handelt sich um eine verdeckte Provisionsvereinbarung vom Machthaber Grasser zulasten des Machtgebers Republik Österreich, wodurch diese geschädigt wurde“, so die Richterin zur BUWOG-Provision von 9,6 Mio. Euro. Diese wurde über Umwege auf drei Konten in Liechtenstein transferiert. „Wer redlich wirtschaftet, benötigt keine Konten in Liechtenstein“, sagte die Richterin. Sie merkte weiters an, dass der von der Staatsanwaltschaft vorgeworfene Tatplan zur illegalen Bereicherung auf Kosten der Republik durch drei Zeugenaussagen belegt sei. Es sei eine „Infrastruktur zur Verschleierung“ geschaffen worden.

Schwiegermuttergeld als „Beweisfälschung“

Eine Rolle spielten laut Anklage auch 500.000 Euro, die Grasser als damaliger Finanzminister in bar in die Meinl Bank brachte und dort einzahlte. Grasser gab an, das Geld in der Schweiz bar von seiner Schwiegermutter erhalten und nach Österreich gebracht zu haben.

Gerichtssaal
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Nach fast drei Jahren kam der Prozess gegen Grasser und weitere 14 Mitangeklagte zu einem – vorläufigen – Ende

Später floss das Geld auf jenes Konto in Liechtenstein, auf das auch ein Teil der BUWOG-Provision floss – was für die Anklage zeigte, dass Grasser an der BUWOG-Provision mitverdiente. Grasser wies das zurück, er habe weder mitverdient noch von der Beratungstätigkeit von Hochegger und Meischberger für die BUWOG-Bieter gewusst. Das Gericht sah die Darstellung Grassers offensichtlich als nicht plausibel an. In ihrem Urteil sprach die Richterin nun von „Beweisfälschung“.

Schuldspruch für Ex-Telekom-Vorstand Fischer

Neben der Causa BUWOG-Verkauf und Terminal Tower wurde auch die Anklage zur Causa Telekom-Austria-Parteienfinanzierung in den Prozess aufgenommen. Auch hier gab es einen Schuldspruch für Ex-Telekom-Vorstand Rudolf Fischer. Teil des Prozesses war auch ein Betrugsvorwurf rund um Meischbergers Villa in den Prozess aufgenommen. Hier gab es einen Freispruch für den ehemaligen FPÖ-Politiker. Freigesprochen wurden auch fünf Angeklagte in der Causa um den Linzer Terminal Tower.

Seit 12. Dezember 2017 ging der Korruptionsprozess gegen den mittlerweile 51-jährigen Ex-Politiker und insgesamt 14 weitere Angeklagte (einer verstarb mittlerweile). Wegen der Pandemie musste das Verfahren heuer im Frühling ausgesetzt werden, zudem wurde die Urteilsverkündung verschoben.

Grassers Anwalt sieht „glattes Fehlurteil“

Noch während der Urteilsbegründung schrieb Grassers Anwalt Ainedter in einer Aussendung, der Urteilsspruch sei ein „glattes Fehlurteil, alle Rechtsmittel werden erhoben“. Das Urteil werde „selbstverständlich mit Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an den OGH bekämpft“.

Aus Sicht Ainedters hat der Schöffensenat „dem enormen Verurteilungsdruck der in der Zweiten Republik einmaligen medialen Vorverurteilung durch Zigtausende negative Medienberichte nicht standgehalten und Karl-Heinz Grasser zu Unrecht verurteilt“. Ainedter will nun auch den am Beginn des Verfahrens geäußerten Verdacht auf Befangenheit von Richterin Hohenecker vor den Verfassungsgerichtshof (VfGH) bringen.